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Artenvielfalt: Bäume stärker bedroht als Tiere

Weltweit gibt es mehr Baum- als Landwirbeltierarten. Doch ihre Vielfalt droht drastisch zu schrumpfen. Auslöser ist vor allem die Landwirtschaft.
Abholzung in Amazonien

Bislang kennt die Wissenschaft mehr als 60 000 Baumarten; und dutzende werden jedes Jahr neu beschrieben. Vor allem in den tropischen Berg- und Tieflandregenwäldern verbergen sich noch unbekannte Baumspezies. Doch ihre Vielfalt ist global bedroht, wie der neue »State of the World’s Trees Report« der Vereinigung Botanic Gardens Conservation International zusammenfasst: Ein Drittel der Baumarten ist demnach im Fortbestand bedroht, wobei die Zahl auch noch größer ausfallen könnte. Von vielen Gewächsen kenne man die Bestandsgrößen nicht, weil sie in von Botanikern nur selten besuchten Regionen wachsen. Nur etwas mehr als 40 Prozent weisen eine als sicher geltende Population auf.

Damit ist die Zahl bedrohter Bäume höher als die der meisten Wirbeltiergruppen. Der höchste Anteil an gefährdeten Arten befindet sich auf Inseln wie St. Helena, Madagaskar oder Mauritius, wo mehr als 50 Prozent der hier vorkommenden Baumspezies vom Aussterben bedroht sind. Die Situation sieht aber auch auf den Kontinenten teilweise schlecht aus. In Brasilien und China gelten ein Fünftel der Arten als bedroht, in Malaysia ein Viertel – darunter bekannte Vertreter wie Rosenholz oder Mahagoni. Von 440 Arten kennt man sogar so wenige Exemplare, dass sie akut als vom Aussterben bedroht gelten, etwa die Mulanje-Zeder in Malawi, Karomia gigas in Tansania, von dem man 2015 nur noch sechs Stück ausfindig machen konnte, oder Sorbus arvonensis mit 30 wild wachsenden Individuen im nördlichen Wales.

Zu den Hauptgründen, warum die Bäume schwinden, gehören Ackerbau und Viehzucht, die in mehr als 40 Prozent der Fälle zumindest zum Rückgang mit beitragen. Das gilt vor allem für die tropischen Regen- und Bergwälder, die besonders artenreich sind und gleichzeitig stark abgeholzt werden. An zweiter Stelle folgt mit 27 Prozent die Abholzung durch forstwirtschaftlichen Raubbau. Das betrifft neben Mahagoni und Rosenholz unter anderem die Familie der Dipterocarpaceen in Südostasien. Feuer oder Klimawandel folgen dagegen erst später. Allerdings betonen die Beteiligten, dass die Auswirkungen der Erderwärmung auf Feuerfrequenzen oder die Verlagerung landwirtschaftlicher Flächen dabei nicht berücksichtigt werden konnten.

Angesichts der weltweiten Zerstörung von Ökosystemen dürfte die Zahl der bedrohten Baumarten zukünftig rasch wachsen. So existieren in Amazonien mindestens 11 676 Baumarten, gleichzeitig schrumpfen die dortigen Ökosysteme wieder mit zunehmender Geschwindigkeit. Angesichts der fortschreitenden Erosion der Artenvielfalt fordern die am Report beteiligten Wissenschaftler eine rasche und deutliche Ausweitung von Naturschutzgebieten.

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