Asteroiden: P/2013 R3 ein Asteroid fliegt auseinander
Einen auseinander driftenden Asteroiden beobachtete ein internationales Forscherteam um David Jewitt von der University of California in Los Angeles. Der erst im September 2013 entdeckte Asteroid P/2013 R3 ist in mindestens zehn Bruchstücke zerfallen. Sie bewegen sich mit relativen Geschwindigkeiten zwischen 0,2 und 0,5 Meter pro Sekunde voneinander weg. Dies entspricht 0,7 bis 1,8 Kilometern pro Stunde – ein gemütlicher Spaziergänger läuft schneller. P/2013 R3 – beziehungsweise jetzt die Trümmerwolke – bewegt sich im Asteroidengürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter um die Sonne.
Als Ursache für diesen Zerfall mit langsamen Bruchstücken haben die Wissenschaftler, zu denen auch Jessica Agarwal vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen gehört, den YORP-Effekt ausgemacht. YORP steht für die Wissenschaftler Jarkowski, O'Keefe, Radziewskii und Paddack (englisch: Yarkovsky, O'Keefe, Radzievskii, Paddack). Von ihnen beschrieb Iwan O. Jarkowski (1844 – 1902) um das Jahr 1900 erstmals den Einfluss der Sonneneinstrahlung auf die Bahn von Asteroiden – der Jarkowski-Effekt. Die drei weiteren Wissenschaftler weiteten dann wesentlich später diese Beschreibung auf das Rotationsverhalten dieser Himmelskörper aus.
Der YORP-Effekt geht darauf zurück, dass ein Asteroid von der Sonne beschienen wird und dabei Strahlung absorbiert. Er heizt sich dadurch auf der Tagseite auf und strahlt auf der Nachtseite diese Energie als Wärme wieder ab. Ist der Körper, wie die allermeisten Asteroiden, unregelmäßig geformt, so erfolgt die thermische Strahlungsfreisetzung räumlich nicht homogen. Dabei kann durch den Strahlungsdruck ein schwacher Drehimpuls entstehen, der über lange Zeiträume hinweg – Millionen von Jahren – die Lage der Rotationsachse im Raum oder die Rotationsgeschwindigkeit verändert. Je nach Form des Himmelskörpers kann die Rotation durch den YORP-Effekt entweder beschleunigt oder auch abgebremst werden.
Im Fall von P/2013 R3 gehen die Forscher um Jewitt davon aus, dass durch den YORP-Effekt die Rotationsperiode des Asteroiden soweit erhöht wurde, bis der Himmelskörper in mindestens zehn Bruchstücke und eine Menge Staub auseinanderbrach. Rückrechnung und Vermessung der Bahnen der einzelnen Bruchstücke relativ zueinander auf den Bildern des Weltraumteleskops Hubble und der Keck-Teleskope weisen darauf hin, dass der Himmelskörper im Zeitraum von Februar bis September 2013 in mehreren Stufen auseinanderbrach. Damit war der Asteroid also bereits zerfallen, als er entdeckt und zunächst als ein Komet eingestuft wurde. Bei dem Zerfall wurde nämlich eine große Menge an Staub freigesetzt, der einen ausgeprägten Schweif erzeugte.
Wahrscheinlich war P/2013 R3 nur eine lose gepackte Ansammlung aus größeren Felsbrocken und Staub, die so gerade eben von der geringen Schwerkraft des Himmelskörpers zusammengehalten wurde. Ein Beispiel für eine solche kosmische Geröllhalde ist der maximal 540 Meter lange Asteroid (25143) Itokawa, der von der japanischen Raumsonde Hayabusa im Jahr 2005 aus der Nähe erkundet wurde.
Auch weitere Erklärungsmöglichkeiten diskutieren die Wissensachaftler um David Jewitt, die sie aber als eher unwahrscheinlich ansehen. Eine Möglichkeit wäre, dass P/2013 R3 durch eine Kollision mit einem kleineren Asteroiden im Asteroidengürtel auseinanderbrach. Dagegen spricht aber die geringe Geschwindigkeit der Bruchstücke zueinander, die im Fall einer Kollision deutlich größer sein müsste. Auch eine kometare Aktivität durch die Sublimation von gefrorenem Kohlendioxid oder Wassereis schließen die Forscher aus, da sich in den Spektren von P/2013 R3 keinerlei Hinweise auf freigesetzte Gase finden. Tatsächlich wurde schon mehr als ein Dutzend solcher aktiven Asteroiden, auch Hauptgürtel-Kometen genannt, im Asteroidengürtel beobachtet. Sie erschienen bei ihrer Entdeckung wie normale Asteroiden, entwickelten dann aber im sonnennächsten Teil ihrer Umlaufbahnen plötzlich Schweife wie ein Komet.
Im November 2013 war bereits der Asteroid P/2013 P5 aufgefallen, von dem sechs Staubschweife ausgingen. Auch bei ihm wurde eine Rotationsbeschleunigung durch den YORP-Effekt als Ursache ausgemacht. Über dieses Objekt wird die an den Auswertungen beteiligte Wissenschaftlerin Jessica Agarwal im Maiheft 2014 von "Sterne und Weltraum" berichten.
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