Eingeschleppte Arten: Asiatische Hornisse breitet sich aus
Die eingeschleppte Asiatische Hornisse (Vespa velutina) hat sich im Jahr 2023 rasant ausgebreitet und der Blick auf das laufende Jahr verheißt aus Expertensicht nichts Gutes. Das Tier, das Honigbienen vertilgt, es aber auch auf andere Insekten abgesehen hat, komme bereits im gesamten Saarland vor. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen seien ebenfalls stark betroffen, sagte Benjamin Waldmann, Referent für invasive Arten beim baden-württembergischen Umweltministerium. Der milde Winter und die weiter milde Witterung ohne dauerhaften Frost in diesem Frühjahr dürften dazu führen, dass sich das Insekt im Lauf des Jahres nochmals stark vermehrt.
Auf einer von der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim in Stuttgart fertig gestellten Karte zur Verbreitung der Hornisse ist zum ersten Mal auch eine Sichtung in Berlin im vergangenen September verzeichnet – »weit weg von ihrem bisherigen Vorkommen«, sagte Waldmann. Allzu weit nach Osten ist das Tier laut dem Naturschutzbund NABU noch nicht vorgedrungen. Aber auch etwa in Niedersachsen, Bayern und Hessen sowie Hamburg gebe es Besiedlungen. »Eine Ausbreitung in weitere Bundesländer ist möglich und zu erwarten«, sagt das Bundesamt für Naturschutz (BfN). Das alles macht Naturschützern große Sorgen.
Auswirkungen noch nicht kalkulierbar
»Es ist nicht abzusehen, wie sich diese sich rasant ausbreitende Art auf unsere heimische Insektenwelt auswirken wird«, sagt der Bienenexperte des NABU-Landesverbands Baden-Württemberg Martin Klatt. Weder sei erforscht, wie sich die Asiatische Hornisse zur heimischen und unter Naturschutz stehenden Europäischen Hornisse verhalte, noch, wie sich die Erbeutung anderer Insekten auswirke. Die Asiatische Hornisse jagt Honigbienen, frisst aber auch Fliegen, Käfer und Wildbienen. Ein großes Nest mit 1000 und mehr Tieren verbraucht deutlich mehr als elf Kilo Insekten und Jahr, sagt Kristin Krewenka vom badischen Imkerverband. Für den Menschen sind die Stiche laut NABU nicht gefährlicher als die einheimischer Wespenarten.
Welche Schäden die Hornisse jenseits des befürchteten Insekten-Artenverlustes anrichten könnte, ist unklar. Der Deutsche Imkerverband warnte Anfang März vor potenziellen Gefahren nicht nur für die Imkerei, sondern auch für die Landwirtschaft. Er verwies dabei auf eine Studie zu Schäden im Obst- und Weinbau in Galizien und Portugal.
»Der Drops ist gelutscht«Benjamin Waldmann, Umweltministerium Baden-Württemberg
Was tun gegen die eingeschleppte Art? Die betroffenen Bundesländer setzen auf Meldeportale, wo Sichtungen und Nester der Tiere angezeigt werden können. Im Jahr 2023 waren es in Baden-Württemberg 550 gemeldete Nester – eine Verzwanzigfachung gegenüber dem Jahr davor. In Rheinland-Pfalz wurden nach Angaben des dortigen Umweltministeriums 2023 rund 430 Nester gemeldet und entfernt. Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß niemand. Sachsen-Anhalt, bislang praktisch nicht betroffen, befürchtet ebenfalls, dass sich das Insekt ansiedeln könnte, und rief Mitte März dazu auf, Sichtungen auf einem Meldeportal einzutragen.
Überhaupt seien die Bundesländer zum Thema invasive Arten in ständigem Austausch, betont das BfN. »Auch eine gemeinsame Meldeplattform für Früherkennungsarten wird von den Bundesländern aktuell besprochen.« Daran, dass die Asiatische Hornisse je wieder aus Deutschland verschwindet, glaubt unter Experten niemand. »Der Drops ist gelutscht«, sagt Waldmann. »Wir können nur noch auf Begrenzung setzen.« (dpa/AnL)
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