Anthropologie: Alte Drachenknochen
In den 1920er Jahren wurden die Funde aus der chinesischen Drachenknochenhöhle als "Pekingmensch" weltberühmt. Jetzt zeigt sich, dass hier die Höhlenbewohner, die heute als Homo erectus firmieren, viel länger hausten als bislang gedacht - und sich damit als äußerst widerstandsfähig erwiesen.
Der Zhoukoudian, der "Hügel der Drachenknochen", galt schon lange als Geheimtipp für chinesische Mediziner, die sich hier mit fossilen Knochen und Zähnen für ihre traditionelle Heilkunst eindeckten. Zu Beginn der 1920er Jahre interessierten sich dann auch westliche Paläontologen für den 40 Kilometer südlich von Peking gelegenen Höhlenkomplex.
Doch es ereilte ihn ein trauriges Schicksal. Die Funde – inzwischen waren sechs Schädelfragmente, mehrere Unterkiefer und zahlreiche Zähne aufgetaucht, die zu mindestens 40 Individuen gehörten – sollten 1941 in die USA verschifft werden. In den Wirren der japanischen Invasion in China erreichten sie allerdings niemals ihr Ziel und blieben spurlos verschollen. Nur dank der Abdrücke, die der deutsche Grabungsleiter Franz Weidenreich (1873-1948) hatte anfertigen lassen, blieb der Nachwelt etwas von den ersten Funden erhalten. Erst in den 1950er und 1960er Jahren gab der Drachenknochenberg weitere Belege des Pekingmenschen frei.
Wie dem auch sein – wann lebten nun die Bewohner der Drachenknochenhöhle? Die Datierung der Funde – die ja größtenteils verloren sind – erweist sich als knifflig. Bislang stützten sich die Forscher meist auf paläomagnetische Analysen der Fundschichten. Hierbei machen sich die Wissenschaftler zu Nutze, dass sich das Magnetfeld der Erde in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen umkehrt. Da sich eine letzte Umkehr vor etwa 780 000 Jahren ereignete, die Schichten aber die gleiche magnetische Orientierung wie heutige Ablagerungen zeigen, sollten die Funde jünger sein. Die Altersschätzungen liegen zwischen 220 000 und 600 000 Jahren.
Mit einer neuen Methode versuchte es jetzt das Team um Guanjun Shen von der Universität Nanking und Darryl Granger von der amerikanischen Purdue University in West Lafayette: Durch den ständigen Beschuss kosmischer Strahlung entstehen in offen liegenden Quarzkristallen die radioaktiven Isotope Aluminium-26 und Beryllium-10. Gelangen nun die Kristalle in tiefere Sedimentschichten, sind sie der Strahlung nicht mehr ausgesetzt, die Isotope zerfallen. Dies geschieht beim 26Al schneller als beim 10Be – das Verhältnis 26Al/10Be nimmt mit einer scheinbaren Halbwertszeit von 1,5 Millionen Jahren ab. Mit dieser "Atomuhr" lassen sich Schichten von einem Alter bis zu fünf Millionen Jahren datieren.
Das Ergebnis der Datierung überrascht: Mit 770 000 Jahren scheint Homo erectus pekinensis satte 200 000 Jahre älter zu sein als bislang vermutet. Die Höhlenbewohner dürften sich damit deutlich früher hier niedergelassen haben – und waren damit unterschiedlichen Klimaten ausgesetzt. Denn zu dieser Zeit wechselten Eis- und Zwischeneiszeiten ab; der Pekingmensch muss sich sowohl in gemäßigten Wäldern als auch in trockenkalten Grasländern wohl gefühlt haben.
Damit erweist sich Homo erectus, der von Afrika kommend fast die ganze Welt eroberte, als erstaunlich anpassungsfähig. Vermutlich gelangte er auf zwei verschiedenen Wegen nach Asien: Eine Küstenroute könnte ihn über die Arabische Halbinsel, südlich am Himalaja vorbei bis nach Java geführt haben, wo er vor mindestens einer Million Jahren ankam. Die zweite Auswanderergruppe wählte wohl eine Strecke durch die zentralasiatischen Steppen bis nach China.
Wie lange der Pekingmensch hier lebte, bleibt unklar. Irgendwann verschwand er – bis schließlich sein Nachfolger Homo sapiens, ebenfalls aus Afrika kommend, dessen sterbliche Überreste aus dem Hügel der Drachenknochen barg.
