Kopfrechnen: Auf die Lösung geschielt
Der Zahlenstrahl taugt nicht nur Grundschullehrern zur Veranschaulichung. Unser Hirn hat selbst ganz ähnliche Vorstellungen: Wenn wir addieren, "schaut" es nach rechts.
Sie sind so allgegenwärtig, dass sie kaum je bewusst werden: räumliche Metaphern. "Hoch" sind nicht allein nur Berge, sondern auch Leistungen, Singstimmen, Stimmungslagen, Schulden und die Zahl 3,5 * 1017. Ohne Zweitverwertung ihres Raumvokabulars für eher Unanschauliches kommt keine Sprache aus.
Aber mehr noch: Auch gedanklich navigieren wir durch abstrakte Eigenschaften, Zeitdauern oder Zahlensummen wie einst der Eiszeitjäger durch die Tundra. Räumliche Vorstellungskraft ist seit Äonen erprobt und ermöglicht es – geschickt recycelt – unserem Denkorgan, zum Beispiel komplexe Rechnungen zu beherrschen und schließlich auch zu lösen. Ohnehin hätte der Evolution für die Entwicklung eines speziellen Mathe-Moduls die Zeit gefehlt.
Andere Hirnregionen sind deshalb für diese Aufgabe eingesprungen, glauben Forscher um André Knops von der Université Paris-Sud in Gif-sur-Yvette und demonstrierten dieses Übernahmeprinzip jetzt anhand eines beidseitig vorhandenen Großhirnareals für Augenbewegungen. Es trägt den kryptischen Namen "posteriorer superiorer parietaler Lobulus", kurz auch PSPL, es plant und steuert Blickrichtungswechsel und mischt eben auch – wie sich nun herausstellte – bei der Arithmetik mit.
Computer unterscheidet links von rechts
Die Forscher konzentrierten sich zunächst ausschließlich auf seine klassische Aufgabe. Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie zeichneten sie die Nervenaktivität in der Region auf, während Probanden mal nach rechts, mal nach links blicken sollten. Die Messungen speisten sie anschließend in einen Computer mit Mustererkennungsalgorithmus ein, der zu erkennen lernte, in welche Richtung ein Proband geschielt hatte.
Erst dann, im zweiten Schritt, kam die Mathematik ins Spiel: Nun hielten die Probanden die Augen starr geradeaus und lösten stattdessen Additions- und Subtraktionsaufgaben. Dem Computer gelang es nun auf Anhieb – also ohne weiteres Training –, einen Additionsdurchgang von einem Subtraktionsdurchgang zu unterscheiden. Demnach tauchten identische Aktivierungsmuster wie im Experiment zuvor auf. Oder bildlich gesprochen, das Gehirn der Probanden blickte bei der Plus-Rechnung nach rechts und bei der Minus-Rechnung nach links. Wohlgemerkt, nur das Gehirn, denn die Augen selbst hatten die Probanden nicht bewegt.
Knops und Kollegen zufolge steht dahinter eine Verschiebung der räumlichen Aufmerksamkeit. Das Gehirn behandle die auszurechnenden Werte, seien es nun arabische Ziffern oder Punktmengen, als wären sie auf einem Zahlenstrahl angeordnet. Diesen wandere es dann auf der Suche nach einer Lösung ab. Weil eine Addition die beteiligten Werte erhöht, muss das Ergebnis sozusagen weiter rechts liegen.
Doch nur ein Nebeneffekt?
Bislang waren Hinweise auf die Existenz einer solchen Links-Rechts-Anordnung hauptsächlich psychologischer Natur. Unter anderem hatten Forscher beobachtet, dass simples Anschauen hoher Zahlen eine Versuchsperson nach rechts tendieren lässt, während der Blick auf eine niedrige Zahl ihre Orientierung nach links verschiebt.
Die Ergebnisse von Knops und Kollegen fügen sich nahtlos in diese Befunde ein. Rechts- und Linksorientierung gehört zur Rechnung dazu, aber inwiefern nützt die gedankliche Augenbewegung bei der Berechnung? Auch die Autoren räumen freimütig ein, dass sie nicht mit Sicherheit sagen können, worin die Rolle des Areals genau besteht. Es könnte sich um einen bloßen Nebeneffekt handeln, ein irgendwie nützliches Hilfssystem – oder aber der PSPL führt tatsächlich Teile der eigentlichen Berechnung durch.
