Direkt zum Inhalt

News: Am PC wieder sehen lernen

Neue Hoffnung für Patienten, bei denen etwa nach einem Schädelhirntrauma oder einem Schlaganfall das Sehvermögen eingeschränkt ist: Wissenschaftlern der Universität Magdeburg ist es gelungen, Computerprogramme zu entwickeln, mit denen Patienten visuelle Störungen zu Hause unter Anleitung mit Erfolg behandeln können.
Jedes Jahr werden rund 300 000 Schädel-Hirnverletzte und 200 000 Patienten mit Hirngefäßerkrankungen, beispielsweise nach einem Schlaganfall in deutschen Krankenhäusern medizinisch betreut. Mindestens bei der Hälfte von ihnen ist von bleibenden Dauerfolgen, wie Lähmungen, Sprachschwierigkeiten, Gedächtnisproblemen und Seh- oder Hörstörungen auszugehen. Noch bis 1980 galt die Ansicht, daß Sehstörungen nach einer Hirnläsion unheilbar sind. Inzwischen gibt es jedoch eine Reihe von Forschungsergebnissen, die zeigen, daß eine Besserung durch eine spezifische Behandlung möglich ist.

Eine Arbeitsgruppe am Institut für Medizinische Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unter der Leitung von Dr. Erich Kasten entwickelt und validiert seit nunmehr fünf Jahren computergestützte Diagnose- und Therapieverfahren für Patienten mit Hirnschädigungen. "Zentrales Thema ist die Wiederherstellung ausgefallener Sehleistungen", informiert Institutsdirektor Professor Dr. med. Bernhard Sabel. In Zusammenarbeit mit der Universitätsaugenklinik Magdeburg haben die Neurowissenschaftler vor kurzem zwei klinische Studien zu diesem Thema erfolgreich abgeschlossen, deren Ergebnisse in der September-Ausgabe von Nature Medicine (1998, Vol. 4, S. 1083 – 1087) veröffentlicht werden.

Für jeden hirngeschädigten Patienten wird ein individuelles Computer-Trainingsprogramm entwickelt. Ausgangspunkt ist die Ausmessung des Gesichtsfeldes. Auf einer grafischen Karte, die zur Erarbeitung der Trainingsprogramme notwendig ist, wird der Umfang der Ausfälle von Teilen des Gesichtsfeldes (Skotome) und die Lage der für die Therapie wichtigen Übergangszonen dokumentiert. Bislang wurden in Magdeburg ca. 60 Patienten behandelt und dabei signifikante Besserungen des Sehvermögens festgestellt. Die Programme werden so geschrieben, daß sie sich genau auf das Niveau des Benutzers einstellen. Bei richtigen Lösungen wird das Schwierigkeitsniveau immer höher, bei Fehlern wird es wieder leichter.

Bernhard Sabel: "Es handelt sich hier also um weltweit den ersten Nachweis, daß eine durch Hirnschädigung verursachte Teilerblindung verbessert werden kann. Dies unterstreicht die enorme Reparaturfähigkeit des menschlichen Gehirns und schafft neue Hoffnung für Patienten mit Sehschädigungen."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.