News: Am Anfang war der Ton?
Wie entstand das Leben? Diese Frage gehört immer noch zu den größten Rätseln der Biologie. Schlichter Ton könnte die ersten Vorstufen der Zellen geformt haben.
Bei Stanley Miller war alles noch ganz einfach: Man nehme Wasser, Wasserstoff, Methan und Ammoniak, gewürzt mit einigen elektrischen Funken, koche das Ganze eine Woche lang, und fertig ist die Ursuppe aus Zuckern, Fetten und Aminosäuren – den Bausteinen des Lebens.
Auch wenn der damalige Doktorand der Universität Chicago mit seinem berühmten Experiment 1953 dem Vitalismus, den Glauben an eine "Lebenskraft", den endgültigen Todesstoß gegeben hatte, ist heute klar, dass es vor vielleicht vier Milliarden Jahren auf der Erde wohl doch nicht ganz so einfach abgelaufen ist. Noch immer gehört die Frage, wie das Leben ursprünglich entstanden ist, zu den größten ungelösten Rätseln der Biologie. Klar ist nur, dass es vor der biologischen eine chemische Evolution gegeben haben muss, bei der Moleküle entstanden sind, die zur Selbstverdopplung in der Lage waren. Als aussichtsreichster Kandidat für dieses Urmolekül gilt die RNA, die in heutigen lebenden Zellen zwischen DNA und Proteinen vermittelt.
Doch auch die RNA kann sich nicht so ohne weiteres aus ihren Bausteinen, den Nucleotiden, selbst zusammensetzen. Sie benötigt vielmehr einen Helfer, der ihr unter die Arme greift. Und dieser Beistand könnte in Form von Tonen vorliegen, denn diese allgegenwärtigen Minerale bilden glatte Schichten, deren Oberflächen elektrisch geladen sind, und die daher organische Moleküle anziehen können. Experimente haben inzwischen gezeigt, dass sowohl Aminosäuren als auch Nucleotide auf Tonoberflächen kurze Ketten bilden – die Tone wirken also als Katalysator für die Entstehung von Biomakromolekülen.
Das Ganze muss jedoch noch verpackt werden, und dafür bieten sich Lipide an, die sich praktischerweise spontan zu winzigen Tröpfchen, Micellen genannt, zusammenschließen. Verschiebt man nun den pH-Wert von basisch in Richtung sauer, dann verwandeln sich diese Micellen in kleine Kügelchen oder Vesikel mit einem Hohlraum, der von einer Lipiddoppelschicht umgeben ist. Und das kommt einer "echten" Zelle schon recht nah.
Doch leider verläuft diese Umwandlung etwas träge; die Reaktion braucht einen Katalysator. Könnte diese helfende Rolle ebenfalls von Tonmineralen übernommen werden, die sich so gut bei der Bildung von RNA bewähren?
Genau dieser Frage gingen Martin Hanczyc, Shelly Fujikawa und Jack Szostak jetzt nach. Die im Howard Hughes Medical Institute arbeitenden Forscher gaben zu Fettsäuremicellen Spuren des Tonminerals Montmorillonit, und siehe da: Die Micellen verwandelten sich deutlich schneller in Vesikel.
Spannend wurde es dann im nächsten Schritt: Zu der "Ursuppe" aus Lipidimicellen und Tonmineralen kam RNA hinzu. Da die Forscher die RNA zuvor mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert hatten, konnten sie jetzt beobachten, dass die Nucleinsäure tatsächlich in die sich bildenden Lipidvesikel verpackt wurde. "Wir konnten also zeigen, dass Tone und andere Mineraloberflächen nicht nur die Entstehung von Vesikeln beschleunigen", erklärt Szostak, "sondern auch, dass der Ton, wenn er zumindest für eine gewisse Zeit im Innern der Vesikel ist, einen Weg bietet, RNA aufzunehmen."
Können diese Pseudozellen auch wachsen und sich teilen? Im Prinzip ja, wie weitere Experimente ergaben: Als die Forscher zusätzliche Micellen zufügten und den pH-Wert wieder veränderten, nahmen die bereits vorhanden Vesikel die Micellen auf – sie wurden also größer – und behielten dabei die eingeschlossene RNA.
Die Teilung simulierten die Wissenschaftler etwas rabiat – nicht ganz dem Vorbild der Natur entsprechend, wie sie unumwunden zugeben –, indem sie ihre Testobjekte durch winzige Poren zwängten. Dabei teilten sich die Vesikel in kleinste Tröpfchen, verloren jedoch wiederum nicht ihre RNA-Fracht.
