Direkt zum Inhalt

Antikörper: Antibiotika vermindern Impfschutz bei Kleinkindern

Je häufiger Kleinkinder bis zum Alter von 24 Monaten Antibiotika erhalten, desto geringer fallen die Antikörperlevel ihrer Schutzimpfungen aus. Die Ursache könnte im Darm liegen.
Ein Kleinkind nach der Impfung. Es war nicht Teilnehmer der hier vorgestellten Studie (Symbolbild).

Bei Kleinkindern, die mit Antibiotika behandelt wurden, verringert sich die Schutzwirkung von Impfungen. Dies ergab eine Studie von Timothy J. Chapman vom Rochester General Hospital Research Institute und seinem Team. Als Grund für die geringer ausfallenden Antikörperlevel nennen die Experten das Darmmikrobiom. Offenbar töten die Antibiotika Darmbakterien ab, die sonst das Immunsystem fördern. Spezifisch analysiert wurden die Darmbakterien der Kinder für die Studie, die im Fachmagazin »Pediatrics« erschienen ist, aber nicht.

Die Arbeitsgruppe untersuchte von 560 Kindern Blutproben, die diesen im Alter zwischen 6 und 24 Monaten abgenommen wurden. Die Forscher prüften die Antikörperzahl für mehrere Vakzine, die zu den empfohlenen Kinderimpfungen zählen: Diphtherie, Tetanus, Polio, Keuchhusten, Influenza und Pneumokokken. Ebenso brachten Chapman und sein Team bei den Eltern und aus Krankenakten in Erfahrung, ob und wie häufig den Kleinkindern Antibiotika verabreicht wurden. So hatten 342 der 560 Versuchsteilnehmer einmal oder häufiger Antibiotika genommen. Bei ihnen fielen die Antikörperlevel der Impfungen geringer aus als bei den 218 übrigen Kindern, die bisher keine Antibiotikabehandlung erhalten hatten. Auch die Häufigkeit der Therapie spielte eine Rolle: Je öfter die Kinder bereits Antibiotika eingenommen hatten, desto weniger Antikörper aus der Impfreaktion wiesen sie auf.

Die Ursache könnte im Darm liegen

Gemäß einer Presseaussendung des Science Media Centers sei das Antikörperlevel vor allem bei solchen Kindern unter einem ausreichenden Schutzniveau gelegen, die im Alter zwischen neun und zwölf Monaten mit Antibiotika behandelt wurden.

Es ist schon länger bekannt, dass Antibiotika – die ohne Frage ein unabkömmliches Medikament gegen viele bakterielle Erkrankungen darstellen – auch das Mikrobiom im Darm schädigen können. Ulrich Schaible vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften, der nicht an der neuen Studie beteiligt war, hält die Daten und ihre Auswertung für robust. Er schlägt laut dem Science Media Center vor, dass für Kleinkinder »kürzere Behandlungsschemata entwickelt werden, die auch schon in der kurzen Zeit wirksam sein können, ebenso wie so genannte ›point of care Diagnostika‹, die zeitnah die Antibiotikawirksamkeit anzeigen können, so dass die Gabe verkürzt werden kann«.

Weitere Möglichkeiten, wie man dem Nebeneffekt entgegenwirken kann, zählt Cornelia Gottschick von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auf. Für die Medizinerin sei es denkbar, dass ein verminderter Immunschutz durch eine weitere Impfung ausgeglichen werden kann. Dafür müsste aber sorgfältig der Nutzen zusätzlicher Impfungen abgewogen werden. »Möglicherweise kann eine Einnahme von Probiotika, welche das Darmmikrobiom während einer Antibiotikaeinnahme schützen sollen, den in der Studie beobachteten Effekt reduzieren«, sagt Gottschick laut dem Science Media Center. Dazu seien aber weitere Studien notwendig.

Wie die US-Forscher betonen, sei ihre Arbeit dadurch eingeschränkt, dass die Kinder alle aus einem Ort stammen – der Stadt Rochester im Bundesstaat New York. Zudem hätten nicht regelmäßig Blutproben genommen werden können. Immerhin sei es aber die erste Studie dieser Art überhaupt, die an Kindern und nicht an Erwachsenen oder Versuchstieren durchgeführt wurde.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.