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Schöne Kleidung: Die Macht der Mode

Farb- und Stilberatungen raten dazu, sich je nach Hauttyp und Augenfarbe in bestimmten Farben zu kleiden. Nun beginnt die Forschung endlich, Schönheitspostulate wie diese zu überprüfen – mit ersten Ergebnissen.
Ein Paar Füße in zwei verschiedenen Schuhen: einem schwarzen Stöckelschuh und einem rosafarbenen Freizeitschuh mit weißen Schnürsenkeln und weißer Sohle
Schicke Abendgarderobe oder lässige Freizeitklamotten? Die Kleidung bestimmt den ersten Eindruck.

Frühling, Sommer, Herbst oder Winter: Welcher Farbtyp sind Sie? Diese Frage stellen Frauenzeitschriften ihren Leserinnen seit Jahrzehnten. Je nach Haut-, Haar- und Augenfarbe ordnet man sich einer der vier Kategorien zu und erhält passende Farbempfehlungen für Kleidung und Make-up. Einem »Wintertyp« wie der US-Schauspielerin Liv Tyler stehen demnach kühle Farben, einem »Herbsttyp« wie Sängerin Jennifer Lopez warme, dunkle Erdtöne; »Sommertypen« sollen helle Pastelltöne tragen und »Frühlingstypen« helle, leuchtende Farben. Das Versprechen: Wer sich entsprechend kleidet, wirkt besonders attraktiv.

Die Idee stammt aus dem Buch »Color me beautiful« von Carole Jackson, das in den 1980er Jahren die Bestsellerlisten stürmte. Der schmale Band legte die Grundlage zu einer neuen Geschäftsidee in der Modewelt: der individuellen Farbberatung. Rund um den Globus lernten Visagistinnen und Stylisten, ihre Klientel in Frühling-, Sommer-, Herbst- oder Wintertypen einzugruppieren. Beim Profi kann so eine Farbanalyse einige hundert Euro kosten. Heute gibt es dafür auch Apps wie »Style DNA« oder »Dressika«: Man muss lediglich ein Foto hochladen – ohne Make-up, aufgenommen bei Tageslicht und vor neutralem Hintergrund.

Was ist dran an Systemen wie »Color me beautiful«? Stimmt es, dass bestimmte Farben manchen Menschen besser stehen als anderen? Falls ja: Woran liegt das? Und wie beeinflusst unsere Kleidung allgemein unsere Attraktivität? Die Forschung hat dazu noch erstaunlich wenig zu sagen. Denn sie konzentrierte sich bislang vor allem darauf, wie Gesicht und Körperbau das Aussehen beeinflussen.

Dabei ist sie auf einige interessante Befunde gestoßen. Zum Beispiel, dass Menschen mit einer makellosen Haut im Schnitt als besonders anziehend bewertet werden. Oder dass Frauen mit einer schmalen Taille und mittelbreiten Hüften attraktiver wirken. Viele dieser Ergebnisse gelten in allen bislang untersuchten Kulturen. Das spricht dafür, dass die Kriterien, an denen wir gutes Aussehen bemessen, zumindest teilweise in unseren Genen verankert sind.

Kleidung ist kein ehrliches Signal

Die meisten Forschenden glauben heute: Ein attraktives Äußeres signalisiert eine hohe »Qualität« als Sexualpartner. In der Evolutionsbiologie spricht man auch von einem »ehrlichen« Signal – ehrlich deshalb, weil wir unsere Gesichtszüge oder unsere Figur nicht oder nur mit viel Aufwand verändern können. Bei Frisur, Make-up oder eben Kleidung ist das anders. Wir alle wissen aus unserer Alltagserfahrung, wie sehr diese Faktoren den Eindruck beeinflussen, den wir von unserem Gegenüber bekommen. Dennoch ist ihr Einfluss auf die wahrgenommene Attraktivität noch kaum erforscht. »Ich kann mir diesen Mangel an wissenschaftlichem Interesse kaum erklären«, sagt David Perrett, Professor für Psychologie an der Universität im schottischen St Andrews. »Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ästhetische Urteile als etwas rein Subjektives gesehen werden und die Forschung sich deshalb zurückhält, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.«

Perrett und sein Kollege Reiner Sprengelmeyer haben kürzlich damit begonnen, diese Forschungslücke zu schließen: Sie untersuchten, ob Haut- oder Augenfarbe einen Einfluss darauf haben, welche Farben einer Person stehen, und stellten damit gewissermaßen die Ratschläge der Farb- und Stilberatung auf den wissenschaftlichen Prüfstand. Je nachdem, welcher Schule Modegurus und Visagistinnen angehören, unterscheiden sich ihre Tipps zwar in manchen Punkten. Auf eine bestimmte Empfehlung stößt man aber immer wieder: Zu einem warmen Hautton passen am besten warme Farben wie Gelb, Orange oder Rot. Bei einem kühlen Teint sollte man sich dagegen eher in grüne, blaue oder violette Stoffe hüllen.

