Antibiotika: Ein Volltreffer-Antibiotikum
Die Behandlung gramnegativer Bakterien mit Antibiotika ist nach wie vor schwierig, da es kein spezifisches Ziel für diese Population gibt, bei dem andere harmlose Gruppen verschont bleiben. Breitbandantibiotika beeinträchtigen bekanntermaßen die Vielfalt des Darmmikrobioms, was zu Sekundärinfektionen mit Clostridioides difficile führen kann. Das Lol-System, das in gramnegativen Bakterien den Transport von Lipoproteinen zwischen der inneren und der äußeren Membran vermittelt, wird als viel versprechendes Ziel angesehen. Insbesondere der Transporter LolCDE ist für das Wachstum gramnegativer Pathogene erforderlich und weist eine geringe Sequenzhomologie mit kommensalen Bakterien auf. Muñoz et al. haben nun bekannte Inhibitoren des LolCDE-Komplexes modifiziert, um ihre antibakterielle Aktivität gegen gramnegative Wildtyp-Erreger zu verbessern, was zur Entwicklung des Antibiotikums Lolamicin führte. Lolamicin zeigte eine starke Aktivität gegen multiresistente Isolate gramnegativer Krankheitserreger wie Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae, war jedoch inaktiv gegenüber grampositiven Krankheitserregern und kommensalen Bakterien und wurde in Säugetierzelllinien und roten Blutkörperchen gut vertragen. Die Erzeugung spontaner Lolamicin-resistenter Mutanten in E. coli und K. pneumoniae ergab Aminosäureveränderungen in LolC und LolE, was bestätigt, dass Lolamicin auf den LolCDE-Komplex wirkt. Docking- und Molekulardynamiksimulationen unter Verwendung der veröffentlichten Kryo-Elektronenmikroskopie-Struktur von LolCDE ergaben vier potenzielle Lolamicin-Bindungscluster in der Nähe der identifizierten Resistenzmutationen, was darauf hindeutet, dass Lolamicin die Lipoproteinbindung kompetitiv blockieren kann. Die Behandlung mit Lolamicin bei Mäusen zeigte eine gute orale Bioverfügbarkeit und Verträglichkeit und war wirksam gegen Infektionen mit antibiotikaresistenten Stämmen von K. pneumoniae. Im Vergleich zu Breitspektrum-Antibiotika veränderte die Behandlung mit Lolamicin die Vielfalt des Darmmikrobioms nicht und verhinderte eine Infektion mit C. difficile. Insgesamt zeigt die Arbeit von Muñoz et al. eine potenzielle Strategie zur Behandlung einer Vielzahl von gramnegativen Infektionen mit minimalen Off-Target-Effekten auf.
Originalreferenz: Nature629, 429-436 (2024)
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