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Asteroideneinschläge: Atombomben können doch Asteroiden abwehren

Killerasteroiden mit Atombomben zu sprengen, ist eine sehr schlechte Idee. Doch es gibt einen anderen Weg, mit den Waffen bedrohliche Himmelskörper von einem Kollisionskurs abzulenken.
Asteroiden-Einschlag auf der Erde (künstlerische Darstellung)
Treffer durch umherfliegende Himmelskörper passieren immer wieder - und können verheerende Folge für die Zivilisation haben.

In Katastrophenfilmen ist die Methode beliebt – doch in der Realität eine extrem schlechte Idee: einen Killerasteroiden mit Atombomben zu sprengen. Einen mehrere Kilometer großen Himmelskörper auf Kollisionskurs mit der Erde würden die Bomben nicht verdampfen, sondern zu einem noch verheerenderen kosmischen Schrotschuss auseinander brechen lassen. Tatsächlich aber könnten Atombomben die Welt eben doch retten, wie nun eindrucksvolle Laborexperimente zeigen. Entscheidend dabei ist aber nicht die Sprengkraft der Superbomben, berichtet nun eine Gruppe um Nathan W. Moore von den Sandia National Laboratories in Albuquerque, sondern vielmehr deren Röntgenstrahlung. In einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift »Nature Physics« demonstrieren sie nun, dass ein Röntgenpuls genug Material auf dem Himmelskörper verdampfen lässt, um einen bis zu vier Kilometer großen Asteroiden auf Kollisionskurs im letzten Moment abzulenken.

Treffer durch wahrhaft apokalyptische Asteroiden von zehn Kilometern Durchmesser und mehr, wie jene von Chixulub vor 66 Millionen Jahren oder Manicouagan vor mehr als 200 Millionen Jahren, sind außerordentlich selten. Doch schon etwas kleinere Objekte treffen unseren Planeten überraschend häufig. Vor rund 3,5 Millionen Jahren erzeugte ein rund ein Kilometer großer Asteroid den Elgygytgyn-See in Sibirien, eine Million Jahre später schlug ein bis zu vier Kilometer großer Himmelskörper in den Südozean ein und verursachte gigantische Tsunamis, und vor nur rund 900 000 Jahren schuf ein weiterer Einschlag einen 14 Kilometer großen Krater in Kasachstan. Solche kosmische Treffer sind zu klein, um nennenswerte geologische Spuren zu hinterlassen – doch groß genug, um ganze Kontinente zu verheeren und das globale Klima auf Jahre hinaus zu verändern.

Derart große Himmelskörper sind schwer abzulenken, besonders wenn man sie erst spät entdeckt. Bisher gibt es zwar reichlich theoretische Überlegungen, wie man das anstellen könnte, doch lediglich ein Verfahren wurde bisher in der Praxis erprobt: Im Jahr 2022 schlug eine Raumsonde gezielt auf dem rund 150 Meter messenden Asteroiden Dimorphos ein, um seine Bahn zu verändern. Doch ob so ein »kinetischer Impaktor« ausreicht, um mehrere Kilometer große Körper hinreichend abzulenken, ist völlig offen. Das Team um Moore untersuchte deswegen eine andere Strategie. Intensive Röntgenstrahlung soll weit mehr Material von der Oberfläche des Himmelskörpers verdampfen als ein lokaler Einschlag bewegen könnte – und damit auch eine größere Bahnänderung erzeugen.

Um das zu zeigen, schoss die Arbeitsgruppe extrem intensive Röntgenstrahlung auf zwei 12 Millimeter messende künstliche Mini-Asteroiden. Um die entstehende Kraft messen zu können, wählten die Fachleute eine raffinierte Konstruktion. Sie hängten die beiden Steine in einer Vakuumkammer an einem dünnen Folienstreifen auf. Mit einem Magnetfeld erzeugten sie dann ein eine Million Grad heißes Argonplasma, das die intensive Röntgenstrahlung aussendet. Diese verdampft die Folie genau in dem Moment, in dem die Strahlung den Mini-Asteroiden trifft – so dass die Steinchen sich im freien Fall befanden, während sie im Röntgenblitz verdampften. Aus der Bahn, die sie beim Fallen zurücklegten, berechnete die Arbeitsgruppe um Moore, wie groß der Rückstoß durch das verdampfende Gesteinsmaterial war.

Die gemessenen Werte sind erstaunlich groß – der Röntgenpuls beschleunigte den Brocken aus Silikatgestein auf etwa 70 Meter pro Sekunde. Vor allem aber entspreche das den Vorhersagen aus Computermodellen, berichtet das Team in seiner Veröffentlichung. Deswegen sind die Fachleute in der Lage, die Resultate des Laborexperiments auf die bei einer Atomexplosion entstehende Röntgenstrahlung hochzurechnen und deren Wirkung auf einen kilometergroßen Brocken zu kalkulieren. Sie prognostizieren, dass der Effekt groß genug ist, um mit einer handelsüblichen Atombombe einen bis zu vier Kilometer großen Brocken abzulenken, wenn man den Sprengkopf mit einer Raumsonde in die richtige Position bringt. Es ist also doch möglich, dass Atombomben irgendwann die Menschheit retten. Vorausgesetzt natürlich, dass nach dem nächsten Atomkrieg noch genug Menschheit zum Retten übrig ist.

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