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Arzneimittelrückstände: Antidepressivum macht Vögel lustlos

Medikamente wirken - und das auch noch, wenn sie ausgeschieden werden und mit dem Abwasser in die Umwelt gelangen. Das kann Folgen für Tiere und Pflanzen haben.

Der gegen Depressionen verschriebene Wirkstoff Fluoxetin sollte nicht in größeren Mengen in die Umwelt gelangen, warnen Forscherinnen. Sie hatten beobachtet, dass schon geringste mit dem Futter aufgenommene Mengen das Verhalten von Vögeln drastisch verändern können: Weibliche Stare (Sturnus vulgaris) zeigten dann unter anderem keinerlei Interesse mehr an Balzpartnern.

Die Forscherinnen hatten zuvor ausgerechnet, welche Fluoxetinmengen unter natürlichen Bedingungen überhaupt in Singvögel gelangen könnten. Dazu untersuchten sie unter anderem Regenwürmer, die in abwassergesättigten Böden lebten, und stellten fest, dass in den Würmern rund drei bis fünf Prozent der Fluoxetinkonzentration zu finden sein kann, die nach einer Behandlung auch in Patienten nachweisbar ist. Mit den Würmern reichert sich der Wirkstoff dann im Vogel an.

Unter kontrollierten Bedingungen gaben die Forscherinnen nun im Experiment Staren eine vergleichbare Dosis von Fluoxetin und analysierten deren Verhalten im Vergleich zu nicht behandelten Exemplaren. Neben der Lustlosigkeit hatten die Tiere offensichtlich auch weniger Appetit. Ihre Stimmung – ermittelt in typischen Verhaltensexperimenten, die etwa Angst- und Stressreaktionen messen – änderte sich dagegen wohl nicht, schlussfolgern die Forscher vorsichtig. Es sei aber auch nicht zu erwarten, dass der SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) Fluoxetin im Hirn der Vögel ähnlich arbeite wie im Menschen.

Die Forscherinnen erinnern daran, dass Fluoxetin ein sehr hilfreiches Arzneimittel bei der Behandlung schwer erkrankter Menschen ist; natürlich wollen sie im Licht ihrer Ergebnisse nicht, dass der Einsatz des Wirkstoffs weniger eingesetzt wird. Allerdings sei ihr Fund ein weiterer von zuletzt vielen Belegen dafür, dass die Rückstände von Medikamenten im Abwasser Umweltfolgen haben. Zumindest sollten regelmäßig Proben genommen und untersucht werden, um das Risiko überwachen zu können.

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