Beobachtungstipps für Amateurastronomen: Das Highlight der ersten Maihälfte: der Merkurtransit
Im Sonnensystem wurde in den letzten Monaten viel geboten, unter anderem eine totale Mondfinsternis, eine totale Sonnenfinsternis, eine Begegnung von Jupiter und Venus sowie eine Bedeckung der Venus durch den Mond. Auch das nächste Großereignis lässt nicht lange auf sich warten: Am 9. Mai 2016 wird mitten am Tag der Planet Merkur über die Sonnenscheibe ziehen.
Die erste zaghafte Berührung von Sonne und Merkur findet 13:10 Uhr MESZ statt. Wenige Minuten später befindet sich der Planet komplett vor der Sonnenscheibe, bis er um 20:41 Uhr den Rand auf der anderen Seite erreicht und um 20:44 Uhr wieder in der Schwärze des Alls verschwindet. Die meisten Menschen werden davon wahrscheinlich kaum etwas mitbekommen. Merkur ist der innerste Planet unseres Sonnensystems und mit 4878 Kilometer Durchmesser weniger als halb so groß wie Erde oder Venus. Ließ sich die Venus bei ihren Durchgängen in den Jahren 2004 und 2012 als kleiner Fleck auf der Sonne sogar ohne Teleskop durch eine Sofibrille deutlich sehen, so ist es nun erheblich schwieriger, Merkur zu erkennen. Merkur ist von uns fast doppelt so weit entfernt wie Venus. Zusammen mit seiner geringen Größe erreicht er vor der Sonne mit einem scheinbaren Durchmesser von zwölf Bogensekunden nur etwa ein Fünftel desjenigen der Venus.
Leider sind auch die Beobachtungsmöglichkeiten während des Transits begrenzt. So hat Merkur keine dichte Atmosphäre, die sich beobachten ließe. Es könnte jedoch ein Tropfeneffekt sichtbar sein. Diese optische Täuschung entsteht bei suboptimalen Beobachtungsbedingungen. Sobald Merkur vollständig vor die Sonnenscheibe eintritt, scheint es so, als wäre er noch mit dem Sonnenrand verbunden. Dann erinnert er an einen schwarzen Pechtropfen, der sich nur sehr langsam vom Sonnenrand löst.
Die volle Aufmerksamkeit liegt also beim eigentlichen Transit. Ähnlich wie beim Venustransit kann hier durch Parallaxenmessung die Entfernung der Erde zur Sonne bestimmt werden. Das zeigt ein einfacher Selbstversuch: Peilen Sie etwas in der Entfernung mit ihrem Daumen und ausgestrecktem Arm an. So als würden Sie jemandem zeigen: "Alles ist okay." Jetzt schauen Sie auf den Hintergrund und benutzen abwechselnd das linke oder rechte Auge. Sie werden sehen, wie Ihr Daumen vor dem Hintergrund hin- und herspringt.
Dieser Effekt lässt sich auch bei einem Transit beobachten. Dem Daumen entsprechen dabei Merkur beziehungsweise Venus. Allerdings reicht hier ein Augenabstand bei Weitem nicht aus. Es müssen viele Beobachter über den Globus verteilt den Durchgang gleichzeitig beobachten und ihre Ergebnisse vergleichen. Für einen Beobachter in Australien befindet sich zum gleichen Zeitpunkt der Planet etwas weiter nördlich auf der Sonnenscheibe als für den Beobachter in Mitteleuropa. Diese Parallaxenmessung lässt sich sogar noch eine Stufe höher treiben. Wenn man einen nahen Stern im Abstand von einem halben Jahr beobachtet, so entspricht dem "Augenabstand" sozusagen der Durchmesser der Erdumlaufbahn. Das sind rund 300 Millionen Kilometer. Mit so einer großen Parallaxe kann man mit der gleichen Daumenmethode vor dem Sternenhintergrund die Entfernung dieser sonnennahen Sterne bestimmen.
