Vulkanismus: Aufbruch
"Neapel sehen und dann sterben" - dieser Spruch eines unbekannten Schöpfers bezog sich nicht unbedingt auf den nahen Vesuv: Gemeint waren eher die umwerfenden Schönheiten der Stadt, die einen begeistert umfallen lassen können. Ein Ende durch den explosiven Vulkan ist allerdings ebenfalls nicht unrealistisch, denn er ruht momentan nur äußerlich.
Der Untergang Pompejis hat sich im wahrsten Sinne ins Gedächtnis der Menschheit eingebrannt – als eine der bedeutendsten Naturkatastrophen unserer Geschichte. Das liegt allerdings weniger an der, verglichen mit manchen Erdbeben oder Tsunamis, überschaubaren Zahl der Toten, als vielmehr ihren Relikten: Der Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. überdeckte eine komplette antike Stadt und begrub Arm und Reich, Mann, Frau und Kind unter glühender Asche und bewahrte sie damit bis zum heutigen Tage als eindrückliches Zeugnis von Naturgewalten. Der spätere römische Senator Plinius der Jüngere beobachtete die Eruption zudem vom sicheren Schiff aus im Golf von Neapel und beschrieb sie in seinen Briefen an den Historiker Tacitus – eine der ersten Abhandlungen zum Vulkanismus, die das Prädikat naturwissenschaftlich verdienten.
Die Forscher untersuchten dazu Phonolithe der vier stärksten explosiven Ausbrüche des Vesuvs – des Mercatos, der vor knapp 7800 Jahren stattfand, von Avellino vor 5600 Jahren, jenem von Pompeji sowie den von Pollena, der sich 472 n. Chr. ereignete. Das ausgewählte Gestein gehörte jeweils zum ersten magmatischen Material, das aus dem Krater geschleudert wurde, und stammte aus den obersten Bereichen der Magmenkammer. Das macht die grüngrauen Phonolithe zu den am besten entwickelten vulkanischen Produkten der Eruption, die zudem kaum durch frische Schmelzen beeinflusst wurden.
So ähnlich sich die auch Klingstein genannten mineralogischen Zeugen äußerlich sind, über geochemische Details kann man ihren Entstehungsort in der Erdkruste relativ genau eingrenzen und damit die ungefähre Tiefe der verantwortlichen Magmakammer ermitteln. Davon hängt wiederum ab, wie sich die Gesteinsschmelze zusammensetzt und welcher Eruptionstyp zu erwarten ist. Kieselsäurereiche und damit gasreiche felsische Magma gebiert sich zäh und verstopft gerne den Schlot des Vulkans, was heftige Explosionen nach sich zieht. Sie werden nach ihrem Erstbeschreiber auch plinianische Eruptionen genannt und haben in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise den Gipfel des Mount St. Helens oder des philippinischen Pinatubos abgesprengt. Kieselsäurearme basaltische Magma hingegen ist eher dünnflüssig und läuft mehr oder weniger regelmäßig und harmlos aus, wie auf Hawaii zu beobachten ist.
Um die Magmakammer unter dem Vesuv zu verorten, führten die Geologen mit ihren Gesteinsproben mehr als 200 Kristallisationsexperimente unter unterschiedlich hohen Drücken und Temperaturen durch, um die damals jeweils herrschenden Bedingungen zu ermitteln. Zum Zeitpunkt der Pompeji-Explosion lasteten beispielsweise rund 200 Megapascal auf dem unterirdischen Glutofen – ebenso wie während des Mercatos und des Avellinos. Im Klingstein des Pollena-Ausbruchs jedoch kommen die Mineralien Clinopyroxene (kettenförmige Silikate) und Nephelin (ein Gerüstsilikat) nebeneinander vor – was nur bei einem Druck von etwa 100 Megapascal möglich ist. Bestätigt wird dieses abgesenkte Druckniveau auch noch durch weitere seltene Mineralbeigaben wie Leucit und Gaseinschlüsse im Gestein.
Zwischen 1631 und 1944 wiederum wechselte der Vulkan zum strombolianische Ausbruchstyp, bei dem in unregelmäßigen Abständen immer wieder kleinere Eruptionen auftreten: Sie befördern Gas, Lava, Schlacken und Aschen so häufig aus dem Schlot, dass sich kein Überdruck aufbauen kann, der sich dann katastrophal entlädt. Das deutet letztlich auf einen Innendruck von weniger als 100 Megapascal hin, weshalb sich die Magmablase wohl noch weiter nach oben bewegt hat.
Seit Ende des 2. Weltkriegs herrscht jedoch wieder trügerische Ruhe, welche die Geologen noch nicht zu deuten wissen. Vordringlich sollte deshalb der Frage nachgegangen werden, ob derartige abrupte Aktivitätswechsel den früheren heftigen Entladungen vorangegangen sind, so Scaillet. Plinius ist dafür allerdings leider nur von historischem Wert.
