Haloperidol: Antipsychotikum lässt Hirn in Rekordzeit schrumpfen
Gegen Schizophrenie, akute psychotische Anfälle oder Halluzinationen hilft oft wenig anderes als die Gabe eines potenten Antipsychotikums. Zu den verbreitetsten zählt Haloperidol, dessen lindernder Effekt aber mit starken Nebenwirkungen erkauft werden muss. Forscher sind nun einer weiteren, völlig unerwarteten Auswirkung des Medikaments auf die Spur gekommen: Innerhalb kürzester Zeit nach dessen Einnahme schrumpft eine Hirnregion, die für die Bewegungssteuerung wichtig ist.
Wie die Wissenschaftler um Studienleiter Andreas Meyer-Lindenberg vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim schreiben, könnte dieser Effekt womöglich erklären, warum Haloperidol-Patienten unter motorischen Störungen leiden. Glücklicherweise sei die Veränderung reversibel: Bereits einen Tag nach der einmaligen Verabreichung des Medikaments war bei den Probanden das betroffene Hirnareal wieder auf seine ursprüngliche Größe angewachsen.
Noch rätseln die Wissenschaftler sowohl über den zellphysiologischen Hintergrund des Größenverlusts als auch über den Grund für dessen rasante Geschwindigkeit. Dass solche Volumenveränderungen in Reaktion auf Umwelteinflüsse auftreten, sei bestens bekannt, immer aber spielten sie sich in Zeiträumen von Wochen oder gar Monaten ab. Das schnelle Auf und Ab im vorliegenden Fall sträubt sich den Forschern zufolge noch gegen eine eindeutige Erklärung.
Der Schrumpfeffekt trat im so genannten Putamen auf, einem Teil des Striatums, wie Meyer-Lindenberg und Team mit Hilfe eines Magnetresonanztomografen feststellten. Ihre sieben gesunden Freiwilligen hatten dabei das Medikament zum ersten Mal eingenommen. Trotzdem war bereits nach wenigen Stunden eine Volumenabnahme des Gehirnteils erkennbar. Sollten die Teilnehmer ihr Reaktionsvermögen unter Beweis stellen, zeigten sich deutliche Defizite – bemerkenswerterweise waren die Bewegungsprobleme umso ausgeprägter, je mehr das Putamen an Volumen verloren hatte.
Dass der Größenverlust auftritt, weil Neurone absterben, halten Meyer-Lindenberg und Kollegen für nahezu ausgeschlossen. Andernfalls könne das Gehirn kaum derart schnell zum Normalzustand zurückkehren. Ebenso unwahrscheinlich sei mangelnde Durchblutung als Ursache, denn die Verabreichung von Haloperidol erhöhe im Allgemeinen den Blutfluss. Die Wissenschaftler tippen daher auf eine Reduktion der Synapsendichte im betroffenen Gebiet.
Diese Erklärung passe zu früheren Beobachtungen der Auswirkungen von Haloperidol auf das Nervensystem. Die Wirksamkeit des Medikaments beruht auf einer Blockade des D2-Dopamin-Rezeptors, eines wichtigen Kanals für neuronale Botenstoffe. Dessen Stilllegung löse schnelle Veränderungen im Genexpressionsmuster aus, so die Forscher: Betroffen sei unter anderem der Wachstumsfaktor BDNF, der wiederum darauf Einfluss nehme, wie sich die Zellen verzweigten und wo und wie viele Synapsen sich bilden. (jd)
Wie die Wissenschaftler um Studienleiter Andreas Meyer-Lindenberg vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim schreiben, könnte dieser Effekt womöglich erklären, warum Haloperidol-Patienten unter motorischen Störungen leiden. Glücklicherweise sei die Veränderung reversibel: Bereits einen Tag nach der einmaligen Verabreichung des Medikaments war bei den Probanden das betroffene Hirnareal wieder auf seine ursprüngliche Größe angewachsen.
Noch rätseln die Wissenschaftler sowohl über den zellphysiologischen Hintergrund des Größenverlusts als auch über den Grund für dessen rasante Geschwindigkeit. Dass solche Volumenveränderungen in Reaktion auf Umwelteinflüsse auftreten, sei bestens bekannt, immer aber spielten sie sich in Zeiträumen von Wochen oder gar Monaten ab. Das schnelle Auf und Ab im vorliegenden Fall sträubt sich den Forschern zufolge noch gegen eine eindeutige Erklärung.
Der Schrumpfeffekt trat im so genannten Putamen auf, einem Teil des Striatums, wie Meyer-Lindenberg und Team mit Hilfe eines Magnetresonanztomografen feststellten. Ihre sieben gesunden Freiwilligen hatten dabei das Medikament zum ersten Mal eingenommen. Trotzdem war bereits nach wenigen Stunden eine Volumenabnahme des Gehirnteils erkennbar. Sollten die Teilnehmer ihr Reaktionsvermögen unter Beweis stellen, zeigten sich deutliche Defizite – bemerkenswerterweise waren die Bewegungsprobleme umso ausgeprägter, je mehr das Putamen an Volumen verloren hatte.
Dass der Größenverlust auftritt, weil Neurone absterben, halten Meyer-Lindenberg und Kollegen für nahezu ausgeschlossen. Andernfalls könne das Gehirn kaum derart schnell zum Normalzustand zurückkehren. Ebenso unwahrscheinlich sei mangelnde Durchblutung als Ursache, denn die Verabreichung von Haloperidol erhöhe im Allgemeinen den Blutfluss. Die Wissenschaftler tippen daher auf eine Reduktion der Synapsendichte im betroffenen Gebiet.
Diese Erklärung passe zu früheren Beobachtungen der Auswirkungen von Haloperidol auf das Nervensystem. Die Wirksamkeit des Medikaments beruht auf einer Blockade des D2-Dopamin-Rezeptors, eines wichtigen Kanals für neuronale Botenstoffe. Dessen Stilllegung löse schnelle Veränderungen im Genexpressionsmuster aus, so die Forscher: Betroffen sei unter anderem der Wachstumsfaktor BDNF, der wiederum darauf Einfluss nehme, wie sich die Zellen verzweigten und wo und wie viele Synapsen sich bilden. (jd)
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