Sternentstehung: ALMA-Messungen: Massereiche Sterne sind Planetenkiller
Mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile konnte ein Forscherteam um Rita K. Mann vom National Research Council Canada zeigen, dass massereiche Sterne mit ihrer energiereichen ultravioletten Strahlung die Gas- und Staubscheiben um eng benachbarte massearme Sterne so rasch zerstören, bevor in den Scheiben Planeten entstehen können. Tatsächlich wird eine Staubscheibe mit der Masse aller Planeten unseres Sonnensystems in einer Entfernung von weniger als einem Zehntel Lichtjahr zu einem massereichen Stern in weniger als einer Million Jahren zerstört. In so kurzer Zeit können sich aber keine Planeten in der Scheibe bilden.
Für ihre Untersuchungen wählte das Forscherteam um Rita Mann das unmittelbare Umfeld um den Stern Theta 1 Orionis C, dem hellsten der vier so genannten Trapezsterne im Zentrum des berühmten Orionnebel M 42. Dieser ist mit einer Entfernung von rund 1350 Lichtjahren die uns am nächsten liegende Sternentstehungsregion. Die Trapezsterne stehen eng beieinander in Form eines Trapezes und sind massereiche Sterne der Spektraltypen O und B. Sie sind so heiß, dass sie überwiegend im blauen sichtbaren Licht und im Ultravioletten leuchten. Schon mit einem Feldstecher lassen sie sich leicht erkennen.
Vor rund 20 Jahren lichtete das Weltraumteleskop Hubble den Innenbereich des Orionnebels im sichtbaren Licht ab, wobei die Astronomen auf einige Dutzend massearmer Sterne in der Nachbarschaft der Trapezsterne stießen, die so jung waren, dass sie noch von einer dichten Scheibe aus Gas und Staub umgeben sind. Sie zeichnen sich als dunkle Silhouetten vor dem hellen Nebelhintergrund ab. Manche von diesen protoplanetaren Scheiben, kurz als Proplyden bezeichnet, wirkten wie riesige Kometen, deren Schweife von den massereichen Trapezsternen weg weisen. Ihre energiereiche Strahlung wirkt also auf die Proplyden ein und verformt diese.
Bislang war es jedoch nicht möglich gewesen, anhand der optischen Bilder des Weltraumteleskops Hubble die Massen der verschiedenen Staubscheiben zu bestimmen und sie in Beziehung zum Abstand der grellen O-Sterne zu setzen. Rita Mann und ihre Koautoren nutzten nun ALMA, um 48 massearme Sterne in Abständen von bis zu einem Lichtjahr zu Theta 1 Orionis C bei einer Wellenlänge von 856 Mikrometern zu beobachten. Sie stellten fest, dass innerhalb einer Entfernung von einem zehntel Lichtjahr nur sehr massearme Scheiben zu finden waren, die weniger als eine halbe Jupitermasse (rund 150 Erdmassen) enthielten. Dieser Nahbereich wird von der energiereichen Strahlung dominiert, die der O-Stern im extremen Ultraviolett (UV) abgibt. Die UV-Photonen ionisieren die Atome in den Staubpartikeln der Staubscheiben und sorgen somit dafür, dass diese innerhalb von rund einer Million Jahren praktisch völlig verdampfen und die massearmen Sterne ohne Planeten zurücklassen. Jenseits einer Entfernung von einem Zehntel Lichtjahr zu Theta 1 Orionis C dominiert die weniger energiereiche ferne Ultraviolettstrahlung. Hier stießen die Forscher auf stellare Staubscheiben, die bis zu 80 Jupitermassen an Staub enthielten. Diese Sterne haben gute Aussichten, einmal von Planeten umgeben zu sein.
Die Forscher um Rita Mann planen in naher Zukunft, ihre Untersuchungen mit ALMA weiter zu vertiefen. Dabei möchten sie alle Sterne im Umfeld von fünf Lichtjahren um Theta 1 Orionis C erfassen, in dieser Raumregion wurden mit dem Weltraumteleskop Hubble schon etwa 160 Proplyden aufgespürt. Die Forscher vermuten, dass dieses Volumen aber bis zu 300 Sterne mit Staubscheiben enthält.
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