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News: Als die Röntgenbilder laufen lernten

Es ist nichts neues, die Positionen von Atomen in einem Kristallgitter mit Hilfe von Röntgenstrahlen zu bestimmen. Doch was sind einzelne Bilder im Vergleich mit einem Film? Ein solcher könnte Schwingungen in einem Kristallgitter oder sogar den Ablauf von chemischen Reaktionen wiedergeben. Die Akteure wären Atome und Moleküle, der Schauplatz das Reagenzglas. Dem Traum von einem Film im atomaren Bereich ist eine Forschergruppe etwas näher gekommen: Sie beobachteten mit einer der schnellsten Röntgenkameras der Welt Bewegungen von Atomen im Bereich von Picosekunden. Die Atomschwingungen hatten sie durch Laserpulse ausgelöst, und bei ihren Messungen stellten sie fest, daß die Atome ganz anders auf den Stoß reagierten, als die Forscher vermutet hatten.
Mit Hilfe ultraschneller Lasertechnik ist es zwar möglich, Elektronen zu beobachten, die Atomkerne bleiben den Forschern dabei aber immer noch verborgen. Um diese sichtbar zu machen, ist Licht im sichtbaren Wellenlängenbereich nicht ausreichend, dazu sind Röntgenstrahlen notwendig. Will man allerdings nicht nur diskrete Bilder, sondern einen Röntgen-Film erhalten, benötigt man eine Kamera, die schnell genug ist, um die Atombewegungen zu erfassen. Einen solchen Detektor haben Roger Falcone von der University of California in Berkeley und seine Kollegen entwickelt. Nach Aussagen von Aaron Lindenberg, einer von Falcones Mitarbeitern, gehört er mit einer zeitlichen Auflösung von drei Picosekunden zu den schnellsten Kameras der Welt.

Die Forscher wollten einen Indiumantimonid-Kristall (InSb) mit gepulstem Infrarotlicht in Schwingung versetzen und beobachten, wie das Röntgenbeugungsmuster verschwindet, wenn die Atome von ihren festgelegten Positionen im Kristallgitter gezwungen werden. Nach der Anregung mit Laserpulsen von 150 Femtosekunden Dauer passierte jedoch etwas ganz anderes. "Statt dessen sahen wir diese starke Oszillation in der Intensität des Beugungsbildes", erinnert sich Lindenberg. Die Oszillation war ein direktes Signal der Atome, die durch den Laserpuls wie eine klingende Glocke kollektiv schwangen. Um den Kristall zu schmelzen, hatte die Energie des Laserblitzes nicht ausgereicht. Die Oszillation der Intensität war die bislang direkteste Beobachtung derartiger Atombewegungen. Wenn die Wissenschaftler den Winkel des Kristalls zum monochromatischen Röntgenstrahl änderten, konnten sie verschiedene Schwingungszustände mit Perioden von 10 bis 40 Pikosekunden beobachten.

In einem weiteren Experiment erhöhten die Forscher die Laserintensität auf einen Wert, der ausreichte, um den Kristall zu schmelzen. Diesmal verschwand das Beugungssignal, allerdings geschah das nicht gleichförmig. Abhängig vom Winkel dauerte es zwischen 20 und weniger als 3 Pikosekunden, bis das Signal abgeklungen war. Anscheinend führt jeder Schwingungszustand eine letzte gemeinsame Schwingung durch, bevor die Bewegungen ungeordnet verlaufen – ähnlich wie ein Gummiband, das nicht mehr in seinen Ausgangszustand zurückkehrt, wenn es überdehnt ist. Diese Beobachtung war eine Überraschung, weil die üblichen Modelle, die das Verhalten eines Kristalles oberhalb seines Schmelzpunktes beschreiben, von zufälligen Atombewegungen ausgehen. Dabei hätte das Beugungsmuster aber schnell und immer mit der gleichen Geschwindigkeit verschwinden müssen.

Andrea Cavalleri von der University of California in San Diego hält die Experimente für die überzeugende Demonstration einer wichtigen Technik, weil damit Schwingungsfrequenzen von mehr als 100 Gigahertz erreicht würden. Das sei mehr als bei jeder anderen Technik. Und gerade diese hochfrequenten Schwingungen seien am besten dazu geeignet, solche atomaren Strukturen zu untersuchen, weil sie die kürzesten Wellenlängen haben, so Cavalleri.

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