Nanotechnik: Ampel-Verband stoppt resistente Bakterien
Ein neues Verbandsmaterial wechselt die Farbe, wenn es antibiotikaresistenten Bakterien begegnet – und hält auch gleich ein Gegenmittel bereit. Eine Arbeitsgruppe um Xiaogang Qu vom Changchun-Institut für Angewandte Chemie stellt in »ACS Central Science« eine papierbasierte Wundabdeckung vor, die eine Infektion mit dem Darmbewohner und gelegentlichen Krankheitserreger E. coli anzeigt. Gleichzeitig stellt der Verband mit Hilfe eines anderen Farbstoffs fest, ob die Bakterien gegen β-Lactame, eine bedeutende Antibiotikaklasse, resistent sind. Eingebaut in das Papier sind außerdem zwei Wirkstoffe, mit denen die beiden Arten von Krankheitserregern separat bekämpft werden können. Gegen nichtresistente Bakterien setzt das Material ein Antibiotikum frei, gegen resistente Erreger aggressive Chemikalien.
Eine Farbskala zu nutzen, um schnell und einfach wichtige Daten zu bestimmen, ist eine altbewährte Technik. Es gibt Farbtests für den pH-Wert, Eiweiß und rote Blutkörperchen im Urin, und nicht zuletzt basieren viele Schwangerschaftstests auf einer Farbreaktion. Das neue Pflaster enthält einerseits den Farbstoff Bromthymolblau. Der entfärbt sich, wenn die Umgebung sauer wird, weil Bakterien die chemischen Verhältnisse in ihrem Sinn ändern – das vorher grüne Pflaster wird gelb. Gleichzeitig setzen Nanoteilchen das Antibiotikum Ampicillin frei: Sie sind mit dem Biopolymer Chitosan beschichtet, das in Gegenwart von Säure aufquillt und dem gespeicherten Medikament den Weg nach draußen öffnet.
Wenn die Kolibakterien gegen das Antibiotikum resistent sind, greift dagegen ein anderer Mechanismus. Zusammen mit dem Ampicillin setzt das Pflaster das Molekül Nitrocefin frei, eine Chemikalie, die von dem Enzym β-Lactamase zu einem roten Farbstoff umgebaut wird – dem gleichen Biomolekül, das Bakterien gegen Antibiotika wie Ampicillin resistent macht. Schon kleine Mengen des Enzyms färben das Pflaster rot und signalisieren so, dass das Antibiotikum nicht wirkt.
Abhilfe schafft ein weiteres Nanomaterial, das an den papierbasierten Verband gebunden ist: Partikel aus Zirkonium, die mit anderen Molekülen zu größeren Kugeln vernetzt und ebenfalls mit Chitosan beschichtet sind. Quillt deren Hülle durch die von Bakterien produzierte Säure auf, erzeugt das enthaltene Zirkonium unter Beleuchtung Sauerstoffradikale, die auch resistenten Bakterien zu Leibe rücken. Qu und sein Team testeten die Wirkung ihrer Bandage an Mäusen mit infizierten Wunden und berichten, das Material funktioniere wie erwünscht und beseitige auch Infektionen mit resistenten Bakterien. Gekühlt sei das Verbandsmaterial außerdem einen Monat lang haltbar, heißt es in der Veröffentlichung.
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