»In einer ersten Studie haben wir tatsächlich Hinweise darauf gefunden, dass das stimmt«, sagt Perrett. Darin hatten die Forscher zunächst acht junge Frauen fotografiert. Die Hälfte von ihnen war eher blass, die andere Hälfte hatte eine dunklere und »wärmere« Gesichtsfarbe. An dem eigentlichen Experiment nahmen 74 Personen teil. Sie sollten die Frauenporträts am Computerbildschirm jeweils mit einem stilisierten T-Shirt kombinieren. Die Farbe des Shirts konnten sie frei variieren, bis die Abgebildete darin aus ihrer Sicht am besten aussah. Tatsächlich kombinierten die Testpersonen blasse Gesichter öfter mit kühlen und gebräunte häufiger mit warmen Farben.

»Blaue, grüne oder graue Augen harmonieren eher mit kühlen Tönen«David Perrett, Professor für Psychologie an der University of St Andrews

Doch bei der Interpretation der Ergebnisse gibt es ein Problem: Menschen mit einem dunklen Teint haben oft auch dunkle Haare und dunkle Augen. »Zu unserer großen Überraschung haben wir in einer Anschlussstudie entdeckt, dass es auf die Hautfarbe kaum ankommt«, betont Perrett. »Viel entscheidender ist, ob jemand dunkle oder helle Augen hat. Sind sie braun, sieht die entsprechende Person am besten in warmen Farben aus – unabhängig von ihrem Teint. Blaue, grüne oder graue Augen harmonieren dagegen eher mit kühlen Tönen.«

Diese Ergebnisse widersprechen zumindest teilweise den Empfehlungen des »Color me beautiful«-Systems. Zugleich bestätigen sie aber eine seiner Grundannahmen – nämlich, dass nicht jede Farbe allen Menschen gleich gut steht. Allzu überraschend ist das nicht: Wer hat nicht schon einmal insgeheim gedacht, sein Gegenüber sollte besser kein knalliges Orange tragen? Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass Studien zum Einfluss von Farben auf die Attraktivität oft nur schwache Effekte finden: Die Farben entfalten schlicht nicht bei jeder Person dieselbe Wirkung.

Der »Red-romance«-Effekt

Das könnte ebenso für ein Phänomen gelten, das in der Fachwelt als »Red-romance«-Effekt bekannt ist. Die erste Untersuchung dazu stammt von Andrew Elliot und Daniela Niesta von der Universität im US-amerikanischen Rochester. Sie entdeckten 2008 in einer Serie von Experimenten, dass ein roter Hintergrund Frauen auf Bildern attraktiver erscheinen lässt als ein grauer, grüner oder blauer Hintergrund. Männliche Versuchspersonen bewerteten die Abgelichteten dann als hübscher und sexuell begehrenswerter. Dieser Befund wurde in der Folge von anderen Arbeitsgruppen bestätigt. Es gab aber auch Forschende, die den »Red-romance«-Effekt nicht nachweisen konnten. »Der Grund dafür ist möglicherweise, dass Rot einfach nicht zu allen Menschen passt«, sagt Schönheitsforscher David Perrett.

Bei manchen Frauen (und eventuell auch Männern) scheint Rot jedoch tatsächlich die Attraktivität zu steigern. Elliot und Niesta vermuteten dafür unter anderem biologische Gründe: Bei weiblichen Primaten färben sich die Genitalien zu Zeiten ihrer größten Fruchtbarkeit rot. »Bei Menschen röten sich zudem Wangen und Dekolleté, wenn sie sexuell erregt sind«, erklärt der Psychologe Sascha Schwarz von der Bergischen Universität Wuppertal, der den »Red-romance«-Effekt seinerseits in mehreren Studien untersucht hat. »Möglicherweise interpretieren wir Rot daher als Signal sexuellen Interesses. Hinzu kommt, dass wir ein gut durchblutetes Gesicht als gesund wahrnehmen.«

Vielleicht nutzen manche Männer und Frauen den »Red-romance«-Effekt sogar gezielt aus: Einigen Studien zufolge kleiden sie sich vor allem dann in Rot, wenn sie nach einer Partnerin oder einem Partner suchen. In diese Richtung deutet zum Beispiel eine Analyse aus Großbritannien. Der Psychologe Robin Kramer und seine Kollegin Jerrica Mulgrew hatten darin ein Feldexperiment ausgewertet: die populäre britische Reality-TV-Show »First Dates«. Darin treffen sich Freiwillige in einem Restaurant in London zu einem Blind Date. Ein paar Tage vorher werden sie von den Machern der Show interviewt. Interessanterweise trugen sowohl Männer als auch Frauen bei diesem Gespräch seltener Rot als beim eigentlichen Date einige Tage später. Manche andere Studien finden ähnliche Effekte. Wirklich gut belegt ist dieses Phänomen aber nicht.

