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Artenvielfalt: Eine Billion Mikroorganismen in jedem Baumstamm

Von wegen totes Holz: Eine Untersuchung fördert eine unbekannte Vielfalt an Bakterien und Co in Baumstämmen ans Licht.
Ein hellbrauner Pilz wächst aus der dunkelbraunen Rinde eines Baumes, im Umfeld wuchert auch dunkelgrünes Moos
Nicht alle Bewohner von Baumstämmen sind so offensichtlich wie dieser Pilz und die Moose.

Weltweit existieren zirka 73 000 Baumarten, von denen um 2015 mindestens drei Billionen Individuen wuchsen. Und jeder dieser Bäume trägt durchschnittlich eine Billion Mikroorganismen in sich. Auf diese ungeheure Zahl kommen Wyatt Arnold von der Yale University und sein Team in einer noch nicht von Fachleuten begutachteten Studie auf dem Preprint-Server »bioRxiv«. Viele davon gehören zu bislang unbekannten Arten.

Das Team beprobte für die Studie knapp 160 lebende Bäume aus 15 Arten in einem nordamerikanischen Mischwald. Neben den Holzbohrkernen zogen die Wissenschaftler auch Material aus dem Boden rund um die Gewächse und extrahierten daraus jeweils die DNA, die sie dann wiederum an ein Labor zur Sequenzierung wichtiger Markergene schickten. Danach verglichen sie diese Daten mit Sequenzen von bekannten Mikrobenarten.

Um eine grobe Schätzung der Anzahl der prokaryotischen Mikroben, also Bakterien und Archaeen, in einem typischen Baum zu bekommen, bestimmte die Arbeitsgruppe, wie häufig sie ungefähr in einem Gramm Holz der Bohrkerne vorkamen und multiplizierte dies mit dem durchschnittlichen Gewicht eines ausgewachsenen Baumes. Allein für diese Mikroben kamen Arnold und Co auf die Zahl eine Billion. Nicht darin enthalten sind dagegen mikrobiotische Pilze, deren Häufigkeit sich anhand der genetischen Daten nur unzuverlässig berechnen ließe. Immerhin: Das sind noch deutlich weniger Mikroben als in unserem Darm.

Je nach untersuchter Baumart setzte sich auch das Mikrobiom unterschiedlich zusammen. Im Ahorn etwa dominierten Zucker zersetzende Spezies, im fäulnisresistenten Schierling hingegen siedelten sich überhaupt die wenigsten Bakterien und Archaeen an verglichen mit anderen Baumarten. Zudem unterschieden sich die Bakteriengemeinschaften je nach Lage im Baumstamm: Tief im sauerstoffarmen Inneren fanden sich verstärkt Methan erzeugende Vertreter, im Bereich des Kambiums und des Splintholzes dagegen Bakterien, die mit Sauerstoff gut zurechtkommen. Nur drei Prozent der Baummikroben fanden sich auch im Boden wieder: Die Lebensgemeinschaften unterscheiden sich also deutlich und weisen auf eine unterschiedliche Lebens- und Entstehungsgeschichte hin. Ähnliches gilt für das Mikrobiom der Blätter.

Welche Rolle die Mikroorganismen für die Gesundheit der Bäume – oder auftretende Schäden – spielen, ist noch komplett unbekannt. Da viele Baumarten weltweit durch eingeschleppte Erreger wie etwa Schlauchpilze oder pathogene Bakterien bedroht sind, könnte hier die Suche nach natürlichen Abwehrmitteln beginnen. Das zumindest hoffen Arnold und Co.

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