Vulkanausbruch: Asche über Europa
Immer noch liegt der Flugverkehr in weiten Teilen Europas wegen eines isländischen Vulkans danieder. Nun sollen Messflüge klären, wie dicht die Aschewolke ist.
Kaum eine Wolke trübt den Himmel über Deutschland, weit und breit kein Kondensstreifen von einem Flugzeug: Was Sonnenanbeter vielleicht erfreut, wächst sich langsam, aber sicher zu einem riesigen Problem für die europäische Luftfahrt aus. Denn jede Stunde, die ihre Flotte gezwungenermaßen auf dem Boden verbringen muss, kostet sie Millionensummen – mindestens 100 Millionen Euro verlieren die Unternehmen pro Tag, schätzt der Verband der europäischen Fluggesellschaften. Schon drohen die ersten Pleiten, sollte die Sperrung des Luftraums wegen der Vulkanasche andauern.
Peter und seine Kollegen können zudem auf sehr empfindliche Messgeräte zurückgreifen, die während des Wochenendes teilweise im Dauereinsatz waren. So schickten die Forscher mehrere sensorenbestückte Wetterballons in den Schweizer Himmel bis hinauf in 30 Kilometer Höhe. "Wir wollten wissen, wie viele Aerosole sich in den verschiedenen Luftschichten befinden. Gleichzeitig messen wir, wie feucht diese Atmosphärenbereiche sind, denn das lässt ebenfalls einen Rückschluss auf die Menge und Art der Aerosole zu", erklärt Peter. Seit Freitag misst ihr LIDAR-System (light detection and ranging) die Entfernung der Aerosole und damit deren Höhe, indem es einen Laserstrahl in eine Höhe bis zu 15 Kilometer schickt und das aus der Atmosphäre reflektierte Licht wieder aufnimmt. Außerdem flog noch ein Messflugzeug zweimal durch die Ascheschicht.
Kaum sichtbar, aber vorhanden
Das Ergebnis: Die vulkanische Wolke liegt weiterhin über der Schweiz und damit sicherlich auch über dem benachbarten Ausland. "Wir konnten in einer Höhe zwischen vier und fünf Kilometern einen besonders hohen Anteil an Vulkanaerosolen feststellen", so Peter. Im Lauf der Nacht von Freitag auf Samstag sank die Schicht zwar ab, verschwand damit aber noch lange nicht aus dem Luftraum: "Seit Sonntagmittag hat sich das Signal in den unteren Schichten bis fünf und sechs Kilometer Höhe mehr oder weniger verloren. Wir haben keine eindeutigen Nachweise mehr, dass sich dort noch Vulkanaerosole befinden. Über LIDAR haben wir dagegen in den letzten Stunden eindeutig verfolgen können, dass in acht Kilometer Höhe eine sehr ausgeprägte vulkanische Aerosolschicht schwebt."
Trotz dieser Befunde zweifeln die Luftfahrtmanager zunehmend am Sinn der Sperre, die ihrer Meinung nach zu sehr auf Computersimulationen des britischen Wetterdienstes beruhe. Während des Wochenendes durften einige ihrer Maschinen mit Sondergenehmigung fliegen, ohne dass es zu Problemen kam: Weder in den Turbinen noch auf speziell angebrachten Klebefolien fanden sich anschließend Partikel aus dem Vulkan. Bislang verweigern sich die Behörden aber dem Ansinnen der Unternehmen nach Aufhebung der Sperre, denn – wo vorhanden – bildet die Asche ein starkes Sicherheitsrisiko.
Heikle Partikel
"Das ist kein normaler Staub wie vom Straßenabrieb oder aus Wüstenstürmen, sondern kleinste Glasteilchen mit einem niedrigen Schmelzpunkt. Sie bilden sich beim Ausbruch durch die schlagartige Abkühlung und werden im heißen Düsentriebwerk wieder aufgeschmolzen – das ist einzigartig", erklärt der Züricher Wissenschaftler. Die Schmelztröpfchen schlagen sich dann an den Rotorblättern und Wänden nieder und beschichten sie. Im Gegensatz zu einem Staubkorn aus der Wüste, das vielleicht etwas mechanischen Abrieb verursacht, bilden sich Beläge, die die Funktion einschränken können. Im schlimmsten Fall schädigen sie ein Triebwerk so stark, dass es nicht mehr funktioniert.
