Direkt zum Inhalt

Plattentektonik: Als die Erde ihr Recycling begann

Lavasee

Unsere Erde ist ein wirklich nachhaltig wirtschaftender Planet: Jegliches Gesteinsmaterial, das in den Tiefen des Erdmantels verschwindet, wird dort wieder aufbereitet und gelangt früher oder später erneut als frisches Krustenmaterial an die Erdoberfläche. Wann diese Wiederverwertung durch die Plattentektonik einsetzte, ließ sich bislang nur schwer datieren. Doch Bruno Dhuime von der University of St Andrews und seine Kollegen gehen nach neuen Isotopenanalysen davon aus, dass dieser Prozess vor rund drei Milliarden Jahren einsetzte.

In den 1,5 Milliarden Jahren zuvor entstand dagegen nur jungfräuliches kontinentales Gesteinsmaterial, das mit einer Rate von etwa drei Kubikkilometern pro Jahr aus dem Erdinneren nach oben drang und das erste Festland der Erdgeschichte aufbaute: Etwa zwei Drittel des heute vorhandenen kontinentalen Krustenmaterials stammt aus dieser Zeit. Nach der Zeitenwende verlangsamte sich hingegen der Zuwachs an neuem magmatischem Gesteinsmaterial deutlich auf nur noch 0,8 Kubikkilometer pro Jahr. Stattdessen begann die Erde altes Krustenmaterial wieder zu recyclen. Zu dieser Zeit muss also die Bewegung der Erdplatten begonnen haben: Die ozeanischen und kontinentalen Platten hatten sich nun so weit verfestigt, dass sie nicht mehr nur miteinander verschmolzen oder sich plastisch verformten. Stattdessen setzte Subduktion ein, in deren Verlauf die schwereren ozeanischen Gesteinsplatten unter die leichteren Kontinente abtauchten, im Mantel wieder aufgeschmolzen wurden und teilweise als Magma wieder an die Erdoberfläche zurückkehrten.

Herausgefunden haben die Forscher dies mit Hilfe unterschiedlicher Isotopenverhältnisse in Zirkonen aus mehreren Erdepochen, die Dhuimes Team aus Sedimenten in Australien, Eurasien und Amerika zusammengetragen hatte: Zirkone sind sehr widerständige Minerale. Besonderes Augenmerk richteten sie dabei auf unterschiedliche Konzentrationen von Sauerstoff-16 und -18: In völlig neu geformtem Krustengestein weichen die jeweiligen Verhältnisse kaum voneinander ab. Das Material gleicht damit dem Erdmantel, aus dem es schließlich auch stammt. Im wiederaufbereiteten Material unterscheiden sich die jeweiligen Anteile dagegen deutlich stärker, da seine Bestandteile bereits der Verwitterung ausgesetzt waren oder durch biologische Einflüsse verändert wurden. Hafniumisotope wiederum vermittelten den Wissenschaftlern das Alter der jeweiligen Zirkone. Ausgehend von diesen Werten rechneten Dhuime und Co schließlich hoch, wann wie viel kontinentale Kruste entstanden sein muss.

Nun wollen die Forscher herausfinden, welche tektonischen Kräfte die Erdkruste vor der eigentlichen Plattentektonik beeinflussten und ob damals Krustenbewegungen stattfanden. Allerdings existiert kaum Gestein auf der Erde, das älter als drei Milliarden Jahre ist und aus dem Archaikum und Hadaikum – der Erdfrühzeit – stammt. Mit ihrer These stehen Dhuime und Co allerdings in Konkurrenz zu anderen Forschern wie Michelle Hopkins und ihren Kollegen von der University of California in Los Angeles, denn diese gehen davon aus, dass bereits hunderte Millionen Jahre früher Subduktion stattfand und sich Erdplatten bewegten. Unabhängig davon ist eines allerdings klar: Die Kontinente waren damals Zwerge verglichen mit heute.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.