Beobachtungsmöglichkeiten des Transits und der Sonne allgemein:
Die Sonne ist extrem hell. Jeder, der schon einmal versucht hat, mit Absicht die Sonne am Himmel anzuschauen, wird sich sofort geblendet abwenden. Und das ist auch gut so, denn ungeschützt in die Sonne zu blicken, kann in kürzester Zeit bleibende Augenschäden verursachen. Möchte man sie gar mit einem Teleskop beobachten, dann müssen unbedingt Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.
Da von der Sonne das Licht im Überfluss eintrifft, muss man von ihm den größten Teil loswerden und nur einen für die Augen verträglichen Anteil durchlassen. Dafür gibt es zwei verschiedene Methoden: Die erste ist relativ einfach, denn man reduziert die Intensität des gesamten eingefangenen Lichts mittels eines starken Filters auf ein ungefährliches Maß. Die zweite Methode ist etwas komplexer. Man pickt sich aus der kompletten Bandbreite des Lichts einen bestimmten Teil heraus und blockiert den Rest. Dabei stellte sich die so genannte H-alpha-Linie des ionisierten Wasserstoffs als besonders interessant heraus. Ist der Durchlass des Filters eng genug gewählt, so kann man nicht nur gefahrlos die Sonne anschauen, sondern es lassen sich sogar Details in der Chromosphäre der Sonne erkennen. Dort zeigen sich riesige Protuberanzen, Filamente und Energieausbrüche. Da die Filter dafür aber extrem engbandig und genau gefertigt sein müssen, ist diese Methode recht teuer.
Wesentlich günstiger geht es mit dem erstgenannten Verfahren, auch "Weißlichtbeobachtung" genannt. Das einfachste Mittel ist eine Sonnenfinsternisbrille; ihre Folie ist auch in wesentlich größeren Flächen erhältlich und lässt sich so vor die Öffnung eines Teleskops spannen. Sie reduziert das Sonnenlicht auf ein Hunderttausendstel der normalen Intensität. Durch diese Folie hindurch lässt sich gefahrlos auf die Photosphäre der Sonne schauen, die sichtbare Oberfläche der Sonne und Quelle ihres Lichts. Die Sonne erscheint im Weißlicht als weißer Kreis am Himmel mit der Größe des Vollmonds. Nur ab und zu wird ihre Fläche unterbrochen von dunklen Sonnenflecken, das sind kühlere Stellen auf dem Tagesgestirn. Für die Weißlichtbeobachtung gibt es viele verschiedene Filterarten, die schon erwähnte Filterfolie, aber auch Glasobjektivfilter oder ein Herschel-Prisma. Ein anderes sicheres Verfahren ist die Okularprojektion, bei der das Licht aus dem Teleskop auf eine weiße Fläche fällt. Dabei muss darauf geachtet werden (insbesondere bei Kindern), dass nicht doch versucht wird, direkt in das Teleskop zu blicken.
Wer diesen Merkurtransit verpasst oder wegen schlechten Wetters nicht sehen kann, erhält in drei Jahren die nächste Chance. Merkurtransite sind zwar nicht so spektakulär wie diejenigen der Venus, treten dafür aber auch viel häufiger auf. Auf den nächsten Venusdurchgang müssen wir nämlich bis zum 11. Dezember 2117 warten. Aber im Sonnensystem sind derzeit noch mehr Planeten zu sehen: Jupiter ist bis in den frühen Morgen sichtbar, und Mars und Venus zeigen sich ab der zweiten Nachthälfte.
Am 6. Mai ist wieder Neumond. Wenn das Wetter eine Beobachtung erlaubt, lassen sich also wieder leuchtschwächere Objekte auf den Plan nehmen. Gegen Mitte der Nacht stehen schon einige Sommersternbilder am Himmel – allen voran Herkules. In seiner Nähe befinden sich einige schöne Kugelsternhaufen, darunter auch der berühmte Messier 13. Sein kleiner Bruder Messier 92 wird jedoch oft vergessen. Er befindet sich im Kopf des Helden am Himmel. Noch weniger bekannt ist NGC 6210, der Schildkrötennebel – ein kleiner, aber interessanter Planetarischer Nebel zu Füßen von Herkules. Natürlich bieten sich immer noch die Galaxienhaufen in den Frühlingssternbildern an, um die entfernten Welteninseln zu bewundern.
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