Warten auf den einen Flug
Alle Augen richten sich nun gespannt auf einen Messflug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, der am Montagnachmittag stattfinden sollte. Die Techniker und Wissenschaftler des DLR arbeiteten das ganze Wochenende fieberhaft daran, ein Flugzeug mit den nötigen Instrumenten auszurüsten. Wegen der besonderen Situation bat Jan Wörner, der vorsitzende Vorstand des DLR, auch um Verständnis in seinem Blog: "Ein derartiger Messflug ist alles andere als Routinearbeit." Neben den technischen Umbauarbeiten müsse der Flug schließlich auch vom Luftfahrtbundesamt genehmigt werden.
Entspannung auf Island?
Gleichzeitig richten sich die Blicke gen Island, denn von Eyjafjallajökulls Eruptionen hängt ebenfalls ab, wann sich die Situation über Europa entspannt. "Momentan herrscht wenig Aktivität an der Oberfläche. Und zumindest gestern fiel die Wolke des Vulkans recht klein aus: Sie war auf dem Wetterradar vom Keflavík-Airport bei Reykjavík nicht sichtbar", erläutert Björn Hannes Mattsson von der ETH Zürich die Situation auf der Atlantikinsel. Doch von Ruhe ist Eyjafyoll, wie der Feuerberg eigentlich heißt (Eyjafjallajökull ist der Name des ehemals darüberliegenden Gletschers), noch weit entfernt: "Die seismische Aktivität in der Tiefe nimmt zu – ein Anzeichen dafür, dass sich Magma bewegt. Vorhersagen, wie lange die Ausbrüche noch anhalten, lassen sich daher schwer treffen." Immerhin stieg die Wolke am Sonntag "nur" bis in Höhen von maximal drei Kilometern auf – der Ferntransport nach Europa fiel daher aus. Und von der Insel selbst wurde auch kein Ascheregen berichtet.
Vor allem zwei Dinge erschweren die Prognosen der Vulkanologen: Sie können zum einen nicht beurteilen, wie viel Schmelzwasser in den Krater fließt, was die Heftigkeit der Explosionen maßgeblich beeinflusst. Zum anderen wissen sie noch nicht, wie sich das Magma genau zusammensetzt, so Mattsson: "Sollte zunehmend rhyolithisches, also saures und zähflüssiges Magma beteiligt sein, könnte es intensivere Eruptionen geben – und höhere Aschewolken." Dafür sprechen auch Beobachtungen aus den benachbarten Vulkanen um den Eyjafyoll, in deren Kratern sich Dome gebildet haben. "Entwickelt sich das magmatische System in diese Richtung, können die Ausbrüche noch lange anhalten", schätzt Mattsson.
Hoffen auf Wetterumschwung
Eine Art Jokerrolle nimmt zudem Katla ein, der direkt daneben liegende Vulkan, der sich stets dann rührte, wenn Eyjafyoll ausbrach. Noch spricht nichts für dessen Erwachen, was aber nichts heißt, so Mattsson: "Bis gestern gab es keine Anzeichen für Magmabewegungen unterhalb von Katla. Doch der jüngste Ausbruch begann am Grat zwischen beiden Vulkanen. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass auch Katla aktiv wird."
Helfen würde den Europäern auch ein Wetterumschwung, denn die gegenwärtige Konstellation mit einem Hoch über Deutschland und Tiefs über Skandinavien treibt mit den vorherrschenden Winden aus Nordwest weiterhin Asche zu uns. "Wir bräuchten ein ordentliches Tiefdrucksystem, das ganz Europa auswaschen würde. Danach wäre die Luft erstmal wieder sauber", sagt Thomas Peter. So schön die Sonne momentan scheint: Der Wunsch nach Regen dürfte in diesen Tagen wohl weit verbreitet sein.
Doch scheint die Aschewolke des Vulkans auch nicht sichtbar: Sie ist da, wie der Atmosphärenforscher Thomas Peter von der ETH Zürich bestätigt. "Diese Aerosole mit bloßen Augen wahrzunehmen, ist sehr schwierig, denn ihre Konzentration ist sehr gering. Und sie sind sehr klein: Wir sprechen von Partikeldurchmessern, die im Bereich von tausendstel Millimetern liegen." Erst wenn sich die Lichtverhältnisse am Morgen oder Abend ändern, wird Eyjafjallajökulls Auswurf auch hier zu Lande sichtbar: Er produziert ein intensiveres Abend- und Morgenrot, da er das Licht anders streut als die normalen Luftpartikel.
