Artenschutzabkommen CITES: Der Jumbo-Kuhhandel
»Hier hat jemand ernsthaft Geld ausgegeben«, sagt John Grobler. Das Bollwerk erinnerte ihn an ein traditionelles afrikanisches Gehöft, doch es wurde mit Bulldozern aus dem Boden gestampft. Ein sechs Meter hoher Wall ragte nun in die Landschaft unweit der Ortschaft Gobabis, darauf standen Elektrozäune. Wie gemacht, um die geheimnisvollen Insassen am Ausbrechen zu hindern. Und wie gemacht, um neugierige Blicke von außen abzuhalten.
Grobler muss es wissen: Als der namibische Journalist am 12. Februar dieses Jahres doch einen Blick ins Innere riskiert und eine Kameradrohne über dem Areal aufsteigen lässt, wird er kurz darauf an einer Tankstelle von Polizisten umstellt und für einige Stunden in Gewahrsam genommen, die Drohne konfisziert. Ganz offensichtlich hat der Besitzer der 25-Hektar-Anlage, Gerrie Odendaal von der Jagdfarm Gohunting Namibia, etwas gegen solche unangemeldeten Überflüge.
Inzwischen ist Grobler wieder auf freiem Fuß und kann die Luftaufnahmen ausgiebig betrachten. Gerade noch rechtzeitig hatte er sie auf einen Cloudserver hochgeladen. Sie zeigen 22 nervöse und verängstigte Wildelefanten, bereit für den Abtransport außer Landes. Und mehr noch: Einige Kühe waren offenbar trächtig, als sie eingefangen wurden. »Es gab Geburten«, sagt Grobler, »zwei Kälber sehen auf dem Video so winzig aus, dass ich mich frage, ob es Frühgeburten waren, verursacht durch den Stress ihrer Mütter.« Die meisten der Tiere sind weiblich. »Käufer wollen keine Bullen, vor allem nicht die Zoos.«
Als Journalist hat sich Grobler auf die Schnittstelle zwischen organisiertem Verbrechen und der Ausbeutung afrikanischer Ressourcen spezialisiert. Seine Recherchen über die Verbindungen zwischen Mafia und namibischen Diamanthandel brachten ihm 2008 den Afrikanischen Medienpreis des Senders CNN ein. Seine jüngsten Ermittlungen drehen sich um eine andere Ressource: Elefanten.
Doch was wirkt wie der Auftakt zu einem Krimi über Wildtierschmuggel, ist in Wahrheit gar keiner: Den Verkauf der Elefanten fädelte die namibische Regierung höchst selbst ein. Sie schrieb ihn sogar offiziell aus.
CITES reguliert, was wie gehandelt werden darf
Wer der Sache nachgeht, landet unweigerlich in einem Dickicht aus einander widerstreitenden Interessen, internationalen Finanzströmen und Lobbyarbeit an allerhöchster Stelle, dem Washingtoner Artenschutzabkommen, kurz CITES. Es ist eine Welt, in der es keine einfachen Antworten gibt.
CITES ist der entscheidende Dreh- und Angelpunkt bei allen Fragen rund um den internationalen Handel mit bedrohten Wildtieren und Pflanzen. Was auf den Megakonferenzen der Vertragsstaaten beschlossen wird, entscheidet über das Schicksal ganzer Tierpopulationen, aber auch über den finanziellen Erfolg vor allem afrikanischer Staaten. Die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen) trat 1975 in Kraft und dominiert seitdem den Artenschutz, wenn auch weitgehend unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit.
Ihre Grundlogik: Je größer die Gefährdung einer Art, desto stärker sollen Im- und Exporte beschränkt werden. So gut wie nie aber ist der grenzüberschreitende Handel vollständig verboten. Dazu führt CITES zwei Listen, genannt Anhänge. Auf Anhang I stehen rund 1000 besonders streng geschützte Arten, darunter 325 Säugetiere. Auf Anhang II mehr als 5000 Tier- und 32 000 Pflanzenarten, die weniger streng geschützt sind.
Afrikanische Elefanten aber stehen auf beiden gleichzeitig, je nachdem, in welchem Land sie leben. Und das eröffnet der namibischen Regierung ein Schlupfloch, das offenbar groß genug ist, um sogar Dickhäuter völlig legal außer Landes zu schaffen, zumindest nach ihrer eigenen eigenwilligen Interpretation der Regeln.
