News: Altertümliche Wirtschaftsverhältnisse
Peter Temin vom Massachusetts Institute of Technology betätigte sich nun als Wirtschaftsprüfer. Er analysierte 3000 babylonische Finanzaufzeichnungen aus dem Zeitraum von 500 bis 100 vor Christus, also der Epoche rund um Alexander den Großen und seiner Nachfolger.
Der Weltherrscher hatte die Stadt 331 vor Christus eingenommen, doch nur acht Jahre später starb er dort wahrscheinlich an Malaria. Nach seinem Tod stritten sich die beiden Feldherren Seleucus und Antigonus der Einäugige heftig um die Nachfolge – und trieben Babylon damit in eine wirtschaftliche Krise. Indem sie mit Alexanders Schätzen Armeen aufstellten und Silber in Umlauf brachten, lösten sie eine starke Inflation aus. Zerstörte Ernten und der erhöhte Lebensmittelbedarf für die Truppen ließ die Preise weiter in die Höhe klettern.
Zwanzig Jahre brauchte das städtische Wirtschaftsleben, bis es sich wieder normalisiert hatte. Einige Zeit blieb es dann relativ stabil; als jedoch 141 vor Christus die Parther im Osten die Grenzen attackierten, schnellten die Preise wieder empor und erholten sich lange nicht mehr.
Und wie heute, war auch damals für Wirtschaftsexperten der Blick in die Zukunft ein schwieriges Geschäft. Denn die momentanen Verhältnisse gaben keinerlei Hinweis auf die weitere Entwicklung, sie glichen einem Random Walk – ein Merkmal heutiger Aktienmärkte, das laut Temin auf einen funktionierenden Markt hinweist. Der Schluss, Babylon sei ein frühes Beispiel für freie Marktwirtschaft, wäre aber falsch, kommentiert Robert van der Spek von der Vrije Universiteit Amsterdam: "Viele Menschen erhielten vom Tempel oder Palast tägliche Rationen. Sie kauften ihre Lebensmittel nicht auf dem Markt."
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