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News: Arterienverkalkung im Mutterleib 'vorprogammiert'?

Babys, die sich im Mutterleib langsam entwickeln, kommen als Leichtgewichte zur Welt. Dieser Entwicklungsrückstand könnte neuen Daten zufolge weitreichende Folgen haben: Mehr als 65 Jahre später haben die Betroffenen verglichen mit normalgewichtig zur Welt gekommenen Personen ein erhöhtes Risiko für eine verkalkungsbedingte Verengung der Halsschlagadern bzw. für einen Herzinfarkt.
Christopher Martyn von der University of Southampton ermittelte mit seinen Kollegen 2 000 Menschen, die zwischen 1922 und 1926 in Sheffield/Großbritannien geboren worden waren. Etwa 300 von ihnen lebten noch und waren bereit, sich untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden am 18. Juli 1998 in The Lancet veröffentlicht. Martyn und seine Mitarbeiter fanden heraus, daß Personen, die bei der Geburt weniger als 2 950 g gewogen hatten ein signifikant höheres Risiko für eine verkalkungsbedingte Verengung der Halschlagadern haben als jene, die über 3 400 g gewogen hatten. Ist eine der zwei Halsschlagadern des Menschen ganz oder teilweise verschlossen, wird das Gehirn mit Sauerstoff und Nährstoffen unterversorgt. Dies führt im ungünstigsten Fall zu einem sogenannten Schlaganfall. Der Zusammenhang zwischen Geburtsgewicht und Aderverengung blieb auch bestehen, wenn andere Risikofaktoren einer Arterienverkalkung wie Rauchen, hoher Blutdruck oder hohe Blutfettwerte berücksichtigt wurden. Die Wissenschaftler konnten weiterhin zeigen, daß für dieses erhöhte Risiko in erster Linie eine langsamere Entwicklung im Mutterleib verantwortlich ist.

Ähnliche Ergebnisse wurden im British Medical Journal vom 25. Juli 1998 veröffentlicht. David Leon von der School of Hygiene and Tropical Medicine in London ging mit Kollegen von der University of Uppsala und der Stockholm University den Krankengeschichten von 14611 Personen nach, die zwischen 1915 und 1929 in Uppsala/Schweden und Umgebung geboren worden waren. Insbesondere interessierte die Wissenschaftler die Todesursache der bis dahin Verstorbenen sowie deren Geburtsgewicht. In der Tat stellten sie fest, daß mit abnehmendem Geburtsgewicht die Sterblichkeit an einem Herzinfarkt bei Männern signifikant zunahm. Ein Herzinfarkt tritt auf, wenn sich eines der Blutgefäße verschließt, welches das Herz mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Ursache ist wie beim Schlaganfall in der Regel eine Arterienverkalkung. Diesen Zusammenhang beobachteten die Wissenschaftler auch für Geburtsgewicht und Sterblichkeit am Schlaganfall, der hier allerdings nicht signifikant war.

Martyn vermutet, daß die Struktur der Blutgefäße durch eine verlangsamte Entwicklung des Babys im Mutterleib verändert würde und so Grundlage einer späteren Arterienverkalkung sein könnte. Dieser Mechanismus würde unabhängig von den allgemein akzeptierten Risikofaktoren der Arterienverkalkung ablaufen.

Beide Untersuchungen würden demnach zeigen, daß eine ungestörte Entwicklung im Mutterleib ein wichtiges "Startkapital" für ein späteres gesundes Leben ist. Die werdende Mutter kann dazu beitragen, indem sie zum Beispiel während der Schwangerschaft nicht raucht und keinen Alkohol trinkt.

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