Artemis I: Start der Mondrakete war kilometerweit zu hören
Die Starts von Raketen gehören zu den lautesten hörbaren Geräuschen der Welt. Nur: Wie laut sind sie tatsächlich und wie weit reicht der Schall? Ein Forschungsteam um Kent Gee von der Brigham Young University hat daher die Lautstärke der leistungsstärksten bisher ins All gebrachten Rakete untersucht. Die Trägerrakete SLS der Mondmission Artemis 1 erzeugte bei ihrem Start Mitte November 2022 noch in 1,5 Kilometer Entfernung 136 Dezibel. Das entspricht etwa dem Start eines Düsenjets.
Selbst in 5,2 Kilometer Entfernung von der Startrampe wurden noch 129 Dezibel gemessen, mehr, als eine Kettensäge oder ein Presslufthammer üblicherweise erzeugt, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachjournal »JASA Express Letters« berichten. Der Wert habe damit fast 20 Dezibel über dem in einem Lärmmodell vorhergesagten gelegen. »Das deutet darauf hin, dass die Modelle überprüft und wahrscheinlich überarbeitet werden müssen«, sagt Mitautor Grant Hart von der Brigham Young University in Provo laut einer Pressemitteilung.
Die Trägerrakete SLS verfügt über vier Haupttriebwerke und zwei Feststoff-Booster. Letztere sind den Forschern und Forscherinnen zufolge wohl die Hauptquelle für den Schallpegel des Starts.
Das Forschungsteam hatte während des Starts Lärmmessungen an verschiedenen Orten rund um das Kennedy Space Center vorgenommen. Die Studie soll helfen, die Einflüsse von Raketenstarts auf die Umgebung zu untersuchen. Unklar blieb zunächst, wie laut es direkt an der Startrampe war. Einer früheren Analyse der Brigham Young University zufolge wurden beim Start einer Saturn-V-Rakete an der Rampe einst etwa 203 bis 204 Dezibel erreicht. Das SLS entwickelte am 16. November 2022 13 Prozent mehr Schub als eine Saturn V, wie es in der Pressemitteilung zur aktuellen Analyse heißt.
Kann Schall wirklich Brände verursachen?
Um die Saturn-V-Starts ranken sich diverse Mythen. So gebe es fälschlicherweise Berichte über geschmolzenen Beton und weit entfernte Grasbrände infolge des immensen Schalls. Sollte es solche Vorfälle gegeben haben, seien sie eher auf die Strahlungswärme der Abgasfahne zurückzuführen.
Etwa 125 Dezibel gelten als Grenze, ab der Menschen physische Schmerzen leiden. Das Empfinden von Lautstärke verläuft nicht linear: Experten zufolge fühlen sich zehn Dezibel mehr für Menschen etwa doppelt so laut an. Das nach Aufzeichnungen womöglich lauteste Geräusch, das Menschen je zu hören bekamen, könnte der Ausbruch des Vulkans Krakatau im Jahr 1883 gewesen sein. Die Explosion war damals noch in 3000 Kilometer Entfernung in Perth an der australischen Westküste zu hören. Sie zerstörte den Berg und seine Insel weitgehend und löste einen Tsunami aus, mindestens 36 000 Menschen starben. Der NASA zufolge wurde damals selbst in 160 Kilometer Entfernung noch eine Lautstärke von 180 Dezibel gemessen. Deshalb wird geschätzt, dass der Wert vor Ort bei mehr als 300 Dezibel gelegen hat. (dpa/kas)
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