"Wir behaupten nicht, dass das Leben so angefangen hat", betont Szostak. "Wir sagen nur, dass Wachstum und Teilung [von Vesikeln] ohne irgendeine biochemische Maschinerie möglich ist. Wenn wir schließlich etwas natürlichere Wege dafür aufzeigen können, dann erhalten wir vielleicht die ersten Hinweise, wie das Leben wirklich auf der frühen Erde begonnen hat."
Auch wenn der damalige Doktorand der Universität Chicago mit seinem berühmten Experiment 1953 dem Vitalismus, den Glauben an eine "Lebenskraft", den endgültigen Todesstoß gegeben hatte, ist heute klar, dass es vor vielleicht vier Milliarden Jahren auf der Erde wohl doch nicht ganz so einfach abgelaufen ist. Noch immer gehört die Frage, wie das Leben ursprünglich entstanden ist, zu den größten ungelösten Rätseln der Biologie. Klar ist nur, dass es vor der biologischen eine chemische Evolution gegeben haben muss, bei der Moleküle entstanden sind, die zur Selbstverdopplung in der Lage waren. Als aussichtsreichster Kandidat für dieses Urmolekül gilt die RNA, die in heutigen lebenden Zellen zwischen DNA und Proteinen vermittelt.
Doch auch die RNA kann sich nicht so ohne weiteres aus ihren Bausteinen, den Nucleotiden, selbst zusammensetzen. Sie benötigt vielmehr einen Helfer, der ihr unter die Arme greift. Und dieser Beistand könnte in Form von Tonen vorliegen, denn diese allgegenwärtigen Minerale bilden glatte Schichten, deren Oberflächen elektrisch geladen sind, und die daher organische Moleküle anziehen können. Experimente haben inzwischen gezeigt, dass sowohl Aminosäuren als auch Nucleotide auf Tonoberflächen kurze Ketten bilden – die Tone wirken also als Katalysator für die Entstehung von Biomakromolekülen.
Das Ganze muss jedoch noch verpackt werden, und dafür bieten sich Lipide an, die sich praktischerweise spontan zu winzigen Tröpfchen, Micellen genannt, zusammenschließen. Verschiebt man nun den pH-Wert von basisch in Richtung sauer, dann verwandeln sich diese Micellen in kleine Kügelchen oder Vesikel mit einem Hohlraum, der von einer Lipiddoppelschicht umgeben ist. Und das kommt einer "echten" Zelle schon recht nah.
Doch leider verläuft diese Umwandlung etwas träge; die Reaktion braucht einen Katalysator. Könnte diese helfende Rolle ebenfalls von Tonmineralen übernommen werden, die sich so gut bei der Bildung von RNA bewähren?
Genau dieser Frage gingen Martin Hanczyc, Shelly Fujikawa und Jack Szostak jetzt nach. Die im Howard Hughes Medical Institute arbeitenden Forscher gaben zu Fettsäuremicellen Spuren des Tonminerals Montmorillonit, und siehe da: Die Micellen verwandelten sich deutlich schneller in Vesikel.
Spannend wurde es dann im nächsten Schritt: Zu der "Ursuppe" aus Lipidimicellen und Tonmineralen kam RNA hinzu. Da die Forscher die RNA zuvor mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert hatten, konnten sie jetzt beobachten, dass die Nucleinsäure tatsächlich in die sich bildenden Lipidvesikel verpackt wurde. "Wir konnten also zeigen, dass Tone und andere Mineraloberflächen nicht nur die Entstehung von Vesikeln beschleunigen", erklärt Szostak, "sondern auch, dass der Ton, wenn er zumindest für eine gewisse Zeit im Innern der Vesikel ist, einen Weg bietet, RNA aufzunehmen."
Können diese Pseudozellen auch wachsen und sich teilen? Im Prinzip ja, wie weitere Experimente ergaben: Als die Forscher zusätzliche Micellen zufügten und den pH-Wert wieder veränderten, nahmen die bereits vorhanden Vesikel die Micellen auf – sie wurden also größer – und behielten dabei die eingeschlossene RNA.
Die Teilung simulierten die Wissenschaftler etwas rabiat – nicht ganz dem Vorbild der Natur entsprechend, wie sie unumwunden zugeben –, indem sie ihre Testobjekte durch winzige Poren zwängten. Dabei teilten sich die Vesikel in kleinste Tröpfchen, verloren jedoch wiederum nicht ihre RNA-Fracht.
"Wir behaupten nicht, dass das Leben so angefangen hat", betont Szostak. "Wir sagen nur, dass Wachstum und Teilung [von Vesikeln] ohne irgendeine biochemische Maschinerie möglich ist. Wenn wir schließlich etwas natürlichere Wege dafür aufzeigen können, dann erhalten wir vielleicht die ersten Hinweise, wie das Leben wirklich auf der frühen Erde begonnen hat."
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