News: Armut in NRW - immer größere soziale Spaltung
Zum Teil bestätigt die neue Untersuchung die Ergebnisse älterer Studien. Unverändert ist zum Beispiel, daß (Langzeit-) Arbeitslosigkeit Armut bedingt, daß Kinder von Armut besonders stark betroffen sind, und daß junge alleinerziehende Mütter eine der ärmsten Gruppen sind. Eine neue Erkenntnis findet sich in dem Aspekt der Kumulation benachteiligter Lebensformen und Lebenslagen: Hier stellt sich eine immer stärkere soziale Spaltung unserer Gesellschaft heraus. Soziale Bindungen, wie der traditionelle Familienzusammenhalt oder die Nachbarschaftshilfe, nehmen immer mehr ab. So sind zum Beispiel alleinerziehende Mütter oft isoliert und können daher nicht auf die Hilfe anderer bei der Kinderbetreuung bauen. Die Armut der Kinder, die seit einiger Zeit großes öffentliches Aufsehen erregt, fußt auf der Misere der Familien, beziehungsweise der "Restfamilien", die nach einer Trennung oder Scheidung übrigbleiben. Hier ist die staatliche Familienpolitik gefordert: Familie und Beruf sind kaum zu vereinbaren. Kinder- und Erziehungsgeld reichen offenbar nicht für ein Auskommen junger Familien. Alleinerziehende Mütter haben es besonders schwer: Auch ihnen mangelt es schon in den ersten Lebensmonaten des Kindes an Geld. Einrichtungen zur Betreuung kleiner Kinder gibt es kaum. Wenn das Kind alt genug ist, im Kindergarten betreut zu werden, scheitert dies oft an den Öffnungszeiten. Diese Situation ist seit den achtziger Jahren unverändert: 40 Prozent aller Kleinkinder berufstätiger Mütter in NRW werden von den Großeltern versorgt. Hier sind Kommunen und der Arbeitgeber zunehmend gefordert.
Am in den siebziger Jahren viel diskutierten Problem der Altersarmut hat sich nichts geändert, und auch Ausländer gehören nach wie vor zu den benachteiligten Gruppen, insbesondere diejenigen, in deren Kultur noch traditionelle Familienmodelle gelebt werden, wo zum Beispiel Kinderreichtum und Einverdienerhaushalte die Regel sind. Insgesamt werten die Wissenschaftler die Ergebnisse der Studie als ein Anzeichen für die Auflösung traditioneller Formen der Solidarität wie Familie, Ehe und Nachbarschaft. Außerdem ist eine Tendenz zur regionalen Polarisierung der Armut und sozialen Ungleichheit festzustellen: Großstädtische Regionen – allen voran das Ruhrgebiet – haben erheblich höhere Armutsquoten als ländliche Räume.
Schaubilder und Statistiken sind in der Studie, die im Internet heruntergeladen werden kann, vorhanden(http://www.ruhr-uni-bochum.de/zefir/).
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 25.8.1999
"Vermögensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 20.1.1999
"Armut im Ruhrgebiet: Kinder in der Krise"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 3.8.1998
"Ab dem zweiten Kind lebt die durchschnittliche Familie in Armut"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 6.2.1998
"Lange Zeit ohne Arbeit"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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