Unter der Leitung von Otto Zdansky (1894-1988) tauchten hier erste menschliche Zähne auf, die der österreichische Paläoanthropologe zunächst noch vorsichtig der Gattung Homo zuordnete. Sein kanadischer Kollege und Nachfolger Davidson Black (1884-1934) fackelte allerdings nicht lange und bezeichnete 1927 die spärlichen Funde gleich als neue Gattung und Art mit dem Namen Sinanthropus pekinensis. Der "Pekingmensch" betrat die Bühne der Wissenschaft.
Doch es ereilte ihn ein trauriges Schicksal. Die Funde – inzwischen waren sechs Schädelfragmente, mehrere Unterkiefer und zahlreiche Zähne aufgetaucht, die zu mindestens 40 Individuen gehörten – sollten 1941 in die USA verschifft werden. In den Wirren der japanischen Invasion in China erreichten sie allerdings niemals ihr Ziel und blieben spurlos verschollen. Nur dank der Abdrücke, die der deutsche Grabungsleiter Franz Weidenreich (1873-1948) hatte anfertigen lassen, blieb der Nachwelt etwas von den ersten Funden erhalten. Erst in den 1950er und 1960er Jahren gab der Drachenknochenberg weitere Belege des Pekingmenschen frei.
Bereits in den 1930er Jahren war den Forschern die großen Ähnlichkeit des chinesischen Hominiden mit dem "Javamenschen" aufgefallen, den 1891 Eugène Dubois (1858-1940) auf der Insel Java gefunden und auf den Namen Pithecanthropus erectus getauft hatte. Inzwischen hat sich weit gehend durchgesetzt, beide Fossilien der Art Homo erectus zuzuweisen, wobei sich neuerdings auch wieder die Bezeichnungen Homo erectus pekinensis oder gar Homo pekinensis für den Pekingmenschen etablieren.
Wie dem auch sein – wann lebten nun die Bewohner der Drachenknochenhöhle? Die Datierung der Funde – die ja größtenteils verloren sind – erweist sich als knifflig. Bislang stützten sich die Forscher meist auf paläomagnetische Analysen der Fundschichten. Hierbei machen sich die Wissenschaftler zu Nutze, dass sich das Magnetfeld der Erde in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen umkehrt. Da sich eine letzte Umkehr vor etwa 780 000 Jahren ereignete, die Schichten aber die gleiche magnetische Orientierung wie heutige Ablagerungen zeigen, sollten die Funde jünger sein. Die Altersschätzungen liegen zwischen 220 000 und 600 000 Jahren.
Mit einer neuen Methode versuchte es jetzt das Team um Guanjun Shen von der Universität Nanking und Darryl Granger von der amerikanischen Purdue University in West Lafayette: Durch den ständigen Beschuss kosmischer Strahlung entstehen in offen liegenden Quarzkristallen die radioaktiven Isotope Aluminium-26 und Beryllium-10. Gelangen nun die Kristalle in tiefere Sedimentschichten, sind sie der Strahlung nicht mehr ausgesetzt, die Isotope zerfallen. Dies geschieht beim 26Al schneller als beim 10Be – das Verhältnis 26Al/10Be nimmt mit einer scheinbaren Halbwertszeit von 1,5 Millionen Jahren ab. Mit dieser "Atomuhr" lassen sich Schichten von einem Alter bis zu fünf Millionen Jahren datieren.
Das Ergebnis der Datierung überrascht: Mit 770 000 Jahren scheint Homo erectus pekinensis satte 200 000 Jahre älter zu sein als bislang vermutet. Die Höhlenbewohner dürften sich damit deutlich früher hier niedergelassen haben – und waren damit unterschiedlichen Klimaten ausgesetzt. Denn zu dieser Zeit wechselten Eis- und Zwischeneiszeiten ab; der Pekingmensch muss sich sowohl in gemäßigten Wäldern als auch in trockenkalten Grasländern wohl gefühlt haben.
Damit erweist sich Homo erectus, der von Afrika kommend fast die ganze Welt eroberte, als erstaunlich anpassungsfähig. Vermutlich gelangte er auf zwei verschiedenen Wegen nach Asien: Eine Küstenroute könnte ihn über die Arabische Halbinsel, südlich am Himalaja vorbei bis nach Java geführt haben, wo er vor mindestens einer Million Jahren ankam. Die zweite Auswanderergruppe wählte wohl eine Strecke durch die zentralasiatischen Steppen bis nach China.
Wie lange der Pekingmensch hier lebte, bleibt unklar. Irgendwann verschwand er – bis schließlich sein Nachfolger Homo sapiens, ebenfalls aus Afrika kommend, dessen sterbliche Überreste aus dem Hügel der Drachenknochen barg.
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