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Atmosphäre: Verglühende Satelliten schädigen die Ozonschicht

Wenn Satelliten wieder in die Atmosphäre eintreten, schmelzen sie und setzen Metallpartikel frei, die das schützende Ozon in der Stratosphäre zerstören. Besonders heikel: Die Partikel gelangen offenbar erst mit einer Zeitverzögerung von bis zu 30 Jahren in die Ozonschicht.
Illustration von Satelliten im Erdorbit
Rund um die Erde wird es immer voller (Illustration). Allein das Starlink-Netzwerk des Unternehmens SpaceX umfasst tausende Satelliten.

Jedes Jahr stürzen tonnenweise Raketen und Satelliten zurück zur Erde und verglühen in der Atmosphäre. Dabei entstehen zahllose metallische Nanopartikel. Angesichts einer immer größeren Zahl von Satelliten im niedrigen Erdorbit warnen Fachleute, dass sich die Freisetzung solcher Stoffe zunehmend auf die chemischen Vorgänge in der Atmosphäre auswirken könnte. Abschätzungen zu den konkreten Folgen waren bisher allerdings schwierig. Nun hat ein Team um den Raumfahrtingenieur Joseph Wang von der University of Southern California in Los Angeles erstmal mittels detaillierter Simulationen untersucht, wie viele Aluminiumpartikel ein schmelzender Satellit in welcher Höhe freisetzt und wie lange sie dort bleiben. Die Forscher warnen: Der Trend zu immer mehr Satelliten in erdnahen Umlaufbahnen könnte die chemischen Vorgänge in der Atmosphäre empfindlich stören.

Die Forschungsgruppe schreibt in ihrer Veröffentlichung, dass ein typischer Satellit mit 250 Kilogramm Masse, der zu einem Drittel aus Aluminiumstrukturen besteht, rund 30 Kilogramm Aluminiumoxid-Nanopartikel freisetze. Der Großteil davon entstehe in der so genannten Mesosphäre oberhalb von 50 Kilometer Höhe. Hier wird der absinkende Satellit nach und nach immer höheren Reibungskräften durch die Luftteilchen ausgesetzt und heizt sich enorm auf. Die Simulationen der kalifornischen Forscher stellen modellhaft nach, wie einzelne Sauerstoffmoleküle mit einer Geschwindigkeit von zwei Kilometer pro Sekunde auf die Aluminiumflächen des Satelliten treffen. Dabei entstehen etliche Cluster aus Aluminium und Aluminiumoxid mit nur wenigen Nanometer Größe. Diese Partikel trudeln allmählich erdwärts – wegen ihrer geringen Durchmesser allerdings nur sehr langsam. Laut den Berechnungen der Wissenschaftler dauert es bis zu 30 Jahre, bis die Nanoteilchen von der Mesosphäre bis in eine Höhe von weniger als 40 Kilometer gelangt sind.

Das ist eine wichtige Grenze, denn unterhalb von ihr liegt die Stratosphäre mit der schützenden Ozonschicht, die ultraviolettes Licht von der Sonne absorbiert und so die Lebewesen auf der Erdoberfläche vor Strahlenschäden bewahrt. Etwa 90 Prozent des Ozons finden sich je nach Jahreszeit und Breitengrad in einem Höhenbereich wischen 20 und 30 Kilometer. Hier herrscht ein ständiges dynamisches Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau der Ozonmoleküle. Zusätzliche chemische Stoffe, die etwa durch menschliche Aktivitäten eingebracht werden, können diese Reaktionen empfindlich stören.

Genau das war die Ursache des berüchtigten Ozonlochs, das seit den 1980er Jahren über der Antarktis festgestellt wurde: Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) unter anderem aus Kühlschränken und Sprühdosen hatten das Ozon zerstört. Denn die Stoffe setzten in der Atmosphäre Chlorradikale frei, welche Ozon angreifen. 1987 verpflichtete sich die Weltgemeinschaft durch das so genannte Montreal-Protokoll, zukünftig auf solche Verbindungen zu verzichten. Auch Aluminiumoxid kann die Ozonschicht schädigen. Die Nanopartikel katalysieren an ihren Oberflächen genau jene Reaktionen, bei denen aus chlorhaltigen Verbindungen Chlor abgespalten wird – und beschleunigen damit den Ozonabbau.

Ozonloch 2.0

Den Simulationen der Forscher zufolge gibt es nun also einen neuen potenziellen Ozonkiller, der sich zudem erst mit großer zeitlicher Verzögerung bemerkbar macht. Im Moment bauen Unternehmen wie SpaceX systematisch Megakonstellationen auf, die aus Tausenden von Satelliten bestehen. Sie kreisen in niedrigen Orbits um die Erde. Die dort vorhandene Restatmosphäre bremst sie stark ab, wodurch sie nach einigen Jahren verglühen und ersetzt werden müssen. Für die nahe Zukunft ist also ein steter Strom von Satellitenmaterial in die Mesosphäre zu erwarten. Die Forscher rechnen wegen solcher Konstellationen in Zukunft mit mehr als 360 Tonnen Aluminiumoxid pro Jahr. Das wäre etwa 20-mal so viel wie im Jahr 2022 und mehr als das 6-Fache der natürlich vorkommenden Menge.

Bis diese Partikel allerdings ihre zerstörerische Wirkung auf die Ozonschicht entfalten, dürften Jahre bis Jahrzehnte vergehen. Schon heute stehen Megakonstellationen in der Kritik, weil sie astronomische Beobachtungen erschweren und das Risiko für Zusammenstöße steigt. Nun zeichnet sich eine weitere Nebenwirkung eines immer stärker frequentierten Erdorbits ab.

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  • Quellen
Ferreira, J. P. et al.: Potential ozone depletion from satellite demise during atmospheric reentry in the era of mega-constellations. Geophysical Research Letters 51, 10.1029/2024GL109280, 2024

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