News: Auf gute Nachbarschaft
Nachbarn wie Verwandtschaft kann man sich in der Regel nicht aussuchen. Wie gut, wenn dann die Kombination von beidem für ein friedliches Nebeneinander sorgt - eine Beobachtung aus der Gorilla-Welt, die uns Menschen vielleicht nachdenklich stimmen sollte?
Pure Ignoranz steht ins Gesicht des Silberrücken geschrieben. Nicht ein Fünkchen Interesse scheint das bunte Durcheinander seiner Haremsdamen mit denen einer anderen Gruppe in ihm zu wecken. Ein höchst ungewöhnliches Verhalten für einen Gorilla, kannten Wissenschaftler von solchen Begegnungen sonst wildes Imponiergehabe bis hin zu schweren Handgreiflichkeiten. Aber Muya, ein Angehöriger der westlichen Flachlandgorillas (Gorilla gorilla) und Bewohner der zentralafrikanischen Regenwälder, demonstriert gerade eindrucksvoll friedliche beste Nachbarschaft – mag es dafür nach menschlichen Maßstäben auch etwas an Herzlichkeit mangeln.
Das Verhalten der Flachlandgorillas ist im Gegensatz zu ihren östlichen Vettern, den Berggorillas (Gorilla beringei beringei), noch weitgehend unerforscht. Offenbar gestalten sie in ihrem Leben und sozialen Miteinander einiges anders als ihre besser untersuchten Verwandten. Die verblüffende Beobachtung, dass die Anführer einer Gruppe nicht aufeinander los gehen, wenn sie sich begegnen, ist nur ein Puzzleteil im neuen Gorillabild – und das, obwohl einzelne Trupps bis zu vier Mal häufiger aufeinander treffen als Berggorillas. Auch die Zusammensetzung eines Clans ist anders: Während bei den Berggorillas häufig noch jüngere Männchen mit umher ziehen, leitet bei den Flachlandgorillas nur ein Silberrücken einen Harem – der flügge gewordene Nachwuchs geht eigene Wege.
Aber weit geht er nicht, berichten nun Brenda Bradley vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und ihre Kollegen. Anhand von Haar- und Kotproben an frisch verlassenen Schlafplätzen erstellten sie ein Gesellschaftsprofil von zwölf solcher Gorilla-Grüppchen rund um die Forschungsstation von Mondika in den Wäldern der Zentralafrikanischen Republik und der Republik Kongo. Größe, Alter, Geschlecht und Vaterschaftsverhältnisse konnten die Forscher daraus ablesen – und eine umfassende Verwandtschaftsanalyse anstellen.
Offenbar bleiben die männlichen Sprösslinge in der Nachbarschaft ihrer Eltern und gründen dort neue Verbände – übrigens anders als die Weibchen, die sich weniger heimatverbunden zeigen. Und außerdem liegt das Geheimnis der friedlichen Nachbarschaft in Blutsbanden begründet: Die friedliche Ignoranz zeigenden Anführer verschiedener Gruppen waren Vater und Sohn oder Geschwister bis Halbgeschwister. Erst wenn die Verwandtschaft zu entfernt war oder gar fehlte, kam Aggressivität ins Spiel.
Doch wird der Nutzen wohl kaum nur daraus bestehen, Nerven und Adrenalinspiegel zu schonen. Der Vorteil für die Verwandtschaftsbesinnung liegt nach Bradley und ihren Mitarbeitern vielmehr darin, dass ein Männchen auf diese Weise leichter Weibchen um sich scharen kann – denn ist es mit Drohen und Imponieren beschäftigt, bleibt ihm dabei weniger Erfolg vergönnt. Gleichzeitig sind Grenzstreitigkeiten unter Brüdern offenbar leichter zu klären, und Gorilla-Mann kann sich auf die wenigen Territorialansprüche an den Rändern zu Fremden konzentrieren.
