Direkt zum Inhalt

News: An Boden gewinnen

Insbesondere in den armen Ländern halten die Ernteerträge nicht mit dem rasanten Bevölkerungswachstum Schritt: Unterernährung und Hunger sind hier an der Tagesordnung. Dank vielversprechender Ansätze könnten die Samen von Nutzpflanzen bald verstärkt auf fruchtbaren statt auf ausgelaugten Boden fallen, denn Pflanzenreste und Gesteinsmehl können den Nährstoffgehalt der Felder wieder auffrischen.
Ein Großteil der Menschen in Afrika leidet Hunger. Grund dafür sind in erster Linie die schlechten Ernten, während die Geburtenrate weiter ansteigt. So stellen die afrikanischen Länder südlich der Sahara die einzige Region der Welt dar, in der die Nahrungsmittelproduktion pro Kopf bereits seit über vierzig Jahren stagniert.

Und dies nicht ohne Grund. Auf den ausgelaugten Feldern sind wichtige Nährstoffe wie Phosphat und Stickstoff schon lange Mangelware und entziehen den Bauern buchstäblich den Boden unter den Füßen. Um den erschöpften Flächen ihre Fruchtbarkeit zurückzugeben, sind Düngemittel vonnöten. Doch die künstlichen Ersatzstoffe aufgrund der schlechten Infrastruktur und den damit verbundenen Transportkosten in Afrika zwei- bis sechsmal so teuer wie in Europa, Nordamerika oder Asien - und somit nahezu unerschwinglich.

Pedro Sanchez von der University of California in Berkeley fasste dieses Problem im wahrsten Sinne des Wortes an der Wurzel, indem er auf afrikanische Ressourcen wie einheimische Bäume und Sträucher zurückgriff. Als natürliche Düngemittel eignen sich insbesondere die zur Familie der Leguminosen (Hülsenfrüchte) gehörenden Pflanzen, die mithilfe ihrer Wurzeln Luftstickstoff zu binden vermögen und in Form von Nitraten anderen Vertretern zur Verfügung stellen.

Tatsächlich erzielten Farmer, die auf ihren Feldern zusammen mit jungen Maissetzlingen zu Beginn der Regenzeit verschiedene hülsenfruchtartige Bäume wie die Sesbanie pflanzten, beachtliche Düngeerfolge: Auf einer Fläche von über 600 Quadratkilometern sammelte sich 12 bis 25 Kilogramm Stickstoff pro Quadratmeter in einem Zeitraum von sechs Monaten bis zwei Jahren an. Dabei stellten die sehr langsam wachsenden Bäume keinerlei Konkurrenz für die Ernte dar. Am Ende der Trockenzeit und vor dem nächsten Getreideanbau fällten die Bauern jene Gewächse und die sich zersetzenden Stämme, Blätter und Wurzeln entließen die wertvollen Nitrate in den Boden.

Erfolgreich verliefen auch Versuche in Ostafrika, wo die Böden insbesondere arm an Phosphor sind. Hier arbeiteten die Landwirte Teile des mit der Sonnenblume verwandten einheimischen Strauches namens Tithonia diversifolia in dieselben Pflanzlöcher ein, in die sie auch die Getreidekeimlinge setzten. Die Blätter jener Pflanze, die bevorzugt entlang von Wegen und Feldrändern wächst, setzten hier während ihrer Verwesung neben dem angereicherten Phosphor auch Kalium und weitere Spurenelemente frei.

Und nicht nur die Überreste von Pflanzen erwiesen sich als vielversprechende organische Düngemittel, sondern auch phophatreiche Gesteine, die im östlichen und südlichen Afrika nahe der Oberfläche im Überfluss zu finden sind. Sie werden zerbrochen und gemahlen in die leicht sauren Böden eingearbeitet und liefern während ihrer Verwitterung über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ihre wertvollen Inhaltsstoffe.

Vor zehn Jahren ins Leben gerufen, erzielten diese neuen Strategien in ihrer Erprobungsphase beachtliche Ertragssteigerungen: Zehntausende Bauern in Ländern südlich der Sahara vermochten ihre Ernten um das zwei- bis vierfache zu erhöhen. Doch die Lösungsansätze sind nicht auf alle afrikanischen Regionen gleich gut zugeschnitten. Beispielsweise dauert die Trockenzeit in den semiariden Tropen länger und minimiert somit die Erträge der Leguminosen. Und auch wenn die Verwandte der Sonnenblume zahlreich in Afrika vertreten ist, so gestaltet sich doch das Schneiden und der Transport zu den Feldern äußerst arbeitsintensiv und lohnt sich nur für hochwertige Gemüseernten.

Obwohl sich die organischen Dünger als sehr vielversprechend erwiesen, werden sie wohl kaum die Kunstdünger ersetzen können, hebt Sanchez hervor. Hier ist die Politik gefragt, um die immensen Kosten für die Bauern zu senken. Höhere Erträge können zwar die Unterernährung und den Hunger der notleidenden Bevölkerung mildern, doch noch immer ist es ein weiter Weg, um den allgemeinen Gesundheitszustand der Einheimischen zu verbessern, gibt der Forscher zu Bedenken.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.