Siedlungsgeschichte: Antiautoritäre Städter
Metropolen wirken wie Magneten: Das mächtige Zentrum zieht immer mehr Bewohner an, die Stadt wächst von innen nach außen. So sollten auch die ersten Städte der Menschheit expandiert sein. Es ging aber auch anders.
Die Mauer um Uruk-Gart ließ er bauen,
Um das heil'ge Eanna, den strahlenden Hort.
(Gilgamesch-Epos, 1. Tafel)
Der sagenhafte König Gilgamesch gilt zwar nicht als Gründer von Uruk, das vermutlich schon vor mehr als 5000 Jahren zur größten Stadt der Welt avancierte. Doch die um 2500 v. Chr. gebaute Stadtmauer wird sicherlich die Macht der Metropole gefestigt haben, welche die komplette Region des südlichen Mesopotamiens beherrschte.
Zu diesen Metropolen gehörte auch das im heutigen Nordostsyrien gelegene Tell Brak. Bereits in den 1930er Jahren suchte hier der britische Archäologe Max Mallowan – dessen Ehefrau Agatha Christie vermutlich bekannter sein dürfte – nach den Spuren der ersten urbanen Zivilisationen. Seit den 1970er Jahren führen Mallowans Nachfolger von der Universität Cambridge hier umfangreiche Grabungen durch.
Wie selbstverständlich gingen die Archäologen auch hier von einem im Laufe der Jahrhunderte wachsenden urbanen Zentrum aus und konzentrierten deshalb ihre Grabungen auf den Siedlungshügel.
Tatsächlich muss Tell Brak einst eine blühende Metropole gewesen sein. Bis 3400 v. Chr. wuchs die besiedelte Fläche auf 130 Hektar – zu dieser Zeit überschritten "Groß"-Städte kaum 15 Hektar, nur Uruk dürfte noch größer gewesen sein.
"Die Ergebnisse zeigen, dass die bisherigen Modelle über den Ursprung der Städte des Altertums tatsächlich falsch sein könnten", meint Ur. "Die Stadtentwicklung muss nicht auf einem einzigen machtvollen Herrscher oder einem politischen Gebilde beruhen. Stattdessen handelt es sich um ein organisches Zusammenwachsen vieler Gruppen."
Die Bewohner von Tell Brak verzichteten demnach auf einen autoritären Herrscher, der ihnen sagte, wo es lang geht. König Gilgamesch, der ein Jahrtausend später im südlichen Mesopotamien herrschte, hätte hier schlechte Karten gehabt. Ihm blieb als Zeichen seiner Macht der Eanna-Tempel von Uruk:
Sieh an seine Mauer, deren Friese wie Bronzeschalen scheinen!
Ihren Sockel beschau, dem niemands Werk gleicht!
Auch den Blendstein fass an – der seit Urzeiten da ist! -
Nahe dich Eanna, dem Wohnsitz Ischtars -
Das kein späterer König, kein Mensch ebenso machen kann!
Um das heil'ge Eanna, den strahlenden Hort.
(Gilgamesch-Epos, 1. Tafel)
Der sagenhafte König Gilgamesch gilt zwar nicht als Gründer von Uruk, das vermutlich schon vor mehr als 5000 Jahren zur größten Stadt der Welt avancierte. Doch die um 2500 v. Chr. gebaute Stadtmauer wird sicherlich die Macht der Metropole gefestigt haben, welche die komplette Region des südlichen Mesopotamiens beherrschte.
Machtzentren wie Uruk dürften eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Bewohner des Umlands ausgeübt haben. Genauso wie heute zogen auch die ersten Städte der Erde immer mehr Menschen an – die urbanen Zentren wuchsen von einer inneren Keimzelle ausgehend immer weiter Richtung Peripherie.
Zu diesen Metropolen gehörte auch das im heutigen Nordostsyrien gelegene Tell Brak. Bereits in den 1930er Jahren suchte hier der britische Archäologe Max Mallowan – dessen Ehefrau Agatha Christie vermutlich bekannter sein dürfte – nach den Spuren der ersten urbanen Zivilisationen. Seit den 1970er Jahren führen Mallowans Nachfolger von der Universität Cambridge hier umfangreiche Grabungen durch.
Sie brachten Funde zu Tage, die bis in die späte Kupfersteinzeit zurückreichen, also jene auch Chalcolithikum genannten Periode am Übergang zwischen Stein- und Bronzezeit. Demnach begann die Geschichte der Stadt etwa um 4200 v. Chr., deren Siedlungsüberreste sich zu einem heute noch sichtbaren Hügel oder "Tell" auftürmten.
Wie selbstverständlich gingen die Archäologen auch hier von einem im Laufe der Jahrhunderte wachsenden urbanen Zentrum aus und konzentrierten deshalb ihre Grabungen auf den Siedlungshügel.
"Die bisherigen Modelle über den Ursprung der Städte des Altertums könnten falsch sein"
(Jason Ur)
Doch als der Harvard-Archäologe Jason Ur zusammen mit seinen britischen Kollegen Philip Karsgaard und Joan Oates die Umgebung des zentralen Hügels näher untersuchte, stieß er auf ein ganz anderes Bild. (Jason Ur)
Tatsächlich muss Tell Brak einst eine blühende Metropole gewesen sein. Bis 3400 v. Chr. wuchs die besiedelte Fläche auf 130 Hektar – zu dieser Zeit überschritten "Groß"-Städte kaum 15 Hektar, nur Uruk dürfte noch größer gewesen sein.
Aber die Spuren – vor allem Tonscherben und Hausabfälle – offenbarten, dass es um den Hügel mehrere Siedlungskerne gegeben haben muss, die sich in 800 Jahren verbreiterten und den zentralen Kern schließlich vereinnahmten. Tell Brak wuchs somit von außen nach innen.
"Die Ergebnisse zeigen, dass die bisherigen Modelle über den Ursprung der Städte des Altertums tatsächlich falsch sein könnten", meint Ur. "Die Stadtentwicklung muss nicht auf einem einzigen machtvollen Herrscher oder einem politischen Gebilde beruhen. Stattdessen handelt es sich um ein organisches Zusammenwachsen vieler Gruppen."
Die Bewohner von Tell Brak verzichteten demnach auf einen autoritären Herrscher, der ihnen sagte, wo es lang geht. König Gilgamesch, der ein Jahrtausend später im südlichen Mesopotamien herrschte, hätte hier schlechte Karten gehabt. Ihm blieb als Zeichen seiner Macht der Eanna-Tempel von Uruk:
Sieh an seine Mauer, deren Friese wie Bronzeschalen scheinen!
Ihren Sockel beschau, dem niemands Werk gleicht!
Auch den Blendstein fass an – der seit Urzeiten da ist! -
Nahe dich Eanna, dem Wohnsitz Ischtars -
Das kein späterer König, kein Mensch ebenso machen kann!
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