Mimikry: Auffallend giftig
"Schmecke schlecht", signalisieren die grellbunten Pfeilgiftfrösche. Doch was prägt sich den Räubern stärker ein - die schrille Schreckfärbung oder der grausliche Geschmack? Schließlich hängt davon ab, in welche Abwehrmaßnahme sich mehr zu investieren lohnt.
Auffälligkeit als Selbstschutz? Das klingt höchst unwahrscheinlich – wer sich schützen will, sollte sich wohl eher vor neugierigen, meist hungrigen Blicken verbergen. Es sei denn, die jeweiligen Augenbesitzer erinnern sich an höchst unangenehme Erfahrungen mit ebenso gefärbten Beutekollegen – und ziehen daher lieber Schnabel und Klaue zurück. So funktioniert das Prinzip der Müller'schen Mimikry, bei der mehrere Arten sich eine einheitliche Warntracht teilen, mit der sie zweifelhaften, wenn nicht gar giftigen Genuss verheißen.
Allerdings ist eine solch erfolgreiche Abwehr natürlich nicht kostenlos: Wer Gift sprühen will, muss es erst einmal herstellen – oder über die Nahrung aufnehmen. Das aber schränkt den Speisezettel erheblich ein. Andererseits sind auch die bunten Farbpigmente der Warntracht nicht unbedingt gängige Stoffwechselprodukte, sondern erfordern meist Extra-Aufwand. Womit sich aber für die Anwender die Frage stellt, welche Alternative zur weiteren Schutzperfektionierung mehr lohnt – noch schrillere Farben? Oder eher noch ekligerer Geschmack?
Prima untersuchen lässt sich dieses Dilemma an Pfeilgiftfröschen der Gattung Epipedobates: Ihr gleichermaßen rotwarziger Rücken und die gelben Streifen an den Oberschenkeln von Vorder- und Hinterbeinen stellen für jeden Beutegreifer klar – igitt, besser einen Bogen machen. Dazu kommt ein Hauttoxin, das ein Küken durchaus töten kann. Für die drei Arten E. parvulus, E. bilinguis und E. hahneli aus dem Amazonas-Tiefland Ecuadors untersuchten daher nun Catherine Darst und ihre Kollegen von der Universität von Texas in Austin, auf welche Methode sich die Tiere verstärkt verlassen – oder ob sie in beide Abwehrmaßnahmen gleichermaßen investieren.
Dabei erfassten sie zum einen die Farbenpracht der Tiere aus Vogelsicht – mit einem Spezialgerät, das den optischen Eindruck wiedergibt, der sich Vögeln bieten dürfte. Diesen verrechneten sie mit der ebenfalls Vogelaugen nachempfundenen Wahrnehmung des Laubhintergrundes, in dem sich die Amphibien meist aufhalten, und erhielten so den Kontrast als Maß für die Auffälligkeit, mit der die Vierbeiner sich potenziellen Feinden verraten. Außerdem testeten sie die Toxizität des Hautsekrets, das sie aus toten Fröschen isolierten und Mäusen im Schlaf injizierten. Abhängig davon, wie lange die Nager anschließend brauchten, um wieder einzuschlummern, bewerteten sie die Giftigkeit.
Und so stellte sich heraus: Den schrillsten Kontrast zur Umwelt bietet nicht etwa der giftigste Vertreter – das wäre E. parvulus –, sondern die gesundheitsschädlich zahmere Variante E. bilinguis. Der Giftprotz E. parvulus bleibt in der Färbung eher dezent – es scheint also, als reiche es, in eine der beiden Abwehrmaßnahmen zu investieren. E. hahneli hingegen hält sich in Färbung wie Toxizität gleichermaßen eher zurück.
Aber sind auch beide Alternativen – hohe Toxizität und gemäßigte Färbung contra mäßige Giftigkeit bei auffälliger Tracht – gleich erfolgreich? Hier mussten nun junge Hühnchen als Testorganismen herhalten. Diese fressen Frösche durchaus, wie die Wissenschaftler mit unscheinbaren Verwandten der Epipedobates-Arten belegten. Als sie den Küken dann die schrillen Exemplare vorsetzten, pickten diese durchaus nach den hüpfenden Happen – ließen sie jedoch mit einer Ausnahme (die für das Huhn tödlich endete) bald wieder links liegen. Die Opfer überstanden die Attacken in vier Fünftel der Fälle ohne größeren Schaden.
Hier fiel nun auf: Beim besonders giftigen E. parvulus lernten die Küken schneller als bei den anderen beiden Arten, die mögliche Beute zu vermeiden. Offenbar geht hier die höhere Toxizität mit einer größeren Ungenießbarkeit einher. Keinen Einfluss hatte hingegen die Färbung: Beim Vergleich zwischen den gleich giftigen E. bilinguis und E. hahneli entdeckten die Forscher keinen Vorteil für den aus Vogelsicht auffälligeren E. bilinguis.
Insgesamt scheint es also gleich zu sein, in welche Maßnahme die Frösche zu ihrem Schutz investieren – beide haben nachhaltigen Erfolg. Welche Alternative sie wählen, könnte dabei von Umweltfaktoren abhängen: Bietet sich Gift liefernde Nahrung in Hülle und Fülle, könnte die Geschmacksrichtung die bessere Wahl sein. Sieht es damit eher mager aus, lockt wohl eher der Griff in den Stoffwechsel-Farbkasten. Deutlich billiger kommen dagegen die Trittbrettfahrer, die es bei jeder guten Idee gibt, in den Genuss der Räuberschulung: Die durchaus genießbaren fernen Verwandten Allobates zaparo und A. femoralis, die in bester Bates'scher Mimikry-Manier die Tracht der Epipedobaten imitieren, blieben in ähnlichem Ausmaß wie E. hahneli von den Hühner-Attacken verschont. Und das nur mit dem körpereigenen Tuschkasten, das Gift sparen sie sich.
