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Alte chinesische Kultur: Gender-Nahrung im alten China

Im China vor dem ersten Kaiserreich sind Jungen und Mädchen von ihren Eltern mit Bedacht unterschiedlich ernährt worden. Unklar ist, warum.
Terrakotta-Armee im Grab des ersten Kaisers von China

Vor rund 2500 Jahren hielten sich im Bereich des heutigen Zentralchina die letzten Angehörigen der Zhou-Kultur, bevor diese im 3. Jahrhundert vor der Zeitenwende schließlich verschwand und das erste Kaiserreich entstand. Die Gesellschaft der untergegangenen »östlichen Zhou« war offenbar einem eigenständigen, bisher wenig untersuchten soziokulturellen Regelwerk einer Umbruchzeit gefolgt, berichtet ein Team von Archäologen um Melanie Miller von der University of Otago in Neuseeland nach Isotopenuntersuchungen von 23 Skeletten aus den Fundstellen von Xiyasi und Changxinyuan aus der Zeit der späten Zhou. Daran zeigte sich, dass Jungen und Mädchen unterschiedlich lange gestillt wurden – und dann vor allem auch im Kindesalter unterschiedlich ernährt wurden.

Die Ergebnisse der Zähne belegen, dass Kinder im Alter von zweieinhalb bis vier Jahren abgestillt wurden. Auffällig sei allerdings, dass Mädchen offenbar generell etwas früher keine Muttermilch mehr bekamen. In ihrer Kindheit aßen Mädchen dann typischerweise weizen- und sojareiche Speisen, während Jungen mehr Hirse zu sich nahmen, vor allem im späteren Lebensalter. Hirse in der Nahrung hinterlässt als Pflanze mit einem C4-Stoffwechsel ein anderes Isotopenprofil in den Zähnen. Wahrscheinlich deute die geschlechtsspezifisch unterschiedliche Ernährung auf eine soziale Ungleichheit in der Kultur hin, die man auch aus den Vorläufern in der chinesischen Bronzezeit kennt, vermutet Miller in der Publikation der Forschungsergebnisse im »American Journal of Physical Anthropology«.

Die Studie ist eine der wenigen, die geschlechtsspezifische Ernährung schon im Kindesalter untersucht hat. Tatsächlich hatten die Wissenschaftler das Ergebnis bereits vermutet, nachdem ähnliche Isotopenuntersuchungen von Knochenkollagen aus den Skeletten von erwachsenen Menschen deutliche Unterschiede bei der Ernährung von Frauen und Männern nahegelegt haben. Die Zhou gelten als eine Kultur, in der im alten China große soziokulturelle Umbrüche stattgefunden haben. Eine davon scheint die zunehmende Ungleichbehandlung der Geschlechter gewesen zu sein, die Archäologen schon bei den frühen Zhou erkennen und als Gegenreaktion zu den soziokulturell noch anders funktionierenden Vorgängern der Shang interpretieren. Bei den späten Zhou betraf sie dann offenbar bereits Kinder im Stillalter. Die gesellschaftlichen Veränderungen der späten Bronzezeit haben dann schließlich Spuren bis in die Han-Kultur hinterlassen, die die Jahrhunderte nach dem kurzlebigen ersten Kaiserreich prägten.

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