Ein ähnliches Besinnen auf die Verwandtschaft und entsprechende soziale Netzwerke auf Basis der Blutsbande unter Männchen – sonst eher unüblich unter Säugetieren – gibt es auch bei Schimpansen. Und beim Menschen, erklären die Forscher: So zeigten auch Homo-sapiens-Männchen gleichgeschlechtlichen Verwandten gegenüber ein wohlwollenderes Verhalten und reichten gern die helfende Hand. Handelt es sich also um ein altes Erbe, das unsere Vorfahren in ihrer Entwicklung von frühester Zeit an geprägt hat? Laut Bradley und ihren Kollegen gehe dies bei uns sogar so weit, dass Blutsbande unter Männern eine wichtige Rolle bei Heirat oder sonstiger Paarbindung spielen – wobei hier eines zu denken gibt: Das dazu angeführte Literaturzitat stammt aus dem Jahr 1967. Ob es für heutige Verhältnisse wirklich noch zutreffen mag?
Das Verhalten der Flachlandgorillas ist im Gegensatz zu ihren östlichen Vettern, den Berggorillas (Gorilla beringei beringei), noch weitgehend unerforscht. Offenbar gestalten sie in ihrem Leben und sozialen Miteinander einiges anders als ihre besser untersuchten Verwandten. Die verblüffende Beobachtung, dass die Anführer einer Gruppe nicht aufeinander los gehen, wenn sie sich begegnen, ist nur ein Puzzleteil im neuen Gorillabild – und das, obwohl einzelne Trupps bis zu vier Mal häufiger aufeinander treffen als Berggorillas. Auch die Zusammensetzung eines Clans ist anders: Während bei den Berggorillas häufig noch jüngere Männchen mit umher ziehen, leitet bei den Flachlandgorillas nur ein Silberrücken einen Harem – der flügge gewordene Nachwuchs geht eigene Wege.
Aber weit geht er nicht, berichten nun Brenda Bradley vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und ihre Kollegen. Anhand von Haar- und Kotproben an frisch verlassenen Schlafplätzen erstellten sie ein Gesellschaftsprofil von zwölf solcher Gorilla-Grüppchen rund um die Forschungsstation von Mondika in den Wäldern der Zentralafrikanischen Republik und der Republik Kongo. Größe, Alter, Geschlecht und Vaterschaftsverhältnisse konnten die Forscher daraus ablesen – und eine umfassende Verwandtschaftsanalyse anstellen.
Offenbar bleiben die männlichen Sprösslinge in der Nachbarschaft ihrer Eltern und gründen dort neue Verbände – übrigens anders als die Weibchen, die sich weniger heimatverbunden zeigen. Und außerdem liegt das Geheimnis der friedlichen Nachbarschaft in Blutsbanden begründet: Die friedliche Ignoranz zeigenden Anführer verschiedener Gruppen waren Vater und Sohn oder Geschwister bis Halbgeschwister. Erst wenn die Verwandtschaft zu entfernt war oder gar fehlte, kam Aggressivität ins Spiel.
Doch wird der Nutzen wohl kaum nur daraus bestehen, Nerven und Adrenalinspiegel zu schonen. Der Vorteil für die Verwandtschaftsbesinnung liegt nach Bradley und ihren Mitarbeitern vielmehr darin, dass ein Männchen auf diese Weise leichter Weibchen um sich scharen kann – denn ist es mit Drohen und Imponieren beschäftigt, bleibt ihm dabei weniger Erfolg vergönnt. Gleichzeitig sind Grenzstreitigkeiten unter Brüdern offenbar leichter zu klären, und Gorilla-Mann kann sich auf die wenigen Territorialansprüche an den Rändern zu Fremden konzentrieren.
Ein ähnliches Besinnen auf die Verwandtschaft und entsprechende soziale Netzwerke auf Basis der Blutsbande unter Männchen – sonst eher unüblich unter Säugetieren – gibt es auch bei Schimpansen. Und beim Menschen, erklären die Forscher: So zeigten auch Homo-sapiens-Männchen gleichgeschlechtlichen Verwandten gegenüber ein wohlwollenderes Verhalten und reichten gern die helfende Hand. Handelt es sich also um ein altes Erbe, das unsere Vorfahren in ihrer Entwicklung von frühester Zeit an geprägt hat? Laut Bradley und ihren Kollegen gehe dies bei uns sogar so weit, dass Blutsbande unter Männern eine wichtige Rolle bei Heirat oder sonstiger Paarbindung spielen – wobei hier eines zu denken gibt: Das dazu angeführte Literaturzitat stammt aus dem Jahr 1967. Ob es für heutige Verhältnisse wirklich noch zutreffen mag?
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