Bionik: Am seidenen Faden
Bioniker schauen der Natur auf die Finger und nutzen ihre Tricks für neue technische Produkte. Einige Forscher nahmen nun Insektenkiefer zum Vorbild, übertrugen ihr Wissen auf Spinnfäden und machten sie um ein Vielfaches reißfester als Stahl.
Wer ein Spinnennetz mit einem lässigen Handstreich hinwegfegt, kann es kaum glauben: Ein Spinnfaden mit der Querschnittsfläche eines Centstückes könnte mehrere Kleinwagen tragen, denn der Naturstoff ist ebenso reißfest wie Stahl. Dass sich ein Spinnennetz so leicht zerstören lässt, liegt nur an der Zartheit seiner Fäden: nur einige tausendstel Millimeter messen die Fasern – ein menschliches Haar ist etwa zehnmal dicker.
Was die Spinnenseide für Materialforscher attraktiv macht, ist die Kombination aus Reißfestigkeit und geringem Gewicht. Der Naturstoff ist viel leichter als Stahl, leistet also bezogen auf sein Gewicht deutlich mehr als der Werkstoff. Materialforscher um Mato Knez vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale setzen jetzt noch eins drauf: Indem sie Metallatome in natürliche Spinnfäden einlagerten, haben sie deren Zugfestigkeit verdreifacht.
Einsatz im Alltag
Mit ihrem Verfahren verdoppelten sie gleichzeitig die Dehnbarkeit der Naturfäden. Beides zusammen macht das Material äußerst zäh. "Die Fasern können nun zehnmal soviel Energie aufnehmen, bevor sie reißen, wie natürliche Spinnenfäden", berichtet Knez. Ein derart strapazierfähiges und dabei leichtes Material könne vielleicht einmal als Bergsteigerseil oder Aufzugseil Verwendung finden. Letzteres würde wegen seiner großen Länge einiges an Gewicht gegenüber einem Stahlseil und damit Energie einsparen, meint der Chemiker.
Um die Atome in die Fäden zu bringen, nutzten sie eine Technik namens Atomlagenabscheidung: Eine Metallverbindung in Gasform und Wasserdampf werden abwechselnd in eine Vakuumkammer eingelassen und lagern sich dort auf der Oberfläche eines Objekts an. Die Metallverbindung und das Wasser reagieren miteinander, so dass eine vollkommen ebene, nur ein Molekül dicke Schicht von Metalloxid entsteht. Am Ende lagern sich ebenso viele Schichten auf der Oberfläche ab, wie Zyklen durchgeführt wurden.
Unter die Hülle geschaut
Auch auf der Spinnenseide setzten sich dünne Schichten aus Aluminium-, Zink- oder Titanoxiden ab. Doch diese Hüllen seien nicht für die große Zähigkeit der behandelten Spinnenseide verantwortlich, schreiben die Forscher. Denn die äußere Hülle werde schon bei kleinen Dehnungen brüchig und falle von der Seide ab. Was den Fäden ihre außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften verlieh, offenbarten schließlich Aufnahmen mit dem Elektronenmikroskop und Untersuchungen mit Röntgenstrahlen und Kernspinresonanzverfahren: Ein kleiner Teil der Metallverbindungen ist während der Beschichtungsprozedur in die Seide hineingelangt.
"Genau das haben wir beobachtet", sagt Knez. Röntgenanalysen haben gezeigt, dass die Spezialbehandlung in der Vakuumkammer den kristallinen Anteil in der Proteinmatrix der Spinnenseide tatsächlich verringert hat. Die Wissenschaftler erklären das folgendermaßen: In der natürlichen Spinnenseide erhalten Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Bögen der "Kühlschlange" die regelmäßige Struktur aufrecht.
Hauptsache Seide
Durch die bei der Atomlagenabscheidung auftretende Wärme lockern sich die Bindungen allerdings. An ihre Stelle kann sich dann ein Atom des Metalloxids setzen, das aus dem Wasser und der Metallverbindung entsteht. "Es ist als werde ein Reißverschluss geöffnet, der sich dann wegen der angelagerten Metalloxide nicht mehr schließen lässt", verdeutlicht Knez. Der "geöffnete Reißverschluss" verringert so den kristallinen Anteil und vergrößert den amorphen.
Dem Einsatz der Spinnfäden im Alltag, stehen allerdings noch einige Probleme im Weg. Eine Spinnenfarm zur Herstellung der Rohstoffe kann sich Knez jedenfalls nicht vorstellen. "Die Tiere sind Kannibalen", fasst der Wissenschaftler zusammen. Zum Glück hat er aber auch schon einen Ausweg parat: "Die natürliche Seide der Seidenraupe kann tonnenweise hergestellt werden und könnte mit den gleichen Methoden zäher gemacht werden wie die Spinnenseide."
Was die Spinnenseide für Materialforscher attraktiv macht, ist die Kombination aus Reißfestigkeit und geringem Gewicht. Der Naturstoff ist viel leichter als Stahl, leistet also bezogen auf sein Gewicht deutlich mehr als der Werkstoff. Materialforscher um Mato Knez vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale setzen jetzt noch eins drauf: Indem sie Metallatome in natürliche Spinnfäden einlagerten, haben sie deren Zugfestigkeit verdreifacht.
