Wissenschaft im Alltag: Atomzeit am Handgelenk
Vor knapp vierzig Jahren wurde die Zeit in Deutschland Chefsache: Per Gesetz beauftragte die Regierung die Physikalisch- Technische Bundesanstalt in Braunschweig (PTB), den Bürgern mitzuteilen, wie spät es ist. Zehn Atomuhren liefern diese Information im Verein mit Präzisionszeitmessern weltweit.
Im Lauf eines Jahres weicht die genaueste der PTB-Uhren höchstens eine millionstel Sekunde von der Zeit einer idealen Uhr ab. Eine Quarzarmbanduhr hingegen irrt sich jeden Monat um einige Sekunden. Mechanische Uhren leisten sich noch mehr Unpünktlichkeit: Den Begriff "Chronometer" führen zu dürfen erfordert eine Genauigkeit von minus vier bis plus sechs Sekunden pro Tag. Auf die Sekunde verlässlich sind deshalb Funkuhren, denn sie erfahren die korrekte Zeit von der PTB und stellen sich entsprechend nach, je nach Stromversorgung jede Stunde oder einmal am Tag.
Die korrekte Zeit empfangen sie als kodiertes elektromagnetisches Signal. Dazu wird in das Uhrengehäuse eine Ferritantenne eingebaut, das gilt auch für den Zeitmesser am Handgelenk (bei der ersten Funkarmbanduhr, der Junghans Mega 1, bestand die Antenne noch aus einem Metallstreifen im Armband). Sie empfängt das Zeitsignal des Senders DCF77 auf der Frequenz 77,5 Kilohertz (Wellenlänge: 3868,29 Meter). Diese Langwellen breiten sich vom Sender in Mainflingen bei Hanau insgesamt etwa 2000 Kilometer weit aus: die ersten 600 Kilometer überwiegend entlang der Erdoberfläche, zu weiter entfernten Orten über die so genannte Raumwelle: In die Höhe abgestrahlte Wellen werden von der elektrisch leitenden Ionosphäre wieder zur Erde reflektiert.
Für Uhrzeit- und Datumsangabe werden deshalb insgesamt 35 Bits benötigt. Hinzu kommen Informationen, ob ein Wechsel von der Mitteleuropäischen Zeit in die Sommerzeit vorzunehmen ist beziehungsweise umgekehrt oder ob Schaltsekunden einzufügen sind. Insgesamt umfasst ein Datenwort 59 Bits.
Jeweils am Anfang einer Sekunde wird die Amplitude des Signals auf ein Viertel des Maximalwerts reduziert. Auf diese Weise grenzt man die Bits voneinander ab. Die Dauer der Absenkung enthält die wesentliche Information: 100 Millisekunden setzen das Bit auf den Wert »0«, 200 Millisekunden stehen für die "1". Die 59te Sekunde markiert das Ende eines Datenworts durch eine konstante Signalamplitude. So robust diese Technik auch ist, je nach Qualität des Empfangssystems wird der Beginn eines Bits dennoch mit einer Ungenauigkeit von 0,1 bis 100 Millisekunden erkannt.
Wussten Sie schon?
Wolfgang Hilberg gilt als Erfinder der Funkuhr. Er arbeitete bei Telefunken in einem Entwicklungsteam für Digitalrechner. Weil er sich über seine schlecht gehende Wohnzimmeruhr ärgerte, kam er auf die Idee, die Zeit über Funk zentral zu steuern. 1967 erhielt er zwar ein Patent, die erste Funkuhr kam aber erst 1985 auf den Markt, als es erloschen war. Die Idee, mit Radiowellen Zeitsignale zu übertragen, ist jedoch älter. Der britische Ingenieur Sir Howard Grubb prophezeite solche Anwendungen angesichts der Experimente Guglielmo Marconis, der 1899 eine Funkverbindung über den Ärmelkanal realisierte: "Unzweifelhaft wird es möglich sein, dass unsere Uhren automatisch von elektrischen Wellen gestellt werden, während wir durch die Straßen gehen."
Der Tag ist das für den Menschen natürliche Zeitmaß, deshalb bestimmte man früher die Sekunde als den 24 x 60 x 60ten = 86 400ten Teil des mittleren Sonnentags. Doch astronomische Beobachtungen zeigten, dass die Erde über die Jahrtausende immer langsamer rotiert. Grund dafür ist vor allem die Gezeitenreibung. Auch schwankt die Länge eines Tags, weil sich im Erdkörper Massen verlagern. Daher nutzt man seit 1967 das Element Cäsium zur Festlegung einer Sekunde: Sie entspricht dem 9 192 631 770-Fachen der Periodendauer jener Strahlung, die Cäsium-133-Atome freisetzen, wenn sie zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus ihres Grundzustands wechseln.
