News: Aufbruch in die Nano-Ionik
Joachim Maier und seine Kollegen vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung hatten viele nur wenige Nanometer dünne Schichten aus Bariumfluorid und Calciumfluorid abwechselnd aufeinander aufgebracht und so einen "künstlichen Festkörper" erzeugt, in dem sich die beweglichen Fluorid-Ionen umverteilen (Nature vom 21. Dezember 2000). Für die Herstellung der dünnen Schichten benutzten die Wissenschaftler die so genannte Molekularstrahl-Epitaxie (MBE), deren Grundlagen Anfang der siebziger Jahre von A. Cho in den Bell Laboratories in den USA entwickelt wurden. Bei dieser Methode werden die Ausgangsstoffe für das Wachstum der Schichten durch spezielle Verdampfungsvorrichtungen als gerichtete Molekülstrahlen im Vakuum auf ein Substrat aufgebracht, dort gebunden und in eine Kristalllage eingebaut. Typische Wachstumsraten für die Kristalle liegen im Bereich von einer Atomlage pro Sekunde. Das Schichtwachstum kann so Atomlage für Atomlage genau kontrolliert werden.
Der so erzeugte "künstliche Festkörper" aus zwei verschiedenen Ionenleitern zeigt ein anderes physikalisches und chemisches Verhalten als jede seiner Schichten für sich genommen. Bei Schichtdicken unterhalb von 50 Nanometern verloren die einzelnen Schichten aus Bariumfluorid und Calciumfluorid ihre Individualität und verhielten sich wie ein einziger Festkörper. Aus den nanostrukturierten Schichten war ein "künstliches" Ionen leitendes Material mit einer erheblich höheren Leitfähigkeit als die der einzelnen Schichten entstanden.
Ursache dafür sind so genannte Grenzflächenphänomene, die bei dünnen Filmen im Nanometerbereich dominant werden: Viele wichtige Eigenschaften von Festkörpern werden nicht nur von ihrer inneren Struktur, sondern vor allem auch durch ihre Oberflächen und Grenzflächen bestimmt. So haben Ionen an Oberflächen ungeachtet ihrer Ladung eine größere "Bewegungsfreiheit" als im Innern des Festkörpers. Grenzflächen in Schichtstrukturen aus unterschiedlichen Materialien, sogenannten Heterostrukturen, wurden bisher z.B. in der Nanoelektronik untersucht. In diesen in der Elektronik auch Quantenfilme genannten Schichten treten bei Abmessungen von wenigen Dutzend Nanometern neue elektronische (quantenmechanische) Effekte auf.
In Zukunft sollte es möglich sein, maßgeschneiderte Ionenleiter sowohl durch die Kombination des Nanogrößen-Effekts mit bisherigen Techniken als auch durch die Herstellung völlig neuer künstlicher Materialien zu erreichen. Derartige Lösungen werden für Festkörperbatterien, aber auch für Brennstoffzellen, chemische Sensoren, chemische Pumpen, chemische Filter oder keramische Reaktoren benötigt.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 5.10.2000
"Bessere Batterien dank Nanostrukturen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 26.5.1999
"Mikrosystemtechnik – Wann kommt der Durchbruch?"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 7.8.2000
"Nano ist das Größte" - Spektrum Ticker vom 24.2.1998
"Organische Nanoelektronik"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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