Antigen-Tests: Schnell einen Corona-Test zum Fest?
Sich vor den Festtagen noch schnell auf Corona testen, damit sich beim gemeinsamen Feiern auch ganz sicher niemand ansteckt – so manche treibt diese Idee um. Tatsächlich gibt es mittlerweile diverse Sars-CoV-2-Tests. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte listet derzeit rund 200 verfügbare Antigen-Tests, die aktuelle Mindestkriterien erfüllen. Doch so viel sei schon jetzt verraten: Kein Test bietet absolute Sicherheit. Und es ist gar nicht so einfach, sich selbst das Stäbchen weit genug in Mund oder Nase zu schieben.
Wie zuverlässig sind die Corona-Schnelltests? Wenn man sich unbedingt testen lassen will, wann ist der beste Zeitpunkt? Und brauchen Menschen in Medizin und Pflege solche Tests nicht womöglich dringender? Lesen Sie hier die wesentlichen Fragen und Antworten.
Wie funktionieren Antigen-Schnelltests?
Für einen Antigen-Test ist ein Abstrich tief aus der Nase (Nasopharynx) oder dem Rachen (Oropharynx) empfohlen. Dort ist die Viruslast am höchsten, was zu möglichst zuverlässigen Testergebnissen führt. Der genommene Schleim ist dann mit einer Lösung zu mischen, die das Virus aufbricht und spezifische Virusproteine freisetzt. Die Mischung kommt anschließend auf einen Papierstreifen. Dieser enthält einen Antikörper, der an die Proteine bindet. Ein positives Testergebnis kann entweder als fluoreszierendes Leuchten oder als dunkle Bande auf dem Papierstreifen erkannt werden. Nach 15 bis 30 Minuten liegt ein Ergebnis vor.
Was spricht für die Tests?
Antigen-Tests sind viel schneller und billiger als die Goldstandard-Tests, die virale RNA mit der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) nachweisen. Was gut ist, auch wenn es bedenklich klingen mag: Antigen-Tests sind weniger empfindlich als die PCR-Varianten. Das kann von Vorteil sein, denn einige Menschen, die positive PCR-Testergebnisse erhalten, sind zwar infiziert, können das Virus jedoch nicht mehr auf andere Personen übertragen. Antigen-Tests könnten also helfen, besonders ansteckende Leute zu identifizieren.
Der Nachteil: Weil sie nicht so präzise sind, lassen sich mit diesen Schnelltests infektiöse Personen übersehen.
Wie zuverlässig ist ein Abstrich?
Das kommt ganz auf den Test an. Qualitativ hochwertige Schnelltests sind jene, welche möglichst wenig falsch negative und wenig falsch positive Ergebnisse liefern, also solche, die eine hohe Sensitivität von mehr als 90 Prozent und eine hohe Spezifität von mehr als 98 Prozent aufweisen.
Die Qualität der Ergebnisse schwankt je nach Produkt. Das hat beispielsweise die Studie von einem Team der Berliner Charité gezeigt. Sieben Tests haben die Forscherinnen und Forscher untersucht. Fünf der Tests wiesen eine Spezifität zwischen 98 Prozent und 100 Prozent aus. Die beiden anderen Tests nur 94 Prozent und 88 Prozent. Im letzten Fall heißt das: Der Test erkennt nur 88 von 100 Nichtinfektionen als solche. Die anderen zwölf Menschen gelten als Träger des Virus, sind es aber nicht.
Ebenfalls wichtig zu wissen: Wie viele tatsächlich Infizierte erkennen die Tests? Antigen-Tests benötigen relativ viel des zu findenden Proteins, das heißt, sie sind am effektivsten, wenn im Rachen am meisten Virusmaterial ist. Dadurch finden solche Tests zwar zuverlässig die am stärksten betroffenen Personen, doch hat man wenig Virus im Rachen – zum Beispiel wenn der Test zu früh kommt –, ist er womöglich fälschlicherweise negativ. Das kann auch passieren, wenn der Test falsch durchgeführt wird, der Abstrich also zu wenig Material oder vom falschen Ort enthält. Ein falsch negatives Resultat kann auch zu Stande kommen, indem man zu früh abliest. Das heißt, selbst wer kurz vor Weihnachten einen Test macht, kann trotz eines negativen Ergebnisses Familienmitglieder anstecken.
