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Antarktis: Ein gigantisches Flusssystem strömte unter dem Eis

Unter dem mächtigen Eis der Antarktis liegen zahlreiche Täler verborgen. Wie groß die Flusssysteme einst waren, die sie geschaffen haben, zeigt eine neue Studie.
Offenes, dunkles Wasser erstreckt sich zwischen hellem, weißem Eis links im Bild und einem dunklen Eisberg rechts. Der Himmel ist blassblau.
Unter dem antarktischen Eis erstreckt sich ein tief zerfurchter Kontinent, dessen Land ohne die Gletscher unter dem Meeresspiegel läge.

Heute lagern gewaltige Eismassen in der Antarktis, doch das war nicht immer in der Erdgeschichte der Fall. Im Eozän vor 44 bis 34 Millionen Jahren beispielsweise war der Kontinent größtenteils eisfrei – und wurde von riesigen Flüssen entwässert, die unter anderem die tiefste bekannte Schlucht des Festlandes schufen. Wie groß und ausgedehnt ganze Einzugsgebiete damals sein konnten, erfasste ein Team um Cornelia Spiegel von der Universität Bremen anhand von Sedimentuntersuchungen in der Amundsen-See vor der Westantarktis.

In den Bohrkernen entdeckte die Arbeitsgruppe 17 bis 24 Meter dicke Sedimentschichten, deren mineralische Zusammensetzung nicht mit den Gesteinen der unmittelbar angrenzenden Küstenregion übereinstimmt, aber dafür sehr große Ähnlichkeit zu den Mineralen der Transantarktischen Gebirgskette aufweist. Diese hob sich seit dem späten Eozän als steile Schulter eines kontinentalen Grabens, des Westantarktischen Riftsystems, und trennt die Ost- von der Westantarktis. Auch heute noch ragt sie teilweise aus dem Eis. Flüsse müssen die Sedimente also über mindestens 1500 Kilometer quer über die Westantarktis herantransportiert haben, bevor sie im Meer abgelagert wurden.

Auch wenn diese Länge verglichen mit heutigen Flüssen wie dem Nil, Amazonas oder Mississippi nicht herausragend ist, so war der Strom damals sehr wahrscheinlich das dominierende Flusssystem der Westantarktis mit einem relativ großen Einzugsgebiet dort. Er mündete dann in einem sumpfigen Delta in der Amundsen-See, das vergleichbar mit dem des Rheins war.

»Die Existenz eines solchen transkontinentalen Flusssystems zeigt, dass anders als heute große Teile der Westantarktis als ausgedehnte, flache Küstenebenen oberhalb des Meeresspiegels gelegen haben müssen«, sagt Cornelia Spiegel in einer Mitteilung. Auf Grund der geringen Topografie war die Westantarktis im ausgehenden Eozän noch eisfrei, während die gebirgigen Regionen der Ostantarktis bereits zu vereisen begannen: Die Vergletscherung begann in den kühleren höheren Lagen und breitete sich dann in die Ebenen aus.

Prinzipiell lagen die westantarktischen Regionen höher als heute: Mangels ausgedehnter Vergletscherung waren die Meeresspiegel prinzipiell höher als heute. Und zudem drückte erst die einsetzende Vergletscherung die Landmasse nach und nach tiefer in den Erdmantel. Die Ablagerung der Sedimente aus der Gebirgskette endete vor 34 Millionen Jahren mit der dauerhaften Ausbildung der Eisdecke. Womöglich wird noch weiterhin Material seewärts unter den Gletschern transportiert, dann aber in eine andere Region als das Untersuchungsgebiet.

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  • Quellen
Science Advances 10.1126/sciadv.adn6, 2024

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