Artenschutz: Amphibienpopulationen in der Schweiz erholen sich dank neuer Tümpel
Jedes Jahr sterben bis zu 58 000 Tierarten aus. Die Gründe sind vielfältig: Sie verlieren ihren Lebensraum, verenden an Krankheiten oder giftigen Pestiziden, werden von eingewanderten Arten verdrängt oder leiden unter dem Klimawandel, um nur einige zu nennen. Eine schweizerische Forschungsgruppe um die Ökologin Helen Moor von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und dem Wasserforschungsinstitut Eawag hat in Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz nun in einer Studie gezeigt, dass es zumindest gefährdeten Amphibien nützen kann, wenn man für die Tiere neue Tümpel anlegt, in denen sie sich fortpflanzen können. So erhöht sich einerseits die Zahl der Nachkommen, andererseits sind die Populationen besser vernetzt dank der größeren Teichdichte in der Landschaft. Ihre Ergebnisse hat die Gruppe in der Fachzeitschrift »PNAS« veröffentlicht.
»Auch wenn die Negativmeldungen zum Verlust der Biodiversität überwältigend sein können: Unsere Studie zeigt, dass es sich lohnt, Naturschutzmaßnahmen umzusetzen, und dass sich Populationen wieder erholen können«, sagt Helen Moor laut einer Mitteilung der WSL. Die Daten zur Studie stammen aus dem Kanton Aargau. Hier wurden innerhalb von 20 Jahren mehr als 400 neue Tümpel und Teiche geschaffen. Die Amphibien besiedelten die neuen Gewässer, die Bestände von zehn der zwölf gefährdeten Arten – darunter die Gemeine Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), die Gelbbauchunke (Bombina variegata) und der Nördliche Kammmolch (Triturus cristatus) – nahmen bis 2019 zu. Die Population des Europäischen Laubfrosches (Hyla arborea) »explodierte« gar. »Wir waren erstaunt über das deutliche Resultat«, sagt Moor, »gerade im Hinblick darauf, dass ja die anderen Bedrohungen zwischenzeitlich nicht abgenommen haben.«
Seit 1999 werden im Kanton Aargau die Amphibienbestände mit einem Monitoringprogramm entlang der fünf großen Flusstäler überwacht. Größtenteils erheben Freiwillige die Daten. Die Forschenden des WSL geben sie in ein komplexes statistisches Modell ein, das einerseits die Fehler ausgleicht, die beim Beobachten entstehen, und andererseits die Veränderung in der Besetzung der Teiche vorhersagt. Dabei zeigte sich: Je größer ein neu angelegter Teich war, desto höher war die Chance, dass er besiedelt wurde. Die Nähe zum Wald und zu anderen Tümpeln waren ebenfalls Kriterien, die eine Besiedelung förderten.
In 77 Prozent der 43 bekannten Metapopulationen konnten neu geschaffene Teiche die Art stabilisieren (14 Prozent) oder sogar die Individuenzahl erhöhen (63 Prozent). Eine Art jedoch profitierte bislang nicht von den Erhaltungsmaßnahmen: die Kreuzkröte (Epidalea calamita). Sie bevorzugt sehr große, temporär überschwemmte Flächen im Offenland mit schwankendem Wasserstand. »Die Art hat spezifische Ansprüche an ihren Lebensraum, diese müssen beim Teichbau entsprechend berücksichtigt werden«, sagt Moor. Das sei bislang im Kanton Aargau offenbar noch nicht gelungen.
Die Wissenschaftler um Helen Moor hoffen nun, dass diese Methode weltweit auf Interesse stößt und Anwendung findet, da der Bau von Teichen »einfach und effektiv ist«. Moor: »Über kurz oder lang ist jeder neu angelegte Teich für Amphibien wertvoll.«
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.