Direkt zum Inhalt

News: Auf dem Weg zum Quantencomputer

Wie mit ihnen umzugehen wäre, wissen die Wissenschaftler theoretisch schon. Bloß ob und wie die Idee überhaupt realisiert werden kann, steht für viele Forscher noch in Frage. Derweil machen die Physiker aus Los Alamos experimentelle Fortschritte in der Entwicklung von Quantencomputern, und in drei Jahren wollen sie den ersten bescheidenen Quanten-Rechner fertig haben.
Richard Hughes von der Neutron Science and Technology Group des Los Alamos National Laboratory erklärte auf dem Jahrestreffen der American Physical Society im März 1998: "Nach den jüngsten experimentellen und theoretischen Arbeiten scheint es, als ob die Hindernisse beim Bau eines funktionierenden Quantencomputers eher technischer Natur sind und nicht so sehr auf grundlegenden physikalischen Problemen beruhen." Seinen Worten zufolge könnte innerhalb der nächsten drei Jahre ein Quantencomputer, wie er zur Zeit in Los Alamos gebaut wird, kleinere Berechnungen durchführen.

Die Stärken und Schwächen von Quantencomputern

Bestimmte Rechenoperationen könnte ein Quantencomputer viel schneller ausführen als ein konventioneller Rechner. Er nutzt die Quanteneigenschaften von Teilchen wie Photonen oder Ionen – den sogenannten qubits (von quantum bits) – um Informationen zu speichern. In jedem qubit steckt eine Überlagerung von Teilchenzuständen, so daß eine Rechenoperation mit einer großen Anzahl von Startwerten simultan durchgeführt wird. Dieses Verfahren schränkt die Einsatzmöglichkeiten der Quantencomputer jedoch ein, weshalb sie auch weder die gewohnten Tisch-PCs noch herkömmliche Großrechner ersetzen werden. Für Spezialaufgaben wie die Faktorisierung großer Zahlen oder die Suche nach bestimmten Informationen in großen Datenbeständen wären sie allerdings extrem gut geeignet.

Ein lohnendes Einsatzgebiet für Quantencomputer wäre die Verschlüsselung und Decodierung von Nachrichten. "Die Arbeit mit Quantencomputern könnte die Art und Weise, wie wir vertrauliche oder geheime Informationen schützen, grundlegend verändern", sagte Hughes.

Seit den 70er Jahren ist die Kryptographie mit veröffentlichtem Schlüssel (public key cryptography) weit verbreitet. Eine nach diesem Verfahren codierte Nachricht bleibt so lange geheim, wie es nicht gelingt, eine vielleicht 100stellige, öffentlich bekannte Zahl – den Schlüssel – in ihre Faktoren zu zerlegen. Während herkömmliche Computer dafür viele Jahre brauchen, würde ein Quantenrechner diese Arbeit theoretisch in ein paar Sekunden erledigen. Damit wäre das Verschlüsselungsverfahren wertlos. Zum Ausgleich entwickelt das Wissenschaftlerteam in Los Alamos auch gleich eine neue Verschlüsselungstechnik, die als Quantenkryptographie bekannt ist. Sie soll eingesetzt werden, sobald die traditionelle Verschlüsselungsmethode veraltet ist.

Der "Quantencomputer" in Los Alamos

Im jetzigen Frühstadium bestehen die Quantencomputer aus Los Alamos aus einer Kette von bis zu acht "eingesperrten" Calciumionen – den qubits – sowie aus Prototypen optischer Schalter, mit denen die Forscher einen Laserstrahl auf ein einzelnes Ion richten und den Strahl von Ion zu Ion lenken können.

Das Team verwendet Laser, um die Calciumionen in einer sogenannten Ionenfalle durch Abkühlung in einen Ruhezustand zu versetzen. Lichtblitze aus einem Titan-Saphir-Laser werden auf die Ionen gerichtet, um logische Operationen zu starten, welche die Grundlage für computergestützte Berechnungen aller Art sind. Den Forschern ist es bisher gelungen, die optische Adressierung experimentell zu etablieren. "Wir haben gezeigt, daß man mit einem einzigen Laserimpuls genau ein einzelnes Ion in einer Ionenfalle treffen kann", erklärte Hughes. "Das gelang uns mit einer nur geringen Beeinflussung der benachbarten Ionen, die nur 20 Mikrometer entfernt sein müssen. Dieses ist eine essentielle Anforderung, um logische Schaltungen mit qubits zu realisieren."

Theoretische Zeitfragen

Während das eine Team über zwei Jahre an seinem Prototyp eines Quantencomputers arbeitete, haben andere Forscher versucht, einige der fundamentalen theoretischen Fragen zu lösen, die sich als Hindernisse für einen funktionierenden Quantencomputer erweisen könnten. Auf dem Treffen der American Physical Society stellte Hughes die vorläufigen Antworten der Arbeitsgruppe vor:

"Eine Frage, die die Los-Alamos-Physiker gelöst haben, ist für die Entwicklung eines Quantencomputers essentiell: Ionen verbleiben nur eine kurze Zeit in einem kohärenten Quantenzustand. Einige Wissenschaftler vermuteten, daß gefangene Ionen ihre Kohärenz zu schnell verlieren würden, um für praktische Berechnungen nutzbar zu sein. Wir haben analysiert, wie viele Rechenoperationen theoretisch durchgeführt werden können." – Immerhin 100 000 logische Operationen sollten für einen Quantencomputer mit einem Register aus 50 qubits ohne Probleme ausführbar sein, lautete die Antwort. Dabei würde jede einzelne Operation nur wenige Mikrosekunden dauern.

"Diese experimentellen und theoretischen Resultate machen den Weg frei für die Erforschung der Computerarbeit auf Quantenbasis", sagte Hughes. "Wir erwarten in den kommenden Jahren noch keinen Einsatz in der Praxis, aber wir glauben, auf der richtigen Fährte zu sein."

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.