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Phänologie: Antarktische Seevögel beginnen später mit Brut

Kapsturmvogel
Bei acht der neun in der Antarktis brütenden Seevogelarten hat sich während der letzten 55 Jahre die Ankunft in ihren traditionellen Nistgebieten nach hinten verschoben. Im Schnitt verlagerte sich ihr Eintreffen um neun Tage und der Zeitpunkt ihrer Eiablage um zwei Tage. Dieser Trend verläuft vollständig umgekehrt als auf der Nordhalbkugel, wo der Frühlingseinzug und der Brutbeginn der Vögel während der letzten Jahrzehnte stetig nach vorne gewandert ist.

Auslöser für diese Entwicklung sind wohl der räumliche Rückgang der Meereisdecke, deren Ausmaß in der Region seit Beginn der Aufzeichnungen 1950 um 12 bis 20 Prozent geschrumpft ist, sowie die Verlängerung der Meereissaison um vierzig Tage, wie die beiden Ornithologen Christophe Barbraud und Henri Weimerskirch vom Centre National de la Recherche Scientifique in Villiers en Bois mutmaßen. Nach Auswertungen der Daten, die seit 1950 im Umkreis der französischen Forschungsstation Dumont d'Urville im Adélie-Land erhoben wurden, verlegten nur die Antarktischen Raubmöwen (Catharacta maccormicki) ihren Brutbeginn – um knapp vier Tage – nach vorne. Aber im Gegensatz zu den anderen Seevögeln ernähren diese sich von Eiern und Jungvögeln der Adélie-Pinguine.

Alle anderen Spezies sind auf Fische, Krustentiere (vornehmlich Krill) und Tintenfische angewiesen, deren Menge auf Grund der verlängerten Meereissaison sowie der abnehmenden Ausdehnung signifikant zurückgegangen ist. Während das Eis generell den Zugang zu den Brutgebieten blockiert, benötigen die Tiere länger, bis sie genügend körperliche Reserven für das Brutgeschäft erworben haben. Nach Aussage der beiden Wissenschaftler können aber diese beiden Aspekte den verspäteten Brutbeginn nur teilweise erklären, da sie allenfalls ein Viertel der beobachteten Varianz verursachten. Es müssen deshalb noch weitere Faktoren eine Rolle spielen, die den Forschern bislang unbeklannt sind.

Die Seevögel zeigen jedoch immerhin eine gewisse Anpassungsfähigkeit, da das verspätete Eintreffen den Brutbeginn nicht in gleichem Maße verzögert. Dennoch fürchten Barbraud und Weimerskirch gravierende Auswirkungen auf den Bestand der Tiere, sollten die gegenwärtig zu beobachtenden Klimaveränderungen in der Antarktis auch zukünftig zunehmend negativ auf die ökologischen Bedingungen der Region auswirken.

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