Allerdings ist eine solch erfolgreiche Abwehr natürlich nicht kostenlos: Wer Gift sprühen will, muss es erst einmal herstellen – oder über die Nahrung aufnehmen. Das aber schränkt den Speisezettel erheblich ein. Andererseits sind auch die bunten Farbpigmente der Warntracht nicht unbedingt gängige Stoffwechselprodukte, sondern erfordern meist Extra-Aufwand. Womit sich aber für die Anwender die Frage stellt, welche Alternative zur weiteren Schutzperfektionierung mehr lohnt – noch schrillere Farben? Oder eher noch ekligerer Geschmack?
Prima untersuchen lässt sich dieses Dilemma an Pfeilgiftfröschen der Gattung Epipedobates: Ihr gleichermaßen rotwarziger Rücken und die gelben Streifen an den Oberschenkeln von Vorder- und Hinterbeinen stellen für jeden Beutegreifer klar – igitt, besser einen Bogen machen. Dazu kommt ein Hauttoxin, das ein Küken durchaus töten kann. Für die drei Arten E. parvulus, E. bilinguis und E. hahneli aus dem Amazonas-Tiefland Ecuadors untersuchten daher nun Catherine Darst und ihre Kollegen von der Universität von Texas in Austin, auf welche Methode sich die Tiere verstärkt verlassen – oder ob sie in beide Abwehrmaßnahmen gleichermaßen investieren.
Dabei erfassten sie zum einen die Farbenpracht der Tiere aus Vogelsicht – mit einem Spezialgerät, das den optischen Eindruck wiedergibt, der sich Vögeln bieten dürfte. Diesen verrechneten sie mit der ebenfalls Vogelaugen nachempfundenen Wahrnehmung des Laubhintergrundes, in dem sich die Amphibien meist aufhalten, und erhielten so den Kontrast als Maß für die Auffälligkeit, mit der die Vierbeiner sich potenziellen Feinden verraten. Außerdem testeten sie die Toxizität des Hautsekrets, das sie aus toten Fröschen isolierten und Mäusen im Schlaf injizierten. Abhängig davon, wie lange die Nager anschließend brauchten, um wieder einzuschlummern, bewerteten sie die Giftigkeit.
Und so stellte sich heraus: Den schrillsten Kontrast zur Umwelt bietet nicht etwa der giftigste Vertreter – das wäre E. parvulus –, sondern die gesundheitsschädlich zahmere Variante E. bilinguis. Der Giftprotz E. parvulus bleibt in der Färbung eher dezent – es scheint also, als reiche es, in eine der beiden Abwehrmaßnahmen zu investieren. E. hahneli hingegen hält sich in Färbung wie Toxizität gleichermaßen eher zurück.
Aber sind auch beide Alternativen – hohe Toxizität und gemäßigte Färbung contra mäßige Giftigkeit bei auffälliger Tracht – gleich erfolgreich? Hier mussten nun junge Hühnchen als Testorganismen herhalten. Diese fressen Frösche durchaus, wie die Wissenschaftler mit unscheinbaren Verwandten der Epipedobates-Arten belegten. Als sie den Küken dann die schrillen Exemplare vorsetzten, pickten diese durchaus nach den hüpfenden Happen – ließen sie jedoch mit einer Ausnahme (die für das Huhn tödlich endete) bald wieder links liegen. Die Opfer überstanden die Attacken in vier Fünftel der Fälle ohne größeren Schaden.
Hier fiel nun auf: Beim besonders giftigen E. parvulus lernten die Küken schneller als bei den anderen beiden Arten, die mögliche Beute zu vermeiden. Offenbar geht hier die höhere Toxizität mit einer größeren Ungenießbarkeit einher. Keinen Einfluss hatte hingegen die Färbung: Beim Vergleich zwischen den gleich giftigen E. bilinguis und E. hahneli entdeckten die Forscher keinen Vorteil für den aus Vogelsicht auffälligeren E. bilinguis.
Der wirkliche Schutz ist aber nicht abhängig vom ersten Eindruck, sondern davon, wie gut er verinnerlicht wird. Also ließen die Wissenschaftler ihre nun mit ekligen Fröschen erfahrenen Hühnchen erneut auf die bunten Opfer los – und siehe da: Nun waren E. parvulus – also der Giftige – und E. bilinguis – der Schrille – gleichermaßen geschützt. Mochte der Lernprozess also auch langsamer gewesen sein, der Effekt war derselbe: Schnabel weg. E. hahneli, der Gemäßigte, blieb dagegen länger der Pickgefahr ausgesetzt.
Insgesamt scheint es also gleich zu sein, in welche Maßnahme die Frösche zu ihrem Schutz investieren – beide haben nachhaltigen Erfolg. Welche Alternative sie wählen, könnte dabei von Umweltfaktoren abhängen: Bietet sich Gift liefernde Nahrung in Hülle und Fülle, könnte die Geschmacksrichtung die bessere Wahl sein. Sieht es damit eher mager aus, lockt wohl eher der Griff in den Stoffwechsel-Farbkasten. Deutlich billiger kommen dagegen die Trittbrettfahrer, die es bei jeder guten Idee gibt, in den Genuss der Räuberschulung: Die durchaus genießbaren fernen Verwandten Allobates zaparo und A. femoralis, die in bester Bates'scher Mimikry-Manier die Tracht der Epipedobaten imitieren, blieben in ähnlichem Ausmaß wie E. hahneli von den Hühner-Attacken verschont. Und das nur mit dem körpereigenen Tuschkasten, das Gift sparen sie sich.
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