Wenn CITES streitet, dann heftig
Wie die Elefanten auf beide Anhänge gleichzeitig geraten konnten, ist ein Musterbeispiel für die Umstände, unter denen bei CITES Politik gemacht wird. Alle drei Jahren finden sich die Delegationen der Unterzeichnerstaaten zu den Konferenzen ein. Derzeit läuft die heiße Phase der Vorbereitung auf das Event im November 2022: Die CoP19 (19th Conference of the Parties) findet dann in Panama statt.
»CITES befasst sich inzwischen mit über 38 000 Arten. Entscheidungen über die meisten von ihnen werden auf diesen Konferenzen per Konsens getroffen«, sagt John Scanlon, der von 2010 bis 2018 CITES-Generalsekretär war. »Nur bei Kontroversen geht es in eine Abstimmung – das ist vor allem bei Elefanten und Nashörnern der Fall sowie bei Tieren, die als Jagdtrophäen beliebt sind, oder Arten, bei denen die Fischerei eine Rolle spielt.« Bei solchen oft sehr umkämpften Abstimmungen wird für eine Änderung eine Zweidrittelmehrheit benötigt.
Mit Zweidrittelmehrheit wurde auch jene Regelung beschlossen, die Namibia den Verkauf seiner Elefanten eigentlich hätte verbieten sollen. Darin wurde festgelegt, dass jene Elefanten, die auf Anhang II stehen, also auch die namibischen, nur noch dahin verkauft werden dürfen, wo sie bereits wild leben. Doch kurze Zeit später, im Dezember 2020, leierte das Umweltministerium den Verkauf von insgesamt 170 Tieren per Ausschreibung in einer Tageszeitung an. Begründung: »Auf Grund einer Dürre und der zunehmenden Zahl von Elefanten in dieser Region und in Anbetracht von Zusammenstößen zwischen Tier und Mensch, ist es notwendig, die Populationen zu verkleinern.« Für 57 der 170 Tiere hat die Regierung Käufer gefunden.
In einem offenen Brief wandten sich 60 bekannte Tierschützer und Naturwissenschaftler an die namibische Regierung und warfen ihr vor, gegen internationales Recht zu verstoßen.
Doch das ist Auslegungssache. Namibia scheint sich auf eine Rückfallklausel in den CITES-Bestimmungen zu berufen, die es erlaubt, den Export unter den Regeln von Anhang I durchzuführen. Diese Rückfallklausel sollte eigentlich gewährleisten, dass im Zweifelsfall noch härtere Auflagen gelten. Namibia aber legt sie anders aus – so dass sie einen nicht kommerziellen Export auch außerhalb der Verbreitungsgebiete erlaubt, zum Beispiel an Zoos.
Von Namibia in die Emirate
Und solche sind auch in diesem Fall die Abnehmer. Inzwischen hat die namibische Regierung bestätigt, dass die 22 Tiere, die Grobler aus der Luft filmte, am 5. März nach Dubai transportiert worden sind. Der Schweizer Tierschutzaktivist und Dokumentarfilmer Karl Ammann besitzt nach eigenen Angaben CITES-Dokumente, die den Al-Ain-Zoo in Abu Dhabi und den neuen Sharjah-Safari-Park in Dubai als Ziel der Elefanten nennen.
Beides sicher keine Verbreitungsgebiete wild lebender Elefanten. »Schon 2012 und 2013 hat Namibia Elefanten nach Mexiko und Kuba unter Anhang I geliefert«, schreiben der Artenschutzbiologe Keith Lindsay und der Umweltjournalist Adam Cruise in einem Onlinebeitrag: Auch wenn die Zoos für Elefanten kräftig bezahlen würden, seien sie laut CITES formal Bildungseinrichtungen und somit nicht kommerziell.
Die CITES-Exekutive selbst hat offenbar noch keine Veranlassung gesehen, diesen Kniff, der nach Auffassung vieler Fachleute dem Geist der Bestimmung zuwiderläuft, zu überprüfen oder gar anzufechten. Die auf Umweltrecht spezialisierte Anwaltskanzlei Cullinan & Associates in Kapstadt kommt zu dem Schluss, dass es für Namibia unter gängigen CITES-Regularieren schlicht nicht zulässig sei, lebende Elefanten außerhalb ihres natürlichen Lebensraums zu exportieren, und zwar weder unter Anhang II noch unter Anhang I.
Auch das Ständige CITES-Komitee, das zwei Tage nach dem Verkauf in Lyon zur jährlichen Sitzung zusammenkam, reagierte verhalten. Bedenken an der Legalität wurden zur Kenntnis genommen und der Vertragsstaatenkonferenz im November zur Überprüfung aufgetragen. Namibia hatte mit dem Transport nach Dubai ohnehin bereits Fakten geschaffen – gerade noch rechtzeitig vor dem Meeting des Komitees, wie einige Teilnehmer argwöhnten.
