Mikrobiologie: Auf Empfang
Fast alles Leben auf der Erde hängt direkt oder indirekt von der Sonne ab. So verwundert es nicht, dass auch Bakterien das Sonnenlicht effektiv zu nutzen verstehen. Bei einem erst kürzlich entdeckten Keim arbeiten zwei Moleküle dazu Hand in Hand.
In jeder Krise liegt eine Chance. Diese von Lebens-, Unternehmens- oder Politikberatern gern zitierte Weisheit gilt auch für die Evolution. Denn als zu Beginn des Lebens die Mittel in der Ursuppe langsam knapp wurden, bedeutete dies wohl das Ende für die meisten der bis dahin entstandenen Lebensformen. Einige wenige konnten sich jedoch mit einer Innovation retten: Sie "erfanden" die Fotosynthese.
Indem sie die Energie des Sonnenlichtes nutzen, um selbst organische Substanz aufzubauen, machten sich die findigen Organismen von der Nahrungszufuhr aus der Umwelt unabhängig. Andere konnten wiederum von dieser Innovationsleistung profitieren: Sie verspeisten ihre fotosynthetischen Mitgeschöpfe.
Fast das gesamte Leben auf unserem Planeten beruht somit auf Fotosynthese, die sich nicht nur auf die grünen Pflanzen beschränkt. Neben den Cyanobakterien sind es vor allem die urtümlichen Archaea, welche die Kunst der Lichtnutzung verstehen. Hier arbeitet ein Protein namens Bakteriorhodopsin als Lichtfänger. Es ähnelt – der Name deutet es an – dem lichtempfindlichen Pigment Rhodopsin, das unseren Augen zum Sehen verhilft.
Doch auch die "echten" Bakterien besitzen Abkömmlinge des Sehpurpurs zur Energienutzung. Als neuer Kandidat zeigt sich der Keim Salinibacter ruber, den spanische Forscher um Josefa Antón von der Universität Alicante erst 2002 beschrieben haben. Die Art fällt vor allem durch ihre Vorlieben – es fühlt sich in Salzlaken an der Küste des Mittelmeers bei Salzkonzentrationen zwischen 20 und 30 Prozent wohl – und ihre tief rote Farbe auf.
Als Ursache der Färbung konnten die Mikrobiologen ein Molekül in der Zellmembran ausmachen, dem sie den Namen "Salinixanthin" gaben. Bisher vermuteten die Forscher, dass die zu den Carotinoiden zählende Substanz lediglich die Membran des Bakteriums stabilisiert und es vor zu starker Sonneneinstrahlung schützt.
Also lediglich ein Sonnenschirm? Antón begab sich ins sonnige Kalifornien, um hier – im Labor von Janos Lanyi an der Universität von Kalifornien in Irvine – mit Sergei Balashov und anderen Wissenschaftlern dem Keim auf den Zahn zu fühlen.
Wie sich herausstellte, ist Salinibacter ruber Sonnenlicht durchaus nicht abgeneigt. Im Gegenteil: Bei ausreichender Bestrahlung gedeiht es prächtig – und säuert sein umgebendes Medium dabei kräftig ein, indem es Protonen nach außen abgibt.
Das kam den Forschern bekannt vor. Denn auch andere Mikroorganismen besitzen eine lichtgetriebene Protonenpumpe: Bakteriorhodopsin nutzt die Energie des Lichts, um Protonen gegen das Konzentrationsgefälle aus der Zelle zu befördern. Mit dem dadurch aufgebauten Protonengradienten können die Zellen den Universal-Energieträger ATP herstellen.
Und tatsächlich entdeckten Balashov und Co in der Zellmembran von Salinibacter ruber eine derartige Protonenpumpe, die mit Sonnenenergie läuft. Auch hier handelt es sich um einen Rhodopsin-Verwandten, den die Forscher auf den Namen "Xanthorhodopsin" tauften.
Solche Antennenpigmente sind den Wissenschaftlern nicht neu. Schließlich verwenden auch die grünen Pflanzen Carotinoide als Lichtfänger, um die Effizienz ihrer Fotosynthese zu steigern. Doch ihr Energiewandler heißt Chlorophyll – Antennenpigmente, die mit Rhodopsin zusammenarbeiten, waren den Forschern bisher noch nicht über den Weg gelaufen.
Damit besitzt Salinibacter ruber die einfachste lichtgetriebene Protonenpumpe, die mit einer Hilfsantenne ausgestattet ist. Diese effektive Energienutzung muss daher schon sehr früh in der Evolution aufgetaucht sein, vermuten die Forscher. Vielleicht schon, als die Ursuppe zu Beginn des Lebens in kritischer Weise leer gefischt wurde. Denn: In jeder Krise liegt eine Chance.
