Klimatologie: Atmosphärische Flüsse könnten kräftiger strömen
Im Jahr 2009 sorgte Dauerregen für weitreichende Überflutungen in Großbritannien und Irland. Verursacht wurden sie von so genannten atmosphärischen Flüssen, die extrem viel Wasserdampf mit sich führen: Damals transportierte diese Luftströmung schätzungsweise 4500 mal mehr Wasser, als die Themse normalerweise durchschnittlich vor London führt. Meteorologen um David Lavers von der University of Reading und seine Kollegen schätzen nun, dass diese Wetterereignisse die britischen Inseln wegen der Erderwärmung häufiger heimsuchen könnten-
Atmosphärische Flüsse sind schmale Bänder mit extrem feuchter Luft, die sich in etwa ein bis eineinhalb Kilometer Höhe über extrem lange Strecken von bis zu mehreren tausend Kilometer Länger ausbilden. Sie transportieren dabei Wasserdampf aus tropischen Regionen in höhere Breiten und betreffen in Europa vor allem die Westküsten des Kontinents von Portugal bis Norwegen, in Einzelfällen wird aber auch Mitteleuropa erreicht. Wie Lavers bereits in einer früheren Studie herausgefunden hatte, gehen die zehn stärksten Hochwasser auf den britischen Inseln seit 1970 allesamt auf atmosphärische Flüsse zurück. Durch die Erderwärmung verändere sich aber die Thermodynamik der Atmosphäre, was das Extremwetter zukünftig begünstige, so die Forscher.
Sie hatten mit verschiedenen Computermodellen erst die vergangenen atmosphärischen Flüsse zwischen 1980 und 2005 simuliert. Als die Programme diese von der Entwicklung korrekt dargestellt hatten, spielten die Klimatologen verschiedene zukünftige Szenarien mit unterschiedlichen Temperaturanstiegen und anderen klimatischen Veränderungen durch. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sich die Zahl der atmosphärischen Flüsse verglichen mit der Zeit zwischen 1980 und 2005 demnach verdoppeln. Dazu kommt noch ein zweiter Effekt: Wärmere Luft nimmt mehr Feuchtigkeit auf, so dass sich die Niederschlagsmengen ebenfalls erhöhen.
Normalerweise stammen feuchte Luftmassen im Winter in Europa aus nordwestlichen Windrichtungen; sie sind aber kühl und können daher wenig Wasserdampf aufnehmen. Südwestliche, aus den Tropen stammende Strömungen werden dagegen meist durch das Azorenhoch abgeblockt. Bislang verhindert dieses Druckgebilde, dass atmosphärische Flüsse häufiger auftreten. Extremes Hochwasser in Mitteleuropa entsteht daher entweder, wenn feuchtwarmes Wetter auf schneereiche Mittelgebirge oder die Alpen abregnen – oder durch die so genannte Vb-Strömung, bei der ein wasserdampfgesättigtes Tief aus dem Mittelmeer östlich um die Alpen geführt wird und sich unter anderem dort in Staulage ausschüttet. Dies war zuletzt Ende Mai und Anfang Juni der Fall, weshalb schließlich Donau und Elbe über die Ufer traten.
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