Wer bestimmt, wie man Arten schützt?
In Wahrheit sehen sich Länder wie Namibia durch CITES und vergleichbare Regelwerke zusehends gegängelt und in ihrer nationalen Souveränität beschnitten. Ein Manöver wie der Verkauf unter Rückfall auf Anhang I gilt ihnen darum als Notwehr gegen eine bevormundend wahrgenommene Naturschutzpolitik aus der nördlichen Hemisphäre.
In Namibia leben je nach Schätzung um die 20 000 Elefanten. Das ist zwar nur ein kleiner Teil der insgesamt rund 250 000 Elefanten im südlichen Afrika, aber genug, um von einer gesunden Population zu sprechen. Macht es der Artenschutz wirklich unabdingbar, dem Land den Verkauf von drei Dutzend Tieren zu untersagen? Zumal von solchen, die anscheinend Schwierigkeiten machen?
Von einem »potemkinschen Artenschutzmodell« spricht Grobler, wenn man ihn auf dieses Argument anspricht. Die Schwere des Konflikts und die Elefantenzahlen würden aus Prinzip übertrieben, besonders auch die Größe der Herden, um das primär kommerzielle Interesse am Verkauf zu vertuschen, sagt er: »2020 wurde von der Regierung nur ein Fall eines Konflikts zwischen Mensch und Elefant dokumentiert, gleichzeitig aber Schäden an 3346 Hektar Farmland. Durch diesen einzigen Fall?«
Jeder CITES-Regelung gehen jahrelange Verhandlungen voraus, die sich auf wissenschaftlichen Input der Weltnaturschutzunion IUCN sowie auf die Analysen der Organisation Traffic stützen. An deren Gutachten schreiben IUCN und World Wildlife Fund (WWF) gemeinsam. Expertinnen und Experten für die jeweilige Tierart schlüsseln möglichst genau auf, welche Auswirkungen der Handel hat und welche Änderungen sich durch eine Listung in einem der Anhänge ergeben würden. Verbindlich sind diese Einschätzungen aber nicht. Und auch nicht unangreifbar, wie etwa der erbittert ausgetragene Streit um die Listung von Giraffen belegt. Am Ende sind die stimmberechtigten Mitglieder frei in ihrer Entscheidung.
»Beobachter« mischen die Konferenzen auf
Votieren dürften auf den Konferenzen zwar nur die 184 Unterzeichner – insgesamt 183 Staaten und die Europäische Union, die ihre 27 Stimmen zu einem einheitlichen Votum bündelt und damit erheblichen Einfluss entfaltet. Allerdings nehmen an den CoPs nicht nur die Vertragsstaaten teil, sondern auch so genannte Beobachter. »Das sind Tierwohl- und Umweltschutzorganisationen und andere NGOs, aber auch die Privatwirtschaft wie zum Beispiel Trophäenjagdanbieter, Industrievereinigungen oder indigene Minderheiten, die zum Beispiel von der Jagd oder der Nutzung einer bestimmten Art leben«, erläutert der ehemalige CITES-Generalsekretär Scanlon.
Anträge einbringen oder gar abstimmen dürfen diese stets wachsenden Beobachtergruppen freilich nicht. Manchmal reicht es aber schon aus, sich Gehör zu verschaffen, etwa durch die Ausrichtung von Nebenevents oder Redezeit im Plenum. Das macht die Teilnahme attraktiv, trotz der hohen Hürden: Die Beobachter müssen für jede CoP aufs Neue bei der Regierung des Landes, in dem sie registriert sind, eine Bescheinigung beantragen, dass ihre Anwesenheit zu den anstehenden Diskussionen relevante Informationen beitragen kann. Solche Zulassungen unterliegen außerdem einer hohen Gebühr.
»Ein solcher Lobbyismus ist ein großes Problem für uns«Patience Gandiwa, Umweltbehörde Simbabwe
»Diese Konferenzen zu besuchen, ist sehr teuer, und niemand reist dorthin, ohne einen Plan zu haben, was erreicht werden soll und wie dies zu erreichen ist«, sagt Teresa Telecky, die bei der Tierwohlorganisation Humane Society International (HSI) eine Führungsrolle innehat. Mehr Einfluss verspricht die Strategie, die Delegation eines Vertragsstaates von einer Kampagne zu überzeugen und zum Sprachrohr für die eigenen Botschaften zu machen – und genau an dieser Praktik entzündet sich der Streit.