Das Team um Knops hält das für durchaus denkbar. Zwar seien auch gänzliche andere Areale bei der mathematischen Lösungssuche aktiv, doch der PSPL und die ihn umgebenden Gebiete scheinen auch bei ihrer traditionellen Aufgabe als Kalkulator in Aktion zu treten: Ihnen fällt es offenbar zu, die jeweiligen Eigenbewegungen von Augen, Kopf und Zielobjekt miteinander zu verrechnen. Das sei eine gute Grundlage, spekulieren die Forscher, um eine Zusatzqualifikation in Arithmetik zu erwerben.
Aber mehr noch: Auch gedanklich navigieren wir durch abstrakte Eigenschaften, Zeitdauern oder Zahlensummen wie einst der Eiszeitjäger durch die Tundra. Räumliche Vorstellungskraft ist seit Äonen erprobt und ermöglicht es – geschickt recycelt – unserem Denkorgan, zum Beispiel komplexe Rechnungen zu beherrschen und schließlich auch zu lösen. Ohnehin hätte der Evolution für die Entwicklung eines speziellen Mathe-Moduls die Zeit gefehlt.
Andere Hirnregionen sind deshalb für diese Aufgabe eingesprungen, glauben Forscher um André Knops von der Université Paris-Sud in Gif-sur-Yvette und demonstrierten dieses Übernahmeprinzip jetzt anhand eines beidseitig vorhandenen Großhirnareals für Augenbewegungen. Es trägt den kryptischen Namen "posteriorer superiorer parietaler Lobulus", kurz auch PSPL, es plant und steuert Blickrichtungswechsel und mischt eben auch – wie sich nun herausstellte – bei der Arithmetik mit.
Computer unterscheidet links von rechts
Die Forscher konzentrierten sich zunächst ausschließlich auf seine klassische Aufgabe. Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie zeichneten sie die Nervenaktivität in der Region auf, während Probanden mal nach rechts, mal nach links blicken sollten. Die Messungen speisten sie anschließend in einen Computer mit Mustererkennungsalgorithmus ein, der zu erkennen lernte, in welche Richtung ein Proband geschielt hatte.
Erst dann, im zweiten Schritt, kam die Mathematik ins Spiel: Nun hielten die Probanden die Augen starr geradeaus und lösten stattdessen Additions- und Subtraktionsaufgaben. Dem Computer gelang es nun auf Anhieb – also ohne weiteres Training –, einen Additionsdurchgang von einem Subtraktionsdurchgang zu unterscheiden. Demnach tauchten identische Aktivierungsmuster wie im Experiment zuvor auf. Oder bildlich gesprochen, das Gehirn der Probanden blickte bei der Plus-Rechnung nach rechts und bei der Minus-Rechnung nach links. Wohlgemerkt, nur das Gehirn, denn die Augen selbst hatten die Probanden nicht bewegt.
Knops und Kollegen zufolge steht dahinter eine Verschiebung der räumlichen Aufmerksamkeit. Das Gehirn behandle die auszurechnenden Werte, seien es nun arabische Ziffern oder Punktmengen, als wären sie auf einem Zahlenstrahl angeordnet. Diesen wandere es dann auf der Suche nach einer Lösung ab. Weil eine Addition die beteiligten Werte erhöht, muss das Ergebnis sozusagen weiter rechts liegen.
Doch nur ein Nebeneffekt?
Bislang waren Hinweise auf die Existenz einer solchen Links-Rechts-Anordnung hauptsächlich psychologischer Natur. Unter anderem hatten Forscher beobachtet, dass simples Anschauen hoher Zahlen eine Versuchsperson nach rechts tendieren lässt, während der Blick auf eine niedrige Zahl ihre Orientierung nach links verschiebt.
Die Ergebnisse von Knops und Kollegen fügen sich nahtlos in diese Befunde ein. Rechts- und Linksorientierung gehört zur Rechnung dazu, aber inwiefern nützt die gedankliche Augenbewegung bei der Berechnung? Auch die Autoren räumen freimütig ein, dass sie nicht mit Sicherheit sagen können, worin die Rolle des Areals genau besteht. Es könnte sich um einen bloßen Nebeneffekt handeln, ein irgendwie nützliches Hilfssystem – oder aber der PSPL führt tatsächlich Teile der eigentlichen Berechnung durch.
Das Team um Knops hält das für durchaus denkbar. Zwar seien auch gänzliche andere Areale bei der mathematischen Lösungssuche aktiv, doch der PSPL und die ihn umgebenden Gebiete scheinen auch bei ihrer traditionellen Aufgabe als Kalkulator in Aktion zu treten: Ihnen fällt es offenbar zu, die jeweiligen Eigenbewegungen von Augen, Kopf und Zielobjekt miteinander zu verrechnen. Das sei eine gute Grundlage, spekulieren die Forscher, um eine Zusatzqualifikation in Arithmetik zu erwerben.
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