Doch nicht nur in Rot hüllten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihrem Blind Date auffallend gern. Groß war der Unterschied zwischen Interview und Rendezvous noch bei einer anderen Farbe: Schwarz. Ihr wird ebenfalls eine attraktivitätssteigernde Wirkung zugeschrieben, wenn auch aus ganz anderen Gründen: In unserem Kulturkreis ist formale Kleidung häufig schwarz – egal ob Anzug oder Business-Kostüm. »Schwarz wird bei uns daher oft mit einem hohen Status assoziiert«, erklärt Sascha Schwarz von der Universität Wuppertal. »Und die Forschung zeigt, dass Menschen mit einem hohen Status im Schnitt als attraktiver wahrgenommen werden.«

Kleidung sendet eine Botschaft

Kleidung dient eben nicht nur dazu, uns warm zu halten oder vor Regen zu schützen. Mit dem, was wir anziehen, senden wir genauso Botschaften: ob wir uns eher unter freiem Himmel wohlfühlen oder bei einer schicken Abendveranstaltung. Ob wir konservativ sind oder progressiv. Und natürlich, über wie viel Geld und Einfluss wir verfügen. Diese Botschaften entscheiden mit darüber, welchen ersten Eindruck wir auf andere machen – für wie kompetent oder zuverlässig sie uns halten, wie sympathisch und gutaussehend sie uns finden.

Mit ihren Versuchen, die psychologischen Mechanismen dahinter aufzudröseln, steht die Forschung noch weitgehend am Anfang. Auch die Frage, warum hochhackige Schuhe anziehend wirken, ist längst nicht aufgeklärt. Untersuchungen zeigen, dass Frauen in High Heels als attraktiver bewertet werden – möglicherweise weil dies ihre Beine optisch verlängert oder weil sie auf hohen Absätzen »weiblicher« gehen: Sie machen kürzere Schritte und wiegen sich stärker in den Hüften, wie eine britische Studie belegte. Weitere Arbeitsgruppen sehen dagegen einen anderen Effekt am Werk – nämlich dass Stilettos und Pumps ihre Trägerinnen ins Hohlkreuz zwingen, was die Neigung der Lendenwirbelsäule näher an ein Optimum bringt: Ein (natürliches) leichtes Hohlkreuz verringert vermutlich das Risiko von Wirbelsäulen-Schädigungen bei einer Schwangerschaft. Frauen in High Heels wären dieser Argumentation zufolge also potenziell die gesünderen Mütter und wirken deshalb attraktiver.

Bei manchen Accessoires steht noch gar nicht fest, ob sie uns schmücken oder verschandeln – Sonnenbrillen etwa. Sie dienen längst nicht mehr nur dem Schutz der Augen, sondern vor allem als Mode-Statement, lassen ihre Träger cool und ein wenig geheimnisvoll erscheinen, weil sie Augen und damit auch Gefühle verbergen. Manche Forscherinnen und Forscher vertreten zudem die These, dass Sonnenbrillen die Symmetrie des Gesichts verstärken – ein wichtiger Faktor für ein anziehendes Äußeres. Die wenigen wissenschaftlichen Befunde, die es bislang zu ihrer Wirkung gibt, liefern allerdings keine Belege für einen Attraktivitäts-Boost. Im Gegenteil: Sonnenbebrillte Gesichter wirken demnach sowohl etwas weniger hübsch als auch weniger vertrauenswürdig.

Wenn sich daraus überhaupt eine (sehr vorläufige) Empfehlung ableiten lässt, dann vielleicht am ehesten diese: beim ersten Date besser keine Sonnenbrille tragen. Dann lässt sich in der Regel auch das Gegenüber leichter beurteilen.

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  • Quellen

Hester, N., Hehman, E.: Dress is a fundamental component of person perception. Personality and Social Psychology Review 27, 2023

Lehmann, G. K. et al.: Meta-analysis of the effect of red on perceived attractiveness. Evolutionary Psychology 16, 2018

Morris, P. H. et al.: High heels as supernormal stimuli: How wearing high heels affects judgements of female attractiveness. Evolution and Human Behavior 34, 2013

Perrett, D.: Eye colour is more important than skin colour for clothing colour aesthetics. Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts, 2023

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