Humane Papillomviren: Angesteckt beim Neandertaler
Als moderner Mensch und Neandertaler aufeinandertrafen, tauschten sie nicht nur Körperflüssigkeiten und Erbgut aus, sondern offenbar auch sexuell übertragbare Krankheiten. Zumindest eine besonders aggressive Variante des Humanen Papillomvirus (HPV), der Stamm HPV-16, geht in Teilen auf Sexualkontakte beider Menschengruppen zurück. Das ergibt sich aus dem Stammbaum des Virus, den jetzt Forscher um Ville N. Pimenoff vom Katalanischen Institut für Onkologie in Barcelona anhand von Gendaten erstellten.
Schon die geografische Verteilung der HPV-16-Untergruppen ist aufschlussreich: Während die Varianten A und D außerhalb Afrikas verbreitet sind, finden sich B und C vor allem südlich der Sahara. Pimenoff und Kollegen warfen jedoch einen genaueren Blick auf die Geschichte der drei Gruppen: An Art und Häufigkeit der vielen kleinen Mutationen im viralen Genom lässt sich ablesen, dass sich B und C vor ungefähr 200 000 Jahren trennten, von C spaltete sich anschließend vor rund 60 000 bis 120 000 Jahren die Gruppe D ab – vermutlich, so die Forscher, gelangte sie mit den ersten Homo-sapiens-Auswanderern aus Afrika nach Eurasien, Australien und schließlich bis nach Amerika.
Die Gruppe A hingegen fällt aus dem Rahmen. Sie spaltete sich bereits sehr viel früher von den anderen drei ab, nämlich schon vor rund einer halben Million Jahren. Die plausibelste Erklärung für ihr Vorhandensein beim modernen Menschen ist ein Reimport durch Sex mit archaischen Menschengruppen. In diesem Szenario trugen Neandertaler und Denisova-Menschen die A-Gruppe aus Afrika heraus. Als sie dann später auf den modernen Menschen trafen, sprang das Virus auf unsere Abstammungslinie über.
Infektionen mit Papillomviren sind sehr häufig und werden meist durch sexuelle Handlungen jeglicher Art übertragen. In aller Regel verlaufen sie komplikationslos oder ganz unbemerkt, gängiges Symptom sind Warzen. In manchen Fällen kann eine Infektion jedoch auch einer Krebsentstehung Vorschub leisten, betroffen sind dann oft der Gebärmuttermund und die Genitalregion. In solchen Tumoren findet sich besonders häufig der Stamm HPV-16.
Ob der Umweg über – und die Anpassung an – den Neandertaler der HPV-16A-Variante ihre besondere Virulenz verliehen hat, dazu machen die Forscher keine eindeutigen Angaben. Allerdings habe sich das Virus durchaus an den Stoffwechsel von Neandertaler-Hautzellen angepasst, das lässt sich an einigen Mutationen ablesen. Die geringen Anteile an Neandertaler-DNA in modernen Menschen nichtafrikanischer Herkunft könnten erklären, warum sich diese Variante dort besonders gut vermehren zu können scheint, so die Forscher. In Subsahara-Afrika hingegen sind HPV-bedingte Krebserkrankungen eher selten.
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