Schaltsekunden: Das internationale Büro für Maß und Gewicht in Paris ist dafür verantwortlich, die einheitliche Grundlage für die Zeitbestimmung, genannt UTC (Universal Time Coordinated), weltweit zu verbreiten. Das Büro gleicht unter Mitwirkung von fünfzig Instituten, darunter auch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, die Atomzeit immer wieder an die tatsächlich abgelaufene unregelmäßige Erdrotation an, da sich unser natürliches Zeitempfinden nach dem Sonnenstand orientiert. Zu diesem Zweck werden in der Mitte oder am Ende eines Jahres Schaltsekunden eingefügt, etwa in der Nacht zum 1. Januar 2006. Der Zeit 00:59h 59s folgte also 00:59h 60s und dann erst 01:00h 00s. Ende 2007 wird es vermutlich wieder eine Schaltsekunde geben.
Die korrekte Zeit empfangen sie als kodiertes elektromagnetisches Signal. Dazu wird in das Uhrengehäuse eine Ferritantenne eingebaut, das gilt auch für den Zeitmesser am Handgelenk (bei der ersten Funkarmbanduhr, der Junghans Mega 1, bestand die Antenne noch aus einem Metallstreifen im Armband). Sie empfängt das Zeitsignal des Senders DCF77 auf der Frequenz 77,5 Kilohertz (Wellenlänge: 3868,29 Meter). Diese Langwellen breiten sich vom Sender in Mainflingen bei Hanau insgesamt etwa 2000 Kilometer weit aus: die ersten 600 Kilometer überwiegend entlang der Erdoberfläche, zu weiter entfernten Orten über die so genannte Raumwelle: In die Höhe abgestrahlte Wellen werden von der elektrisch leitenden Ionosphäre wieder zur Erde reflektiert.
Die Zeitinformation wird binär, also mit Nullen und Einsen kodiert übertragen, allerdings mit nur einem Bit pro Sekunde (im Vergleich etwa zu einem milliardenfach schnelleren DSL-Anschluss). Auch der verwendete binäre Kode erscheint antiquiert: Entsprechend den Anforderungen der Industrie Mitte der 1970er Jahre werden die Stellen einer Dezimalzahl einzeln in das duale System übertragen. Ein Beispiel: Eine Stundenangabe "13" – ein Uhr nachmittags – ließe sich mit vier Bits als Dualzahl "1101" darstellen, wird aber dennoch mit sechs Bits kodiert, vier für die letzte Ziffer (0–9), zwei für die erste (0–2).
Für Uhrzeit- und Datumsangabe werden deshalb insgesamt 35 Bits benötigt. Hinzu kommen Informationen, ob ein Wechsel von der Mitteleuropäischen Zeit in die Sommerzeit vorzunehmen ist beziehungsweise umgekehrt oder ob Schaltsekunden einzufügen sind. Insgesamt umfasst ein Datenwort 59 Bits.
Jeweils am Anfang einer Sekunde wird die Amplitude des Signals auf ein Viertel des Maximalwerts reduziert. Auf diese Weise grenzt man die Bits voneinander ab. Die Dauer der Absenkung enthält die wesentliche Information: 100 Millisekunden setzen das Bit auf den Wert »0«, 200 Millisekunden stehen für die "1". Die 59te Sekunde markiert das Ende eines Datenworts durch eine konstante Signalamplitude. So robust diese Technik auch ist, je nach Qualität des Empfangssystems wird der Beginn eines Bits dennoch mit einer Ungenauigkeit von 0,1 bis 100 Millisekunden erkannt.
Für bislang ungenutzte Stellen gibt es bereits Pläne: Die in den Sekunden 1 bis 14 übertragenen Bits könnten in Zukunft vom Bundesamt für Bevölkerungswarnung und Katastrophenhilfe für Warnungen etwa vor Chemieunfällen oder Stürmen genutzt werden. Hierzu wurden erste Tests durchgeführt. Zusätzlich übermittelt die Schweizer Firma Meteo Time seit Ende 2006 mit DCF77 und dem Schweizer Zeitzeichensender HBG (75 Kilohertz) auf diesen Bits Wetterdaten. Allerdings ist derzeit noch keine entsprechende Armbanduhr erhältlich. Wenn unsere persönlichen Chronometer aber eines Tages nicht nur die Zeit, sondern auch die Wettervorhersage empfangen können, werden wir nicht nur pünktlich, sondern auch passend angezogen zu unseren Terminen erscheinen.
Wussten Sie schon?
© Spektrum der Wissenschaft
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.