News: Auf dem Weg zu fernen Sternen
Die Energie des Weltenbummlers geht nämlich schon jetzt zur Neige. Doch eigentlich ist dieses "schon" nicht gerechtfertigt. Pioneer 10 hat die Erwartungen seiner Erbauer und Betreuer längst weit übertroffen. Als die Sonde am 2. März 1972 an Bord einer Atlas Centaur-Rakete in den Weltraum startete, lagen mehrere schwierige Aufgaben vor ihr, die sie alle bravourös meisterte. Zu ihren wichtigsten Erfolgen zählen Wissenschaftler die Durchquerung des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter. Niemand wusste damals, wie viele Felsbrocken – von der Größe eines Sandkorns bis hin zu Giganten mit mehreren Kilometern Durchmesser – dort einem Raumfahrzeug entgegenstehen und es möglicherweise gefährden könnten. Die Erfahrungen dieser ersten Passage ebneten den Weg für alle weiteren Expeditionen über die Umlaufbahn des Mars hinaus.
Noch einige weitere Premieren kann Pioneer 10 für sich verbuchen. Als erstes Raumsonde erreichte sie Jupiter, und zum ersten Mal nutzte eine von Menschen geschaffene Maschine die Gravitation eines Planeten, um genug Schwung für einen Flug aus dem Sonnensystem heraus zu bekommen.
Am 8. Dezember 1992 entdeckte Pioneer 10 sogar einen neuen Himmelskörper. Eine unerwartete Kursänderung in 8,4 Milliarden Kilometern Entfernung von der Erde verriet nach Ansicht vieler Wissenschaftler die Anwesenheit eines Objektes des so genannten Kuiper-Gürtels. Diese eisigen Gebilde ziehen ihre Bahnen um die Sonne noch außerhalb des Planeten Pluto.
Momentan rast Pioneer 10 mit 13 Kilometern pro Sekunde auf den Rand der Heliosphäre zu. Ursprünglich meinten Astronomen, diese vom Sonnenwind im interstellaren Raum geschaffene Blase würde sich nur unwesentlich hinter die Jupiterbahn erstrecken. Die Messungen der Voyager- und Pioneer-Sonden zeigten jedoch, dass die Heliosphäre mindestens doppelt so weit in den Raum reicht wie die Umlaufbahn des Pluto. Wo genau die Grenze ist, würden die Wissenschaftler gerne von Pioneer 10 erfahren, wenn sie den Dunstschleier der Sonne verlässt.
Die Chancen dafür stehen allerdings nicht so gut. Die Energie der Sonde stammt aus der Wärme eines Vorrats an radioaktivem Plutonium 238. Dessen Halbwertszeit beträgt zwar gute 92 Jahre, doch zerfallen die Thermokoppler, die den elektrischen Strom generieren, schneller. Nach Ansicht der Ingenieure wird Pioneer 10 nicht mehr lange senden können. Dabei wenden sie modernste Verfahren aus der Chaos-Theorie an, um das schwache Signal von 3*10-22 Watt überhaupt aus dem Rauschen filtern zu können. Denn das ist alles, was die Erde von den acht Watt Leistung, mit denen Pioneer 10 sendet, noch erreicht.
Damit die Verbindung überhaupt aufrecht bleibt, sandten die Ingenieure im Februar eine Kommando-Sequenz an ihren Schützling. Um Energie zu sparen, befahlen sie der Sonde, während der notwendigen Kurskorrektur die Kommunikationseinheit für 90 Minuten auszuschalten. Etwas mehr als zehn Stunden bangte das Bodenpersonal, ob Pioneer 10 alles richtig machte – so lange brauchte das lichtschnelle Signal, um die elf Milliarden Kilometer zur Erde zurückzulegen. Dann die Erleichterung: Pioneer 10 hatte – mal wieder – gute Arbeit geleistet.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 30.9.1999
"Kleine Irritation am Rande des Sonnensystems"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 1.10.1998
"Ungewöhnlich anziehend"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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