Einsatz im Alltag
Mit ihrem Verfahren verdoppelten sie gleichzeitig die Dehnbarkeit der Naturfäden. Beides zusammen macht das Material äußerst zäh. "Die Fasern können nun zehnmal soviel Energie aufnehmen, bevor sie reißen, wie natürliche Spinnenfäden", berichtet Knez. Ein derart strapazierfähiges und dabei leichtes Material könne vielleicht einmal als Bergsteigerseil oder Aufzugseil Verwendung finden. Letzteres würde wegen seiner großen Länge einiges an Gewicht gegenüber einem Stahlseil und damit Energie einsparen, meint der Chemiker.
Die Idee, weiche Materialien durch den Einbau von Metallatomen steifer und härter zu machen, stammt von der Natur: In den Kiefern von Blattschneideameisen oder Heuschrecken finden sich Metalle wie Zink, Mangan, Kalzium oder Kupfer. Knez und seine Kollegen haben diese Erfindung nun aufgegriffen und in mehreren Versuchen entweder Titan-, Aluminium- oder Zinkatome in Spinnfäden einer gewöhnlichen Kreuzspinne eingebaut. Laut den Forschern verstärkte jedes der drei Metalle die Spinnenseide.
Um die Atome in die Fäden zu bringen, nutzten sie eine Technik namens Atomlagenabscheidung: Eine Metallverbindung in Gasform und Wasserdampf werden abwechselnd in eine Vakuumkammer eingelassen und lagern sich dort auf der Oberfläche eines Objekts an. Die Metallverbindung und das Wasser reagieren miteinander, so dass eine vollkommen ebene, nur ein Molekül dicke Schicht von Metalloxid entsteht. Am Ende lagern sich ebenso viele Schichten auf der Oberfläche ab, wie Zyklen durchgeführt wurden.
Unter die Hülle geschaut
Auch auf der Spinnenseide setzten sich dünne Schichten aus Aluminium-, Zink- oder Titanoxiden ab. Doch diese Hüllen seien nicht für die große Zähigkeit der behandelten Spinnenseide verantwortlich, schreiben die Forscher. Denn die äußere Hülle werde schon bei kleinen Dehnungen brüchig und falle von der Seide ab. Was den Fäden ihre außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften verlieh, offenbarten schließlich Aufnahmen mit dem Elektronenmikroskop und Untersuchungen mit Röntgenstrahlen und Kernspinresonanzverfahren: Ein kleiner Teil der Metallverbindungen ist während der Beschichtungsprozedur in die Seide hineingelangt.
Warum die eingedrungenen Metallatome die Spinnfäden härter machen, verstehen Knez und sein Team allerdings noch nicht. Doch ein theoretisches Modell aus den 1990er Jahren könnte die Beobachtungen erklären: Die mechanischen Eigenschaften hängen demnach stark vom Aufbau der Spinnenseide ab. Letztere besteht aus Proteinen – also aus langen Molekülketten – von denen sich ein Teil wie eine flache Kühlschlange faltet, während der Rest ein ungeordnetes Geflecht, etwa wie Spagetti, bildet. Wissenschaftler sprechen von einem kristallinen und einem amorphen Anteil. Je kleiner der kristalline Anteil, desto reißfester und je größer der amorphe Anteil, desto dehnbarer ist die Spinnenseide, mutmaßt die Theorie.
"Genau das haben wir beobachtet", sagt Knez. Röntgenanalysen haben gezeigt, dass die Spezialbehandlung in der Vakuumkammer den kristallinen Anteil in der Proteinmatrix der Spinnenseide tatsächlich verringert hat. Die Wissenschaftler erklären das folgendermaßen: In der natürlichen Spinnenseide erhalten Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Bögen der "Kühlschlange" die regelmäßige Struktur aufrecht.
Hauptsache Seide
Durch die bei der Atomlagenabscheidung auftretende Wärme lockern sich die Bindungen allerdings. An ihre Stelle kann sich dann ein Atom des Metalloxids setzen, das aus dem Wasser und der Metallverbindung entsteht. "Es ist als werde ein Reißverschluss geöffnet, der sich dann wegen der angelagerten Metalloxide nicht mehr schließen lässt", verdeutlicht Knez. Der "geöffnete Reißverschluss" verringert so den kristallinen Anteil und vergrößert den amorphen.
Dem Einsatz der Spinnfäden im Alltag, stehen allerdings noch einige Probleme im Weg. Eine Spinnenfarm zur Herstellung der Rohstoffe kann sich Knez jedenfalls nicht vorstellen. "Die Tiere sind Kannibalen", fasst der Wissenschaftler zusammen. Zum Glück hat er aber auch schon einen Ausweg parat: "Die natürliche Seide der Seidenraupe kann tonnenweise hergestellt werden und könnte mit den gleichen Methoden zäher gemacht werden wie die Spinnenseide."
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