Blut-Hirn-Schranke: Alzheimermedikament findet Durchschlupf
Die Blut-Hirn-Schranke besteht aus einem Gewebe, das die feinen Blutgefäße im Gehirn auskleidet. Nur wenige Moleküle können diese Barriere durchdringen – und das ist auch gut so, denn so wird das Gehirn vor Krankheitserregern und Giftstoffen geschützt. Für Mediziner ist das Abwehrbollwerk jedoch von großem Nachteil, denn ihre Wirkstoffe gegen neurologische Krankheiten scheitern ebenfalls an der Passage. Nun jedoch haben Forscher um Ryan Watts von der US-Firma Genentech in San Francisco ein Verfahren erprobt, das eine Vielzahl von Substanzen ins Gehirn schleusen könnte.
Die Wissenschaftler nutzen dazu die Aktivität des natürlichen Torwächterenzyms Transferrin, das den Verkehr durch die Schranke regelt. Moleküle, die an Transferrin binden, werden von diesem ins Gehirn geschleust. Dieses Transportsystem setzen Watts und Kollegen für ihre Zwecke ein: Sie entwickelten einen doppelköpfigen Antikörper – der eine Kopf ist nur dazu da, sich an das Transferrin zu heften, während der andere als eigentlicher "Gefechtskopf" wirkt. Sollte sich das Verfahren als sicher erweisen, könnten eine ganze Reihe von therapeutischen Antikörpern ins Gehirn geschmuggelt werden.
Anfängliche Probleme mit der Technik – dass nämlich das Transferrin die Wirkstoffe unerwünschterweise auch in Blutzellen schleuste – scheinen inzwischen behoben, berichtet nun "Nature" angesichts des jüngsten Tests.
Erster Test mit Alzheimermedikament
Für diesen hatten die Forscher einen Wirkstoff mit Antialzheimerfunktion verwendet: Er blockiert das Enzym BACE-1, das an der Produktion der typischen Plaques beteiligt ist, und gilt daher als ein viel versprechender Kandidat für ein Alzheimermedikament. Der Versuch an Makaken zeigte, dass der doppelte Antikörper ausschließlich im Gehirn landete und die Konzentration des für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Peptids (gemessen im Blutplasma) auf über die Hälfte absenkte.
Ob sich durch diese Art der Behandlung auch tatsächlich eine Verringerung der Alzheimersymptome zeigt, werden jedoch erst Tests an Menschen zeigen. Bei vergleichbaren Studien werden derzeit große Mengen von Antikörpern verabreicht, in der Hoffnung, dass wenigstens ein Mindestanteil ins Gehirn gelangt. Der Kniff mit dem Transferrin könnte solche Therapieansätze sicherer und effizienter machen, so Watts. Neben seinem gibt es allerdings noch eine Anzahl weiterer Versuche, die Blut-Hirn-Schranke zu durchdringen.
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