Biodiversität: Artensterben beschleunigt sich
Die Rote Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten der Erde wuchs auch während der letzten zwölf Monate stark an und umfasst nun mehr als 16 000 Spezies – darunter auch erstmals den Eisbär (Ursus maritimus) und das Nil- oder Flusspferd (Hippopotamus amphibius).
Es gibt allerdings auch einige wenige gute Nachrichten: Seit dem Jahr 2004 wuchsen etwa die Bestände verschiedener seltener Vogelarten wie die des Graufuß-Tölpels (Sula abbotti) wieder an.
Innerhalb eines Jahres stieg die Anzahl gefährdeter Tiere und Pflanzen damit um 500 Arten, wie die internationale Naturschutzorganisation IUCN der Vereinten Nationen in einer Veröffentlichung bekannt gibt. Mittlerweile gelten ein Drittel aller Amphibien, ein Viertel der Säugetiere und Nadelbäume, jede zehnte Vogelart, die Hälfte aller Süßwasserschildkröten und mindestens zwanzig Prozent der vorhandenen Hai- und Rochenspezies in irgendeiner Form global vom Aussterben bedroht. Weitere 720 Tier- und Pflanzenvertreter rangieren sogar bereits in der Kategorie "Ausgestorben" und 65 als "in freier Natur ausgestorben". Mehr als ein Drittel aller untersuchten Spezies fanden Eingang in die Rote Liste.
Neu in der Liste taucht nun der Eisbär auf, dem die zunehmende Erwärmung der Arktis – seines einzigen Lebensraums – zusetzt. Der Rückgang des Meereises verringert seinen Jagderfolg und damit ebenso die Nachwuchsrate; Wissenschaftler prognostizieren deshalb einen Bestandsrückgang des größten Landraubtiers um mindestens ein Drittel in den kommenden Jahrzehnten. Ebenfalls gefährdet ist jetzt auch das Nilpferd, dem vor allem in der Demokratischen Republik Kongo (vormals Zaire) massive Wilderei wegen seines Fleischs und der Zähne für den Elfenbeinhandel zusetzen. Mehr als 95 Prozent des einst 30 000 Tiere umfassenden Bestands wurden deswegen geschossen. Der Yangtse-Flussdelfin oder Baiji (Lipotes vexillifer) könnte in der Zwischenzeit womöglich gänzlich ausgestorben sein – eine Suche nach den letzten Exemplaren während des letzten Monats erbrachte keinen einzigen Nachweis mehr.
Die Liste nimmt allerdings auch deshalb zu, weil manche Wirbeltiergruppen besser untersucht werden. So fanden wesentlich mehr Haie und Rochen Eingang in die Erfassung als zuvor, weil Wissenschaftler gezielt die Bestände der Tiere erforschten. Auch Europa ist davon betroffen, denn Überfischung und – im weltweiten Kontext – die teils illegale Jagd nach den in Asien begehrten Haifischflossen ließen manche Populationen der Fische regelrecht zusammenbrechen. Der Atlantische Engelshai (Squatina dumeril) etwa gilt in der Nordsee jetzt als ausgestorben, der Glattrochen (Raja batis) als vom Aussterben bedroht. Beide wurden gerne im Fischhandel verkauft.
Eine intensivere Betrachtung von Süßwasserfischen und Pflanzen des Mittelmeerraums erbrachte außerdem, dass mehr als die Hälfte der nur dort heimischen Fische durch Wasserverschmutzung und Baumaßnahmen in Bedrängnis gebracht werden. Und viele endemische Pflanzenarten leiden unter Überweidung, industrieller Landwirtschaft sowie dem Massentourismus und seinen Folgen. Auch Regionen, die bislang dem menschlichen Einfluss eher entzogen schienen – wie Wüsten –, entleeren sich in steigendem Ausmaß: Verschiedene in Wüsten und Steppen heimische Antilopenarten werden durch Trophäenjagd an den Rand des Aussterbens getrieben.
Zu den Hauptursachen des Artensterbens zählen Überjagung und -fischung, Lebensraumzerstörung, eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten sowie Umweltverschmutzung. Zunehmend negativen Einfluss hat allerdings auch der Klimawandel, der die Anpassungsfähigkeit vieler Pflanzen- und Tierarten überfordert.
Es gibt allerdings auch einige wenige gute Nachrichten: Seit dem Jahr 2004 wuchsen etwa die Bestände verschiedener seltener Vogelarten wie die des Graufuß-Tölpels (Sula abbotti) wieder an.
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