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Experiment auf der ISS: Alzheimerprotein lagert sich im All langsamer zusammen

Das Peptid Beta-Amyloid ist vermutlich an der Entstehung der Alzheimerkrankheit beteiligt. Im All verhält es sich anders als auf der Erde, zeigt nun ein Experiment auf der ISS.
Die ISS im Orbit

Das Peptid Beta-Amyloid wird in unserem Körper stetig aus dem Amyloid-Precursor-Protein gebildet. Welche Funktion Beta-Amyloid erfüllt, ist immer noch nicht abschließend geklärt. Bekannt ist jedoch, dass es die Neigung hat, sich zu faserartigen Strukturen, so genannten Fibrillen, zusammenzulagern, die neurotoxisch wirken können, wenn sie nicht mehr in ausreichendem Maß abgebaut werden. Dieser Prozess scheint auch von der Schwerkraft beeinflusst zu werden: Im All, das beobachteten nun Wissenschaftler um Maho Yagi-Utsumi von den japanischen National Institutes of Natural Sciences, bilden sich die Amyloid-Fibrillen offenbar langsamer als auf der Erde.

Für ihr Experiment schickten die Forscher tiefgekühlte Lösungen mit Beta-Amyloid zur Internationalen Raumstation. Auf der ISS angekommen, wurden die Proben aufgetaut und anschließend in einem Inkubator auf 37 Grad Celsius erwärmt, um die Peptide, die zu diesem Zeitpunkt noch einzeln vorlagen, zur Bildung von Fibrillen anzuregen. Nach sechs Stunden, einem, drei oder neun Tagen froren die Astronauten die Proben wieder ein und schickten sie bei der nächsten Gelegenheit zur Auswertung zurück zur Erde. Dort verglichen die Forscher den Zustand der Peptide mit solchen, die ein ähnliches Prozedere auf der Erde durchlaufen hatten. Dabei entdeckten sie, dass die Bildung der Fibrillen in der Mikrogravitation auf der ISS merklich langsamer vorangegangen war als auf der Erde. Außerdem konnten sie feststellen, dass sich auch die Struktur der Amyloid-Fasern voneinander unterschied.

Beta-Amyloid steht in Verdacht, an der Entstehung der Alzheimerkrankheit beteiligt zu sein. Zumindest findet man im Gehirn der Patienten nach deren Tod oft massive Ansammlungen des Peptids. Dass sich die Krankheit womöglich langsamer entwickeln würde, wenn Menschen das All bevölkerten und zumindest vorübergehend in der Schwerelosigkeit lebten, lässt sich aus den Daten der Forscher allerdings nicht ableiten. Dafür ist das Experiment von Yagi-Utsumi und Kollegen viel zu künstlich: Im Köper tragen eine Reihe von Faktoren und Prozesse zur Aggregation von Beta-Amyloid und zur Entstehung von Alzheimer bei, die Wissenschaftler bislang nicht gänzlich verstanden haben. Dennoch könnten Experimente auf der ISS vielleicht helfen, ein besseres Verständnis für die Bildung von Amyloid-Fasern zu bekommen, hoffen die Forscher – und für die Entstehung von Makromolekülen an sich.

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