Peter und seine Kollegen können zudem auf sehr empfindliche Messgeräte zurückgreifen, die während des Wochenendes teilweise im Dauereinsatz waren. So schickten die Forscher mehrere sensorenbestückte Wetterballons in den Schweizer Himmel bis hinauf in 30 Kilometer Höhe. "Wir wollten wissen, wie viele Aerosole sich in den verschiedenen Luftschichten befinden. Gleichzeitig messen wir, wie feucht diese Atmosphärenbereiche sind, denn das lässt ebenfalls einen Rückschluss auf die Menge und Art der Aerosole zu", erklärt Peter. Seit Freitag misst ihr LIDAR-System (light detection and ranging) die Entfernung der Aerosole und damit deren Höhe, indem es einen Laserstrahl in eine Höhe bis zu 15 Kilometer schickt und das aus der Atmosphäre reflektierte Licht wieder aufnimmt. Außerdem flog noch ein Messflugzeug zweimal durch die Ascheschicht.
Kaum sichtbar, aber vorhanden
Das Ergebnis: Die vulkanische Wolke liegt weiterhin über der Schweiz und damit sicherlich auch über dem benachbarten Ausland. "Wir konnten in einer Höhe zwischen vier und fünf Kilometern einen besonders hohen Anteil an Vulkanaerosolen feststellen", so Peter. Im Lauf der Nacht von Freitag auf Samstag sank die Schicht zwar ab, verschwand damit aber noch lange nicht aus dem Luftraum: "Seit Sonntagmittag hat sich das Signal in den unteren Schichten bis fünf und sechs Kilometer Höhe mehr oder weniger verloren. Wir haben keine eindeutigen Nachweise mehr, dass sich dort noch Vulkanaerosole befinden. Über LIDAR haben wir dagegen in den letzten Stunden eindeutig verfolgen können, dass in acht Kilometer Höhe eine sehr ausgeprägte vulkanische Aerosolschicht schwebt."
Einen Hinweis darauf liefert der Feuchtegehalt der Luft: Je höher er ausfällt, desto größer sind die Aerosole in der entsprechenden Schicht und desto stärker wird die Sicht getrübt und das LIDAR-Licht zurückgestreut. Im Bereich der Aschewolke ist die Atmosphäre jedoch sehr trocken, weshalb sie eigentlich partikelarm sein sollte – außer sie wurde entsprechend durch einen Vulkan "beladen". Ein großes Manko haben die bisherigen Messungen allerdings, meint Thomas Peter: "Wir wissen noch nicht genau, wie viel Staub unterwegs ist. Daran arbeiten wir. Doch selbst wenn dies feststeht: Welcher Turbinenspezialist kann sagen, welche Mengen ein Triebwerk problemlos verkraftet und welche nicht?"
Trotz dieser Befunde zweifeln die Luftfahrtmanager zunehmend am Sinn der Sperre, die ihrer Meinung nach zu sehr auf Computersimulationen des britischen Wetterdienstes beruhe. Während des Wochenendes durften einige ihrer Maschinen mit Sondergenehmigung fliegen, ohne dass es zu Problemen kam: Weder in den Turbinen noch auf speziell angebrachten Klebefolien fanden sich anschließend Partikel aus dem Vulkan. Bislang verweigern sich die Behörden aber dem Ansinnen der Unternehmen nach Aufhebung der Sperre, denn – wo vorhanden – bildet die Asche ein starkes Sicherheitsrisiko.
Heikle Partikel
"Das ist kein normaler Staub wie vom Straßenabrieb oder aus Wüstenstürmen, sondern kleinste Glasteilchen mit einem niedrigen Schmelzpunkt. Sie bilden sich beim Ausbruch durch die schlagartige Abkühlung und werden im heißen Düsentriebwerk wieder aufgeschmolzen – das ist einzigartig", erklärt der Züricher Wissenschaftler. Die Schmelztröpfchen schlagen sich dann an den Rotorblättern und Wänden nieder und beschichten sie. Im Gegensatz zu einem Staubkorn aus der Wüste, das vielleicht etwas mechanischen Abrieb verursacht, bilden sich Beläge, die die Funktion einschränken können. Im schlimmsten Fall schädigen sie ein Triebwerk so stark, dass es nicht mehr funktioniert.
Unterstützung erfahren die Behörden auch vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig, das ebenfalls die Asche in der Atmosphäre nachweisen konnte – wenngleich über das Wochenende in sinkender Tendenz. Damit verwahren sich die Forscher außerdem gegen Unterstellungen, dass hier zu Lande nicht gemessen werde. "Es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, wenn einige Fluggesellschaften behaupten, es gäbe keine Vulkanasche in der Troposphäre und vor allem keine Messungen. Die Schließung des Luftraums beruht keinesfalls ausschließlich auf Modellsimulationen", so das Institut in einer Verlautbarung.
