Direkt zum Inhalt

Astrophysik: Pulsar der Extraklasse beobachtet

Der Vela-Pulsar sendet extrem energiereiche Strahlung aus. Diese außerordentliche Intensität stellt gängige Modelle für diese schnell rotierenden Neutronensterne in Frage.
Diese Grafik soll den Vela-Pulsar darstellen. Ein hellblauer Wirbel symbolisiert schnelle Elektronen, die sich vom hellen Kern wegbewegen
Grafik des Pulsars: Dargestellt wird, wie infrarote Lichtteilchen (Photonen) von den Polen des Pulsars durch schnelle Elektronen auf Gammastrahlen-Energie (blau) angehoben werden.

Nur weil ein Stern »tot« ist, heißt das noch lange nicht, dass er nicht mehr strahlen kann. Der Vela-Pulsar beweist das vortrefflich: Die Energie seiner Gammastrahlen beträgt neuen Messungen zufolge 20 Tera-Elektronenvolt (TeV), also etwa das Zehnbillionenfache der Energie des sichtbaren Lichts. Diese Beobachtung sei nur schwer mit bisherigen Theorien zur Erzeugung solcher gepulster Gammastrahlen vereinbar, schreiben Arache Djannati-Ataï von der Université Paris Cité und sein Team in »Nature Astronomy«.

Bei Pulsaren handelt es sich um die Überreste von Sternen, die in einer Supernova explodierten. Sie sind extrem kompakt, rotieren rasend schnell und weisen ein gigantisches Magnetfeld auf. »Diese toten Sterne bestehen fast ausschließlich aus Neutronen und sind unglaublich dicht: Ein Teelöffel ihres Materials hat eine Masse von mehr als fünf Milliarden Tonnen, was etwa der 900-fachen Masse der Großen Pyramide von Gizeh entspricht«, erklärt die Koautorin Emma de Oña Wilhelmi vom DESY. Bislang kennt man tausende Pulsare, doch nur vier stoßen derart starke Gammastrahlen-Pulse aus, dass sie von erdgebundenen Teleskopen erfasst werden. Und nur einer davon sendet Gammastrahlen aus, die aus Photonen mit Energien von mehr als einem Tera-Elektronenvolt bestehen: eben jener Vela-Pulsar, der sich elfmal pro Sekunde um seine Achse dreht.

Die Arbeitsgruppe konnte nun beobachten, dass dieser Pulsar sogar noch stärker strahlt, als bisher bekannt war. Mit 20 TeV setzt er 20-mal mehr Energie frei, als bislang bei jedem anderen Pulsar gemessen werden konnte. Zu den zwei gängigen Modellen passt das nicht. Beide basieren darauf, dass energiereiche Elektronen auf energieärmere Photonen stoßen, aus denen Gammastrahlen bestehen. Die Modelle unterscheiden sich darin, wie diese Elektronen überhaupt beschleunigt werden. Im einen Fall werden sie durch Wechselwirkungen mit dem Magnetfeld des Pulsars weggeschleudert. Oder sie werden durch die Rotation des Pulsars zu hohen Geschwindigkeiten getrieben. Beides lässt sich jedoch nur schwer mit den neu entdeckten Gammastrahlen in Einklang bringen, für die keine offensichtliche energetische Obergrenze existiert.

»Wie und wo die Elektronen beschleunigt werden – das ist die Frage«, sagt Djannati-Ataï. »Solange wir das nicht herausfinden, können wir Pulsare nicht vollständig verstehen, wie sie ihre Umgebung beeinflussen oder warum der Vela-Pulsar eine so ungewöhnlich intensive Strahlung erzeugt. Vielleicht sind wir Zeugen der Beschleunigung von Teilchen durch die so genannte magnetische Rekonnexion jenseits des Lichtzylinders, der das Rotationsmuster noch irgendwie bewahrt? Aber selbst dieses Szenario stößt auf Schwierigkeiten, wenn wir erklären wollen, wie eine solch extreme Strahlung erzeugt wird.« Bei der magnetischen Rekonnexion verändert sich die Struktur eines Magnetfeldes abrupt, was große Energiemengen freisetzt.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.