Seit damals hat sich der Feuerberg nur noch gelegentlich gemeldet – zuletzt 1944 –, und meist waren diese Ausbrüche relativ harmlos. Dennoch bleibt der Vesuv einer der weltweit gefährlichsten Vulkane, denn in seinem Schatten leben heute mehr als vier Millionen Menschen im Ballungsraum Neapels. Geologen versuchen deshalb ihr Möglichstes, den Berg auszuhorchen, um rechtzeitig vor einem neuen verheerenden Erwachen zu warnen – so wie Bruno Scaillet vom französischen CNRS in Orléans und seine Kollegen.
Die Forscher untersuchten dazu Phonolithe der vier stärksten explosiven Ausbrüche des Vesuvs – des Mercatos, der vor knapp 7800 Jahren stattfand, von Avellino vor 5600 Jahren, jenem von Pompeji sowie den von Pollena, der sich 472 n. Chr. ereignete. Das ausgewählte Gestein gehörte jeweils zum ersten magmatischen Material, das aus dem Krater geschleudert wurde, und stammte aus den obersten Bereichen der Magmenkammer. Das macht die grüngrauen Phonolithe zu den am besten entwickelten vulkanischen Produkten der Eruption, die zudem kaum durch frische Schmelzen beeinflusst wurden.
So ähnlich sich die auch Klingstein genannten mineralogischen Zeugen äußerlich sind, über geochemische Details kann man ihren Entstehungsort in der Erdkruste relativ genau eingrenzen und damit die ungefähre Tiefe der verantwortlichen Magmakammer ermitteln. Davon hängt wiederum ab, wie sich die Gesteinsschmelze zusammensetzt und welcher Eruptionstyp zu erwarten ist. Kieselsäurereiche und damit gasreiche felsische Magma gebiert sich zäh und verstopft gerne den Schlot des Vulkans, was heftige Explosionen nach sich zieht. Sie werden nach ihrem Erstbeschreiber auch plinianische Eruptionen genannt und haben in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise den Gipfel des Mount St. Helens oder des philippinischen Pinatubos abgesprengt. Kieselsäurearme basaltische Magma hingegen ist eher dünnflüssig und läuft mehr oder weniger regelmäßig und harmlos aus, wie auf Hawaii zu beobachten ist.
Um die Magmakammer unter dem Vesuv zu verorten, führten die Geologen mit ihren Gesteinsproben mehr als 200 Kristallisationsexperimente unter unterschiedlich hohen Drücken und Temperaturen durch, um die damals jeweils herrschenden Bedingungen zu ermitteln. Zum Zeitpunkt der Pompeji-Explosion lasteten beispielsweise rund 200 Megapascal auf dem unterirdischen Glutofen – ebenso wie während des Mercatos und des Avellinos. Im Klingstein des Pollena-Ausbruchs jedoch kommen die Mineralien Clinopyroxene (kettenförmige Silikate) und Nephelin (ein Gerüstsilikat) nebeneinander vor – was nur bei einem Druck von etwa 100 Megapascal möglich ist. Bestätigt wird dieses abgesenkte Druckniveau auch noch durch weitere seltene Mineralbeigaben wie Leucit und Gaseinschlüsse im Gestein.
Erklärbar ist der Druckabfall für Scaillet und seine Kollegen nur durch einen Aufstieg der heißen Gesteinsquelle des Vesuv: Bis zu vier Kilometer könnte sie in den knapp 400 Jahren zwischen den beiden letzten großen Eruptionen durch die Erdkruste nach oben gewandert sein – statt in 7 bis 8 Kilometern Tiefe liegt sie heute nur 3 bis 4 Kilometer unterhalb der Erdoberfläche. Die Wissenschaftler schließen auch nicht aus, dass sich die Magmakammer in den letzten 20 000 Jahren sogar noch stärker bewegt haben könnte. Während der so genannten Pomici-di-Base-Eruption vor 18 500 Jahren etwa stieß der Vesuv Schmelzen aus, die unter 300 bis 500 Megapascal und damit noch weiter gen Erdmittelpunkt entstanden sein könnten.
Zwischen 1631 und 1944 wiederum wechselte der Vulkan zum strombolianische Ausbruchstyp, bei dem in unregelmäßigen Abständen immer wieder kleinere Eruptionen auftreten: Sie befördern Gas, Lava, Schlacken und Aschen so häufig aus dem Schlot, dass sich kein Überdruck aufbauen kann, der sich dann katastrophal entlädt. Das deutet letztlich auf einen Innendruck von weniger als 100 Megapascal hin, weshalb sich die Magmablase wohl noch weiter nach oben bewegt hat.
Seit Ende des 2. Weltkriegs herrscht jedoch wieder trügerische Ruhe, welche die Geologen noch nicht zu deuten wissen. Vordringlich sollte deshalb der Frage nachgegangen werden, ob derartige abrupte Aktivitätswechsel den früheren heftigen Entladungen vorangegangen sind, so Scaillet. Plinius ist dafür allerdings leider nur von historischem Wert.
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