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News: Anders verdrahtet

Ein Fenster ins Gehirn, um Lernprozesse zu verfolgen - das galt bislang im wahrsten Sinne des Wortes als Hirngespinst. Allerdings könnte eine neuartige Methode der Schlüssel zu diesem Wunschtraum aller Neurowissenschaftler sein.
Synapse
Die Vorstellung, dass neuronale Strukturen des ausgewachsenen Gehirns trotz aller Lernprozesse unveränderlich sind, erfordert einiges an Phantasie. Doch Neurobiologen wissen nur allzu gut, dass die Nervenzellen eines Erwachsenen bereits ausdifferenziert und fatalerweise teilungsunwillig sind. Aus diesem Grund erweist sich das zentrale Nervensystem als kaum reparaturfähig.

Dem widerspricht allerdings das Konzept der neuronalen Plastizität. Psychologen gehen davon aus, dass das Nervensystem nicht als statisches Netzwerk, sondern als lebendes Organ zu verstehen ist. Nach dieser Theorie verändert sich das Gehirn ständig unter Einfluss der Umwelt: Es sammelt Erfahrungen.

Vermitteln neu gebildete Verknüpfungen zwischen den einzelnen Nervenzellen diese neuronale Plastizität? Dieser Frage ging das Team um Joshua Trachtenberg vom Cold Spring Harbor Laboratory in New York nach. Mit Hilfe einer neuartigen Technologie haben die Forscher im ausgewachsenen Gehirn beobachtet, wie sich neuronale Kontaktstellen, die so genannten Synapsen, lösen und wieder neu verknüpfen.

Die Wissenschaftler züchteten hierzu transgene Mäuse, die in bestimmten Neuronen ein grün fluoreszierendes Protein synthetisierten. Diesen Versuchstieren öffneten sie die Schädeldecke und studierten die neuronalen Verästelungen nach Anregung des Fluoreszenzfarbstoffs über einen Versuchszeitraum von mehreren Wochen. Besonderes Augenmerk galt hierbei den neuronalen Dornen. Diese winzigen Vorsprünge sitzen auf den langen, schmalen Fortsätzen der Nervenzellen. Dort bilden sie den postsynaptischen, also den Impuls-empfangenden Teil der Synapse.

Die Wissenschaftler untersuchten nun, ob sensorische Reize die Verknüpfung dieses Netzwerkes beeinflussen. Hierzu stutzten sie den Mäusen bestimmte Schnurrhaare und setzten die Versuchskandidaten in eine neue Umgebung. Diese Prozedur, für die Mäuse eine sensorische Achterbahn, brachte eine überraschende Erkenntnis ans Licht: Während die grobe Gestalt der Nervenszellen mit all ihren Verästelungen unverändert blieb, schienen sie fortwährend winzige Fortsätze, die neuronalen Dornen, auf- und abzubauen. Die Vermutung liegt nahe, dass der Wechsel der Verknüpfungen die Reaktion des Gehirns auf sensorische Reize darstellt.

Zudem fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich die absolute Anzahl der Synapsen nicht änderte, stattdessen aber in einigen Fällen deren Lage. Einige davon existierten nur einige Tage, während andere über die gesamte Beobachtungsdauer unverändert blieben. Trachtenberg vermutet, dass Zellen in mehr oder weniger ungerichteter Weise solche neuronalen Dornen ausbilden und die entstandenen Verknüpfungen anschließend einer Effizienzprüfung unterziehen: Diejenigen, die sich als nützlich erweisen, bleiben bestehen und werden verstärkt – andere hingegen wieder gelöst.

Dennoch – zum Leidwesen aller Neurochirurgen – bleibt die Grundstruktur des ausgewachsenen Nervensystems in Hinblick auf die Zahl, Form und Lage der Neuronen tatsächlich unveränderlich. "Das Gehirn von Erwachsenen schmiedet ständig neue Verknüpfungen", erklärte der Wissenschaftler, "aber es ist nicht annähernd so flexibel wie das sich entwickelnde Gehirn."
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