»Ein solcher Lobbyismus ist ein großes Problem für uns«, sagt Patience Gandiwa, Direktorin für internationale Artenschutzangelegenheiten bei den Umweltbehörden Simbabwes. Besonders westliche Tierwohlorganisationen würden die Stimmen kleinerer und schwächerer Staaten regelrecht kapern. »Sie unterstützen deren oft stark unterfinanzierte Umweltprogramme«, sagt Gandiwa. Schritt für Schritt werde das Umweltprogramm einer NGO dann zum Umweltprogramm des entsprechenden Landes und die CITES-Politik dieser Nation in die gewünschte Richtung gelenkt.
Bei der vergangenen CoP18 in Genf, auf der auch die härteren Regeln für die Elefanten beschlossen wurden, mussten Gandiwa und ihre Kollegen aus den Staaten des südlichen Afrika eine Abstimmungsniederlage nach der anderen hinnehmen.
»If it pays it stays«
16 südafrikanische Länder haben sich zur Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) zusammengeschlossen und repräsentieren nun rund 300 Millionen Einwohner. Sie eint unter anderem der Unmut darüber, dass ihre eigene Philosophie beim Artenschutz auf so viel Ablehnung stößt. »If it pays it stays« lautet bei ihnen ein geflügeltes Wort. Was sich bezahlt macht – durch Tourismus, Handel oder Jagd –, das darf bleiben. Wer soll sonst für den Schutz der Tiere aufkommen, wer entschädigt die Dorfgemeinschaften, denen die Ernte von einer Elefantenherde zerstört wurde? »Südafrika, Botswana, Namibia und teilweise auch Simbabwe haben eine solche nachhaltige Verwertung durch Dorfprojekte, die auch Trophäenjagd anbieten, relativ gut verwaltet, aber es gibt auch Negativbesipiele«, sagt Colman O'Criodain, der bei CITES-Konferenzen die Standpunkte des WWF vertritt.
Dem steht eine Philosophie entgegen, der zufolge ein humaner und moderner Umweltschutz auch immer das Wohl von individuellen Teilen des Ökosystems beherzigen sollte. Zumal die Langzeitfolgen von Eingriffen – wie einem Verkauf oder einem Abschuss – nicht immer erkennbar seien. Tierwohlorientierte NGOs wie Born Free oder HSI lehnen beispielsweise die Trophäenjagd aus Prinzip ab, mag sie den Artenschutzprogrammen noch so viel Geld einbringen. Denn: Geht es dem konsumfinanzierten Artenschutz wirklich um den Erhalt eines intakten Ganzen um seiner selbst willen? Was, wenn eine Tierart nicht mehr den benötigten Profit abwirft?
»Ich höre auf den Konferenzen solche Vorwürfe seit 30 Jahren«Teresa Telecky, Artenschützerin
Lautstarkes Klagen als Strategie
Auch im November in Panama werden die beiden Ansichten wieder auf offener Bühne kollidieren. Zumal der Süden Afrikas nicht zwangsläufig für den Rest des Kontinents spricht. Afrikanische und europäische Forscher, die weiter nördlich tätig sind, wehrten sich beispielsweise in einem 2020 erschienenen Kommentar im Fachblatt »Nature« gegen diese Vereinnahmung aus dem Süden, die einen »falschen Eindruck von Panafrikanismus« erwecke. Im Osten, Westen und dem Zentrum des Kontinents ist der Tierbestand oft viel geringer und das verwertungsorientierte Kredo der SADC-Staaten völlig unanwendbar.
Hinter den Lobbyismusvorwürfen vermuten die NGOs ihrerseits eine Strategie der SADC-Länder. »Ich höre auf den Konferenzen solche Vorwürfe seit 30 Jahren, seitdem die Elefanten auf Anhang I kamen«, sagt HSI-Mitglied Telecky. Mehrfach seien daraufhin »ausnahmsweise« Elfenbeinauktionen gestattet worden und die Elefanten mancher Länder landeten auf Anhang II, alles um die SADC-Staaten in ihrem Zorn über angebliche Verschwörungen zu beschwichtigen, sagt Telecky: »Nachdem sie dann gesehen haben, dass so etwas funktioniert, machen sie das nun jedes Mal, wenn sie nicht ihren Willen bekommen.« Auch dass die Zusatzklausel mit dem Schlupfloch so uneindeutig formuliert ist, könnte so ein Zugeständnis sein, sagen Experten.