Warten auf den einen Flug
Alle Augen richten sich nun gespannt auf einen Messflug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, der am Montagnachmittag stattfinden sollte. Die Techniker und Wissenschaftler des DLR arbeiteten das ganze Wochenende fieberhaft daran, ein Flugzeug mit den nötigen Instrumenten auszurüsten. Wegen der besonderen Situation bat Jan Wörner, der vorsitzende Vorstand des DLR, auch um Verständnis in seinem Blog: "Ein derartiger Messflug ist alles andere als Routinearbeit." Neben den technischen Umbauarbeiten müsse der Flug schließlich auch vom Luftfahrtbundesamt genehmigt werden.
Läuft alles nach Plan, soll die eingesetzte Falcon 20E einen Flug durch den deutschen Luftraum absolvieren, sagt Andreas Schütz vom DLR: "Unser speziell ausgebildeter Pilot fliegt vom Süden nach Mitteldeutschland und dann vielleicht noch nach Westen, bevor er nach Süden zurückkehrt. Er entscheidet je nach Luftlage, wohin und in welchen Höhen er fliegt und wo man die besten Messergebnisse bekommen kann." Unmittelbar nach der Landung werden die Daten dann ausgewertet. Sie allein entscheiden aber nicht, ob und wann der Luftraum wieder freigegeben wird: "Wir liefern zusätzliche Informationen für die Lagebeurteilung, entscheiden müssen aber andere Stellen."
Entspannung auf Island?
Gleichzeitig richten sich die Blicke gen Island, denn von Eyjafjallajökulls Eruptionen hängt ebenfalls ab, wann sich die Situation über Europa entspannt. "Momentan herrscht wenig Aktivität an der Oberfläche. Und zumindest gestern fiel die Wolke des Vulkans recht klein aus: Sie war auf dem Wetterradar vom Keflavík-Airport bei Reykjavík nicht sichtbar", erläutert Björn Hannes Mattsson von der ETH Zürich die Situation auf der Atlantikinsel. Doch von Ruhe ist Eyjafyoll, wie der Feuerberg eigentlich heißt (Eyjafjallajökull ist der Name des ehemals darüberliegenden Gletschers), noch weit entfernt: "Die seismische Aktivität in der Tiefe nimmt zu – ein Anzeichen dafür, dass sich Magma bewegt. Vorhersagen, wie lange die Ausbrüche noch anhalten, lassen sich daher schwer treffen." Immerhin stieg die Wolke am Sonntag "nur" bis in Höhen von maximal drei Kilometern auf – der Ferntransport nach Europa fiel daher aus. Und von der Insel selbst wurde auch kein Ascheregen berichtet.
Vor allem zwei Dinge erschweren die Prognosen der Vulkanologen: Sie können zum einen nicht beurteilen, wie viel Schmelzwasser in den Krater fließt, was die Heftigkeit der Explosionen maßgeblich beeinflusst. Zum anderen wissen sie noch nicht, wie sich das Magma genau zusammensetzt, so Mattsson: "Sollte zunehmend rhyolithisches, also saures und zähflüssiges Magma beteiligt sein, könnte es intensivere Eruptionen geben – und höhere Aschewolken." Dafür sprechen auch Beobachtungen aus den benachbarten Vulkanen um den Eyjafyoll, in deren Kratern sich Dome gebildet haben. "Entwickelt sich das magmatische System in diese Richtung, können die Ausbrüche noch lange anhalten", schätzt Mattsson.
Hoffen auf Wetterumschwung
Eine Art Jokerrolle nimmt zudem Katla ein, der direkt daneben liegende Vulkan, der sich stets dann rührte, wenn Eyjafyoll ausbrach. Noch spricht nichts für dessen Erwachen, was aber nichts heißt, so Mattsson: "Bis gestern gab es keine Anzeichen für Magmabewegungen unterhalb von Katla. Doch der jüngste Ausbruch begann am Grat zwischen beiden Vulkanen. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass auch Katla aktiv wird."
Helfen würde den Europäern auch ein Wetterumschwung, denn die gegenwärtige Konstellation mit einem Hoch über Deutschland und Tiefs über Skandinavien treibt mit den vorherrschenden Winden aus Nordwest weiterhin Asche zu uns. "Wir bräuchten ein ordentliches Tiefdrucksystem, das ganz Europa auswaschen würde. Danach wäre die Luft erstmal wieder sauber", sagt Thomas Peter. So schön die Sonne momentan scheint: Der Wunsch nach Regen dürfte in diesen Tagen wohl weit verbreitet sein.
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