Weit planen lässt sich mit dem Ergebnis zudem nicht. Wegen der gegenüber dem PCR-Test geringeren Sensitivität erfassen Antigen-Tests Infektionen nur in jenem Zeitraum, in dem man am meisten Virus produziert. Das erhöht die Gefahr, dass der Test zu früh kommt: Wer an Heiligabend nicht ansteckend ist, kann das am ersten Weihnachtsfeiertag durchaus sein. Oder an Silvester.
Kann ich einen Antigen-Test selbst machen?
Theoretisch schon, praktisch ist es herausfordernd und laut Verordnung gewissermaßen untersagt. In Deutschland sind die Tests laut Medizinprodukte-Abgabeverordnung nicht für jedermann erlaubt. »Alle zurzeit auf dem Markt befindlichen Antigen-Schnelltests müssen von eingewiesenen Personen angewendet werden, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen«, schreibt auch das Robert Koch-Institut. Der Grund dafür ist, dass sich die Chance eines falsch negativen Tests durch unsachgemäße Anwendung deutlich erhöht.
Für einen Nasopharynx-Abstrich gilt es beispielsweise, das Teststäbchen durch die Nase bis zum Rachenraum auf Höhe vom Ohr zu schieben. Das kostet Überwindung, weil arg unangenehm. So mancher dürfte vorher abbrechen und damit Schleim von weiter vorn sammeln. Das aber verfälscht das Ergebnis.
Brauchen andere die Tests nicht dringender?
Antigen-Schnelltests binden zwar zuerst einmal keine Laborkapazitäten, dennoch können sie womöglich an einigen Stellen zu Engpässen führen. Schließlich müssen in Deutschland ausgebildete Fachkräfte einen solchen Test durchführen – auch um die Wahrscheinlichkeit irreführender Ergebnisse zu verringern.
Die führen aber gleichzeitig auch die PCR-Tests durch, so dass ein großer Andrang auf private Schnelltests vor den Feiertagen die genaueren Labortests beeinträchtigen kann. Und ein zweiter Aspekt könnte zu Problemen führen. Ein positives Ergebnis beim Schnelltest führt automatisch zu einem PCR-Test – denn das Resultat muss mit dem präziseren Test bestätigt werden. Bei sehr vielen Antigen-Tests sei außerdem mit einer hohen Zahl falsch positiver Ergebnisse zu rechnen, besonders wenn der Anteil der tatsächlich Infizierten niedrig ist, schreibt das RKI.
Auf diesem Weg nehmen Antigen-Tests eben doch unter Umständen PCR-Testkapazität ein. Pflegeheime und Krankenhäuser sollen laut der Bundesregierung Antigen-Schnelltests großzügig nutzen, um Personal, Besucher sowie Patienten und Bewohner regelmäßig auf das Coronavirus zu testen. Das ist Ziel der Testverordnung, die am 15. Oktober 2020 in Kraft getreten ist.
Diesen quasi versteckten Kosten steht nur ein begrenzter Nutzen gegenüber. Zum einen bleibt, wie oben beschrieben, selbst bei einem negativen Ergebnis die Gefahr, ansteckend zu sein und den Covid-19-Erreger weiterzugeben. Fest steht auch: Das Coronavirus Sars-Cov-2 ist für ältere Menschen und jene mit Vorerkrankungen weiterhin besonders gefährlich. Wer Weihnachten mit ihnen feiern möchte, sollte sich dem Restrisiko und der damit verbundenen Verantwortung bewusst sein.
Wie wird das Weihnachtsfest möglichst sicher?
Wenn sich so wenig Menschen wie möglich treffen. Wer Eltern und Großeltern nicht missen möchte, sollte sich sieben bis fünf Tage freiwillig in Quarantäne begeben. Die Bundesregierung bittet Bürgerinnen und Bürger eindringlich, Kontakte auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und eine »Schutzwoche« einzuhalten. Das bedeutet auch: die öffentlichen Verkehrsmittel so wenig wie irgend möglich nutzen, volle Supermärkte meiden, Kinder zu Hause betreuen – was die ab dem 16. Dezember geltenden Maßnahmen unterstützen. Ein Schnelltest kann helfen, für kurze Zeit zusätzliche Sicherheit zu geben.
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