Colman O'Criodain, dessen WWF sich traditionell nicht unbedingt im Lager der strikten Tierwohl-Organisationen sieht, findet ebenfalls Indizien für ein strategisches Handeln der SADC-Staaten: »Was uns auffiel, war, dass diese Staaten im Vorfeld von CoP18 überhaupt nicht für ihre Anträge geworben hatten oder Konzepte vorstellten, wie diese zu realisieren seien«, sagt der CITES-Veteran. Das erwecke den Verdacht, dass die Niederlage einkalkuliert wurde, »um sich anschließend medienwirksam beschweren zu können«. Dabei gehe es auch um politisches Kapital in den Heimatländern. »Es gibt für diese Regierungen eine politische Notwendigkeit, solche Anträge zu stellen«, sagt O'Criodain. Wer einer internationalen Konvention beitrete, gebe nun einmal ein Stück nationale Souveränität auf. Das sei Wählern nicht immer zu vermitteln.
Die Artenschutzkonferenz büßt immer mehr Handlungsfähigkeit ein
Sollte man gemäß dem Vorsorgeprinzip im Zweifel lieber mehr Arten auf die Anhänge setzen als zu wenige, wie Terecky fordert? Auch das sei nicht gesagt, findet Michael 't Sas-Rolfes, Experte für den internationalen Handel mit Tierprodukten an der University of Oxford und weist auf unbeabsichtigte Nebenwirkungen hin: »Was, wenn der Handel einer Art hilft? Was, wenn Handelsverbote ökonomische Effekte auslösen, die der Art schaden?« Die 1990 in Kraft getretenen Handelsbeschränkungen für Elfenbein gelten als Erfolgsgeschichte, die für den Handel mit Nashorn nicht unbedingt. Seit ihrer Verabschiedung im Jahr 1977 ist der Schwarzmarktpreis für das Horn um den Faktor zehn in die Höhe geschnellt. Das macht sie für Wilderer nur umso attraktiver und könnte in Summe den Tieren mehr schaden als nützen. Ursache und Wirkung lassen sich in solchen Fällen allerdings nur schwer voneinander trennen.
Einig ist man sich vor allem darin, dass die CoPs zu wahren Mammutevents geworden sind. »Gegenüber meiner ersten Konferenz hat sich die Agenda um rund 70 Prozent verlängert«, sagt O'Criodain. Für immer mehr Arten wird die Aufnahme beantragt, aber dann findet sich häufig kein Sponsor, der die nötigen Gutachten bezahlt. »Das verdeutlicht den immer größer werdenden Spagat zwischen den Ambitionen von CITES und der Bereitschaft seiner Mitglieder, diese zu finanzieren«, sagt der WWF-Experte.
Auch die Umsetzung der Regeln hat systematische Schwächen: Eine Ausfuhrgenehmigung erteilen CITES-Beamten, die dem Ursprungsland angehören. In Zweifelsfällen geraten sie in den Konflikt zwischen der Loyalität zu ihrem Staat und der zum Vertragswerk.
»CITES ist Teil des Problems geworden«, findet gar der Schweizer Tierschutzaktivist und Dokumentarfilmer Ammann. Das Sekretariat wirke auf ihn immer weniger handlungsfähig oder -willig, um gegen schwarze Schafe vorzugehen. »Lieber erlauben sie die Ausnutzung jedes Schlupflochs, das man sich ausdenken kann.« So wie nun im Fall der Elefanten, die jetzt in Dubai landeten.
Am Ende reagiert Namibia doch
Eine Elefantenkuh ist nach Angaben der namibischen Regierung nach dem Flug in schlechter Verfassung. Nach den Regeln der Internationalen Luftverkehrsvereinigung IATA, auf dessen Einhaltung CITES eigentlich selbst pocht, dürfen trächtige Tiere im letzten Drittel der Tragzeit gar nicht mehr in ein Flugzeug geladen werden. Und auch für die neugeborenen Kälber ist ein solcher Transport extrem belastend, wenn nicht gar tödlich.
Lange hatte das Ministerium keine Auskunft zum Zielland der Elefanten gegeben, wohl aber zu einer aufschlussreichen Zahl: 5,9 Millionen Namibia-Dollar, knapp 350 000 Euro, habe die Auktion eingebracht. Nach Einschätzung von Experten ist das aber nur der Betrag, der an das Umweltministerium gehe. »Ich schätze, dass der ganze Deal etwa 50 Millionen Namibia-Dollar (knapp drei Millionen Euro) bewegt. Der Rest fließt an zwielichtige Mittelsmänner und südafrikanische Wildauktionatoren«, sagt Grobler. Ob mit, ohne oder gegen CITES: Vom Wildtierhandel, so scheint es, profitieren selten die Richtigen.
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