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Artemis-Programm: Die Rückkehr zum Mond verzögert sich

Bereits im November 2024 sollten erstmals wieder Menschen dem Mond ganz nah kommen – doch »Artemis 2« wird um ein Jahr verschoben. Grund sind Probleme mit Rakete und Raumschiff.
Die SLS-Rakete steht auf der Startrampe
Wegen Problemen mit Rakete und Raumschiff wird die ursprünglich für November 2024 geplante bemannte Mondumrundung mindestens bis September 2025 verschoben. Das teilte die NASA in einer Pressekonferenz mit.

2024 jährt sich Neil Armstrongs großer Schritt für die Menschheit zum 55. Mal. Im Juli 1969 betraten er und Buzz Aldrin die Mondoberfläche. Dabei entstand auch das berühmte Foto des Stiefelabdrucks im Mondstaub, das ins kulturelle Gedächtnis eingemeißelt ist. Wie passend wäre es da gewesen, wenn nach einer so langen Zeit endlich mal wieder Menschen in die Nähe unseres Erdtrabanten gelangt wären. In einer Raumkapsel hätten vier Astronauten – darunter erstmals eine Frau und eine Person of Colour – eine Runde um den Mond drehen sollen. Es wäre die zweite Etappe des neuen Mondprogramms der US-amerikanischen, europäischen, kanadischen und japanischen Raumfahrtbehörden gewesen; ihr Name: Artemis 2.

Doch daraus wird nichts. Das teilte die NASA am 9. Januar in einer Pressekonferenz mit. Wegen Problemen mit Rakete und Raumschiff werde die für November 2024 geplante bemannte Mondumrundung mindestens bis September 2025 verschoben. Die bemannte Mondlandung »Artemis 3« werde sich entsprechend auf September 2026 verschieben. »Artemis 4«, eine weitere geplante Mondlandung, sei nach wie vor für September 2028 anvisiert. »Wir machen da etwas unglaublich Schwieriges«, sagte NASA-Chef Bill Nelson. »Und Sicherheit hat für uns höchste Priorität.« Man wolle den beteiligten Teams mehr Zeit geben, um an den derzeitigen Herausforderungen zu arbeiten. Unter anderem müsse der Hitzeschutzschild der Orion-Kapsel noch überarbeitet werden, hieß es bei der Pressekonferenz. Die US-Astronautin Christina Koch, ihre US-Kollegen Victor Glover und Reid Wiseman und der kanadische Raumfahrer Jeremy Hansen müssen also weiter auf ihren Einsatz warten.

Wie kann es sein, dass ein solches Unterfangen bei einer Wiederholung so viel zeitaufwändiger und schwieriger ist als beim ersten Mal? Das hat zum einen mit einer anderen Sicherheitskultur als noch in den 1960er Jahren zu tun. Die technischen Möglichkeiten sind zwar ungleich größer, aber auch das Risikovermeidungsverhalten. Heute nimmt niemand mehr so leichtfertig Todesfälle in Kauf. Dass 1967 bei einem Test am Boden die drei Astronauten der Mission »Apollo 1« in einer Raumkapsel verbrannten, konnte das damalige Programm als nationales Ziel der USA nicht stoppen. Heute wäre es möglicherweise das Ende des Vorhabens.

»Es ist vernünftig, den Start zu verschieben, wenn man Schwierigkeiten erkennt – insbesondere in der astronautischen Raumfahrt«Jan Wörner, ehemaliger Präsident der ESA

Und zum anderen sind die Strukturen des Artemis-Programms komplexer als die der Apollo-Missionen. Zwar waren auch in den 1960er Jahren rund 20 000 Firmen und Universitäten an der Entwicklung von Rakete, Raumkapsel, Raumanzügen und Landefähre beteiligt. Doch diesmal mischen neben der NASA noch weitere Raumfahrtagenturen mit. Und alle Firmen kommen langsamer voran als erhofft. So absolvierte die von Boeing und Lockheed Martin gebaute Rakete, das Space Launch System (SLS), ihren Erstflug bereits deutlich später als geplant. Und die von Lockheed Martin entwickelte Raumkapsel Orion weist auch noch ein paar Kinderkrankheiten auf. So platzten Teile vom Hitzeschild ab, als sie nach ihrer Premiere im Dezember 2022 wieder in die Erdatmosphäre eintrat. Für die Messgeräte und Plüschtiere an Bord kein größeres Problem – für echte Menschen aber möglicherweise weniger angenehm. Zudem fanden sich in der Verkabelung der Elektronik der Raumkapseln für »Artemis 2« und »Artemis 3« Verschaltungsfehler, die beim Flug zu ernsthaften Ausfällen geführt hätten.

Noch größere Sorgen machen wohl die Raumanzüge des noch jungen Unternehmens Axiom und die Landefähre von Elon Musks Firma SpaceX. So zeigte ein Untersuchungsbericht der NASA, dass die Entwicklung der Anzüge Jahre hinter dem Zeitplan liegt und ein Einsatz vor 2026 nicht realistisch ist. Und die Mondlandefähre, die die Astronauten aus dem Mondorbit auf die Oberfläche bringen soll, ist diesmal nicht so groß wie ein Kleinwagen, sondern bietet bis zu 100 Personen Platz. Es geht um das Starship, das SpaceX gerade noch testet. Bislang hat es das Gefährt, das sich aus dem Booster Super Heavy und dem Starship genannten Raumschiff zusammensetzt, nicht mal in eine Erdumlaufbahn geschafft. Zwei Startversuche endeten zuletzt in Explosionen.

»Es bleibt also spannend«, sagte der frühere Präsident der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA), Jan Wörner, der Deutschen Presse-Agentur. Raumfahrt bleibe anspruchsvoll und potenziell gefährlich. Früher hätte man sich vom so genannten »Space Race« zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion dazu treiben lassen, hohe Risiken einzugehen, aber diese Ära sei vorbei. »Es ist deshalb vernünftig, den Start zu verschieben, wenn man Schwierigkeiten erkennt – insbesondere in der astronautischen Raumfahrt.« Allerdings hat auch China angekündigt, im Jahr 2030 erstmals Menschen auf den Mond bringen zu wollen. Und anders als US-amerikanische Privatfirmen leistet sich die staatliche Raumfahrt in China meist keine großen Verzögerungen. Das neue Wettrennen zum Mond ist also bereits in vollem Gange. Und diesmal geht es nicht nur um ein paar Steine und eine Flagge, sondern um harte Geopolitik. Denn wer es zuerst wieder zu unserem Erdtrabanten schafft, hat möglicherweise auch in anderen Punkten die Nase vorn: etwa bei der dauerhaften Präsenz von Menschen auf dem Mond.

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