Indem sie die Energie des Sonnenlichtes nutzen, um selbst organische Substanz aufzubauen, machten sich die findigen Organismen von der Nahrungszufuhr aus der Umwelt unabhängig. Andere konnten wiederum von dieser Innovationsleistung profitieren: Sie verspeisten ihre fotosynthetischen Mitgeschöpfe.
Fast das gesamte Leben auf unserem Planeten beruht somit auf Fotosynthese, die sich nicht nur auf die grünen Pflanzen beschränkt. Neben den Cyanobakterien sind es vor allem die urtümlichen Archaea, welche die Kunst der Lichtnutzung verstehen. Hier arbeitet ein Protein namens Bakteriorhodopsin als Lichtfänger. Es ähnelt – der Name deutet es an – dem lichtempfindlichen Pigment Rhodopsin, das unseren Augen zum Sehen verhilft.
Doch auch die "echten" Bakterien besitzen Abkömmlinge des Sehpurpurs zur Energienutzung. Als neuer Kandidat zeigt sich der Keim Salinibacter ruber, den spanische Forscher um Josefa Antón von der Universität Alicante erst 2002 beschrieben haben. Die Art fällt vor allem durch ihre Vorlieben – es fühlt sich in Salzlaken an der Küste des Mittelmeers bei Salzkonzentrationen zwischen 20 und 30 Prozent wohl – und ihre tief rote Farbe auf.
Als Ursache der Färbung konnten die Mikrobiologen ein Molekül in der Zellmembran ausmachen, dem sie den Namen "Salinixanthin" gaben. Bisher vermuteten die Forscher, dass die zu den Carotinoiden zählende Substanz lediglich die Membran des Bakteriums stabilisiert und es vor zu starker Sonneneinstrahlung schützt.
Also lediglich ein Sonnenschirm? Antón begab sich ins sonnige Kalifornien, um hier – im Labor von Janos Lanyi an der Universität von Kalifornien in Irvine – mit Sergei Balashov und anderen Wissenschaftlern dem Keim auf den Zahn zu fühlen.
Wie sich herausstellte, ist Salinibacter ruber Sonnenlicht durchaus nicht abgeneigt. Im Gegenteil: Bei ausreichender Bestrahlung gedeiht es prächtig – und säuert sein umgebendes Medium dabei kräftig ein, indem es Protonen nach außen abgibt.
Das kam den Forschern bekannt vor. Denn auch andere Mikroorganismen besitzen eine lichtgetriebene Protonenpumpe: Bakteriorhodopsin nutzt die Energie des Lichts, um Protonen gegen das Konzentrationsgefälle aus der Zelle zu befördern. Mit dem dadurch aufgebauten Protonengradienten können die Zellen den Universal-Energieträger ATP herstellen.
Und tatsächlich entdeckten Balashov und Co in der Zellmembran von Salinibacter ruber eine derartige Protonenpumpe, die mit Sonnenenergie läuft. Auch hier handelt es sich um einen Rhodopsin-Verwandten, den die Forscher auf den Namen "Xanthorhodopsin" tauften.
Doch welche Aufgabe hat dabei das Salinixanthin? Da das Verhältnis zwischen Xanthorhodopsin und Salinixanthin genau eins zu eins beträgt, liegt eine Beteiligung an der Lichtnutzung nahe. Der Verdacht bestätigte sich: Salinixanthin arbeitet als Antenne. Es absorbiert Sonnenlicht und leitet die Energie an Xanthorhodopsin weiter, wodurch dessen Effektivität erheblich gesteigert wird.
Solche Antennenpigmente sind den Wissenschaftlern nicht neu. Schließlich verwenden auch die grünen Pflanzen Carotinoide als Lichtfänger, um die Effizienz ihrer Fotosynthese zu steigern. Doch ihr Energiewandler heißt Chlorophyll – Antennenpigmente, die mit Rhodopsin zusammenarbeiten, waren den Forschern bisher noch nicht über den Weg gelaufen.
Damit besitzt Salinibacter ruber die einfachste lichtgetriebene Protonenpumpe, die mit einer Hilfsantenne ausgestattet ist. Diese effektive Energienutzung muss daher schon sehr früh in der Evolution aufgetaucht sein, vermuten die Forscher. Vielleicht schon, als die Ursuppe zu Beginn des Lebens in kritischer Weise leer gefischt wurde. Denn: In jeder Krise liegt eine Chance.
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